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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zur Westseite.
    Hier gab es zwei große, in rechtem Winkel angeordnete, metallgefaßte Terrassentüren. Eine stand einen Spalt offen.
    Berling streckte die Hand hinein und schob ein wenig, sie glitt lautlos auf. Er blickte in den Raum: ein Living-room oder eine Art Bibliothek mit einem breiten Kamin, vor dem drei bequeme Lederstühle standen. An den Wänden reihten sich Bücher.
    Er zögerte, dann trat er ein und blickte sich um.
    In der Ecke stand ein Schreibtisch, ein antikes Prunkmodell aus geschnitztem Nußbaum. Darauf war ein Computer zu sehen. Der grauschwarze Monitor blinkte ihn an.
    Er rief: »Herr Schneider!«
    Keine Antwort.
    Er versuchte es wieder, diesmal erheblich lauter: »Hallo! Ist hier jemand? – Herr Schneider?«
    Nichts.
    Und jetzt? Was jetzt? – Soviel Neugier und kein Durchsuchungsbefehl verträgt sich verdammt schlecht, aber was soll's, zu dem Schreibtisch dort hast du keine fünf Meter! – Er ging darauf zu …
    Berling hatte weder Schritte noch sonst irgendein Geräusch vernommen, darüber war er sich auch später absolut sicher, nein, nichts, vielleicht noch das leise Pfeifen des Windes dort oben im Wald, gesehen hatte er auch nichts, keinen Schatten, schon gar nicht die Figur eines Mannes – doch es war ein Mann. Und es war einer, der nicht nur wußte, wie man zuzuschlagen, sondern auch, wo man zu treffen hatte: Der Schmerz an seinem Hals war kurz und wie eine aufflammende Explosion. Dann gab es nichts mehr, nichts als die höllenschwarze Spirale, die ihn fortriß …
    Das erste, was Berling erkannte, war ein kleiner, hell leuchtender Kreis auf einer dunkelbraunen, glänzenden Fläche. Das zweite: Die Fläche war in große Quadrate aufgeteilt. Doch alles, was ihn beschäftigte, war sein Schädel – er tobte vor Schmerz, es war, als habe irgend jemand mit einem Knopfdruck nicht nur ein, sondern gleich zehn Hammerwerke eingeschaltet.
    Er versuchte sich aufzurichten – das machte alles zwar noch schlimmer, hatte aber auch sein Gutes: Irgendwie fing unter dem ganzen Hammergedröhn auch sein Gehirn wieder an zu ticken, leise und bescheiden zunächst, aber beharrlich genug, um die Dinge zusammenzubringen: Der Kreis dort? – Ja, war seine Dienstmarke. Das Braun? Keramikkacheln, die Kacheln auf dem Fußboden eines Herrn Schneider. Und mit dem wolltest du doch eigentlich sprechen …?
    Irgend etwas Eiskaltes, Nasses berührte seinen Nacken.
    Er versuchte den Kopf zu drehen – doch wie?
    »Essigsaure Tonerde«, sagte eine Stimme. »So was hilft. Ich kann Ihnen auch eine Tigerbalsam-Massage machen … Oder was halten Sie von ein paar Aspirin?«
    Die Stimme war so leise, angenehm und sachlich wie die eines Krankenpflegers.
    Die Kompresse an seinem Hals genügte einstweilen, es wurde ihm besser. Er schob sich hoch, zwei Hände halfen, und schließlich stand er, wenn auch etwas schwankend und mit dem Gefühl, daß die Füße in weichem Glibber oder irgendwelchem Sumpfgelände steckten. Aber er konnte stehen, und darauf kam es an.
    Was er sah, überraschte ihn nicht sonderlich: Er sah einen extrem athletisch gebauten Mann in engen Jeans und einem noch engeren schwarzen Trikot, so eng, daß sich jede Kurve seiner Bodybuildermuskeln abzeichnete. An den Füßen trug er Ledersandalen, auf dem Kopf nichts; es war ein nackter Schädel, der sich ihm freundlich-besorgt entgegenstreckte, er war vollkommen spiegelblank rasiert.
    »Aha?« sagte Berling.
    »Ja, aha. – Wollen Sie sich vielleicht setzen? Ich bringe Ihnen jetzt ein Glas Mineralwasser und das Aspirin, meinen Sie nicht?«
    Berling nickte und erhielt gleich darauf ein Brause-Aspirin, das er schluckte. Es hielt den Schmerz nicht nur in Grenzen, es verhalf ihm auch zu ein bißchen Klarheit zurück.
    »Tut mir wirklich leid … Sie sind Polizeibeamter, nicht wahr? Also wirklich, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich das bedaure.« Schneider lächelte und sprach wieder wie ein Krankenpfleger, leise und sanft. »Aber was hätten Sie denn an meiner Stelle getan? Ich kam hier rein, und da steht ein wildfremder Mensch in Lederjacke vor meinem Schreibtisch. Und das, nachdem letzte Woche hier eine ganze Serie von Einbrüchen begangen wurde. Da dachte ich mir natürlich: Na endlich, jetzt hast du einen von den Typen!«
    Berling rieb seinen Hals.
    »Soll ich nicht doch lieber Tigerbalsam holen?«
    »Danke, danke. Sie sind doch Herr Schneider, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Zuschlagen, das können Sie.«
    »Bundeswehr«, sagte Schneider. »Haben wir lange genug

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