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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gesicht bekommen hatte. Und so war dem Mann wohl keine andere Wahl geblieben, als ihn sofort niederzuschlagen. – Doch warum ließ er den ganzen Krempel offen im Haus herumliegen …? Es gab nur eine einzige Antwort: Schneider mußte sich nicht nur völlig sicher fühlen, es machte ihm auch noch Spaß, ständig vor Augen zu haben, was für ein toller Hecht er doch war.
    Du selbst aber, dachte Berling, du selbst hast dich aufgeführt wie der letzte Anfänger!
    Was jetzt? Zumindest siehst du einigermaßen klar. Nochmals hochfahren? – Das brachte nichts.
    Er tippte hastig die Nummer des K-13 ein und verlangte Schiermann.
    »Hör mal, Eddy, das ist nun wirklich dringend. Schau bitte im Computer nach, ob da irgendwas gegen einen Schneider, Dirk, wohnhaft in Bad Orb, Amselweg 14, vorliegt. Ja, und dann brauche ich einen Hausdurchsuchungsbefehl, und wenn's geht einen Haftbefehl wegen dringenden Tatverdachts. – Was? Klar bin ich mir sicher. Paß auf …«
    Eilig zählte er Schiermann auf, was er in Schneiders Haus gerade erlebt und gesehen hatte.
    »Das is'n Ding! Gut, Saynfeldt wird gleich losorgeln. Und wohin willst du das Zeug?«
    »Ticke es an die Polizei in Bad Orb durch. Ich bin gerade auf dem Weg dorthin.«
    Er gab Gas, fuhr zur Polizeileitstelle und hatte dabei nur eine Sorge, daß Saynfeldt dem diensthabenden Richter ordentlich einheizte. Aber wenn der hinter einer Sache her war, kannte er keine Widerstände, brachte er Rekordzeiten.
    Und richtig, er hatte sich kaum vorgestellt und wartete auf den Diensthabenden, als schon der Fernschreiber lebendig wurde.
    »Schneider?« wunderte sich der Schichtleiter, ein älterer, grauhaariger Mann und schaute Berling über seine Halbbrille hinweg an. »Der Dirk Schneider? Was haben Sie denn gegen den? Den kennen wir hier. Der hat 'nen prima Ruf.«
    »Glaube ich Ihnen.«
    Berling massierte sich den schmerzenden Hals und erklärte, was er gegen Schneider hatte.
    »Und jetzt?« fragte der Hauptwachtmeister.
    »Und jetzt fahren wir gleich wieder hoch in den Amselweg. Geben Sie mir jemand mit.«
    »Das besorge ich schon alleine. Da will ich selber dabeisein.«
    »Na bitte.« Sie stiegen in Berlings BMW, er schaltete das Martinshorn ein, solange sie es mit dem Verkehr in der kleinen Stadt zu tun hatten, doch als es dann hochging, brachte er die Sirene wieder zum Verstummen. Sie brauchten für die Fahrt keine zehn Minuten, aber sie kamen doch zu spät.
    Das Haus war leer. Und mit Schneider war nicht nur der Stadtplan, sondern auch das Patronenmagazin verschwunden. Nur Evi Fellgrub lächelte sie zwischen den Büchern heraus an …
    * * *
    Es war Dienstag gewesen, als Isabella zusammen mit Reuter nach Preungesheim gefahren war. Während die Kanzlei inzwischen alle Hebel in Bewegung setzte, um über Informanten und Kontaktpersonen genauere Einzelheiten und nachprüfbare Erkenntnisse über Ludwig Ladowskys Jugend zu erhalten, fuhr sie nun jeden zweiten Vormittag in die Untersuchungshaftanstalt. Die Kontrollen hatten sich inzwischen nicht etwa gelockert, im Gegenteil, sie waren unangenehmer und lästiger, noch penibler geworden. Ihre Bitte, ein Tonbandgerät mit in den Besprechungsraum zu nehmen, löste einen kleinen Skandal aus, der sogar den Anstaltsleiter auf den Plan rief: ein resignierter, fast schwermütig wirkender Mann, der ihr mit geduldiger, angenehmer Stimme auseinandersetzte, ein Tonbandgerät sei auf geheime Botschaften und andere verbotene Schmuggelware hin nicht zu untersuchen, ohne daß es nachher betriebsunfähig wäre. Und überhaupt, Elektrogeräte – sie möge doch an den Baader-Meinhof-Selbstmord denken – seien der Schrecken jeder Besucherkontrolle.
    »Meinen Sie etwa, ich würde Handgranaten in Tonbandgeräten verstecken?«
    »Ich meine gar nichts«, sagte Amtsleiter Kanitz. »Nur leider, das geht nicht …«
    Sie kaufte sich einen Uniblock und schrieb zu Hause an ihrem Schreibtisch Seite nach Seite voll. Dabei erlebte sie wieder die Stunden im Besuchersprechzimmer, blickte, auf ihren Stuhl gebannt, in Ladowskys junges Gesicht, sah die zuckenden Mundwinkel, die zitternden Finger, die heftigen Bewegungen, legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm, setzte den Körperkontakt bewußt ein, um seine Sperren, seine Abwehr zu lockern, um auch noch die schlimmsten Erfahrungen und das schreckliche Potential, die in ihm schlummerten, zum Fließen zu bringen.
    »Warum willst du das alles wissen?«
    »Ich will wissen, wer du bist, Ludwig.«
    Es war die einfachste Antwort

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