Die guten Frauen von Christianssund: Sommerdahls erster Fall (German Edition)
geht blitzschnell. Jetzt kippt er das schmutzige Wasser in die Toilette. Das ist mein Signal. In den nächsten zehn Minuten wird er die Müllsäcke einsammeln und in den Schuppen bringen. Für den Weg braucht er nur eine Minute, aber auf dem Rückweg wird er wie immer eine Zigarette rauchen. Das verschafft mir mindestens sieben Minuten, und wenn Lilliana sich dort befindet, wo sie sich normalerweise zu diesem Zeitpunkt aufhält, habe ich Zeit genug.
Jetzt kommt sie in die Küche, gießt den Inhalt des blauen Eimers in die Spüle, stellt ihn an seinen Platz und fängt mit der letzten Reinigungsphase an. Sie fährt mit einem blauen Lappen über den Küchentisch, die Mikrowelle, die Kaffeemaschine. Es sind deine letzten Handlungen in diesem Leben, Lilliana, ich hoffe, du denkst dabei an etwas Schönes. Jeder Muskel in meinem Körper ist gespannt, ich horche wie ein Wahnsinniger, und dann ist es so weit: Die Abfallsäcke knistern irgendwo außerhalb der Büros, Benjamins Schritte verhallen jenseits der Eingangstür. Ich höre, wie die Tür hinter ihm zufällt, gerade als Lilliana sich über die offene Spülmaschine beugt, um Wasserenthärter und Spülmittel in die kleinen Kammern zu füllen. Ich greife die Garotte mit beiden Händen und schiebe die Schranktür mit der Schulter auf. Lilliana dreht mir den Rücken zu, den Kopf hat sie gesenkt. Noch hat sie mich nicht gehört. Die marineblaue Jogginghose spannt über ihrem Hinterteil, der Pferdeschwanz ist nach vorn gefallen.
Als ich den ersten Schritt auf sie zugehe, lärmt mein Overall mehr als je zuvor. Sie richtet sich auf und dreht sich um. In den folgenden Sekunden lösen sich eine Serie von Ausdrücken in ihrem Gesicht ab: aufgerissene Augen, als sie entdeckt, dass jemand hinter ihr steht; der Ansatz eines vorsichtigen Lächelns, als sie mich erkennt; eine Falte zwischen den Augenbrauen zeigt ihre Verwunderung, als sie das Haarnetz, die Latexhandschuhe und das kleine Stück Wäscheleine registriert. In ihren Augen sehe ich, wie sich diese Puzzleteilchen plötzlich zu einem klaren Bild zusammensetzen. Sie dreht sich um und will zur Küchentür laufen. Sie ist schnell, aber glücklicherweise nicht schnell genug. Noch bevor sie den ersten Schritt getan hat, habe ich ihr die Garotte um den Hals geschlungen, und von diesem Augenblick an geschieht allein, was ich will. Ich ziehe die beiden Schlingen zusammen und verdrehe sie mit ein paar raschen Bewegungen. Lilliana zappelt mit Armen und Beinen, versucht verzweifelt, meine Hände zu erreichen, ihren Körper zu mir zu drehen, doch mich kümmert ihre Panik überhaupt nicht, ich konzentriere mich hundertprozentig auf mein Vorhaben. Nachdem ich den Kugelschreiber durch die beiden Schlingen gesteckt habe, ist es verhältnismäßig einfach. Ich halte das zusammengezwirbelte Stück mit der einen Hand, während die andere Hand den Kugelschreiber immer wieder herumdreht und die Schnur sich mehr und mehr strafft. Ich spüre, wie die Leine sich durch ihre Haut arbeitet, in ihr Fleisch schneidet. Ihre Bewegungen werden langsamer und kraftloser, als würde sie versuchen, in dickflüssigem Wasser an die Oberfläche zu schwimmen. Schließlich hängen ihre Arme schlaff herab, ich habe nicht die Kraft, sie aufrecht zu halten. Vor der Spülmaschine lasse ich ihren Körper langsam zu Boden gleiten. Ihre tiefbraunen Augen sind offen und bereits glasig. Sie ist ganz sicher tot, aber ich halte meine Waffe noch ein, zwei Minuten fest. Als ich die Garotte abziehe, hinterlässt sie eine tiefe, knallrote Furche, als hätte jemand versucht, sich durch die Haut zu sägen. An mehreren Stellen ist die Haut aufgeplatzt, es blutet ein wenig. Ich lasse Lilliana fallen, stopfe meine Waffe in die Plastiktüte und laufe ins große Sitzungszimmer. Mit einem Satz bin ich aus der Terrassentür und renne die knapp einhundert Meter hinüber zum Kai 11 , wo ich mein Fahrrad versteckt habe. Hinter dem vordersten Container bleibe ich stehen und ringe um Atem. Mein Herz hämmert dermaßen laut, dass ich mir sicher bin, andere würden es hören können – vorausgesetzt, dass irgendwer in der Nähe wäre. Glücklicherweise ist das nicht so. Ich schäle mich aus der Schutzkleidung. Auf dem Overall und den Handschuhen sind Blutflecken. Alles kommt in die Plastiktüte, und alles muss verbrannt werden. Ich kann das Zeug doch nicht einfach in einen Container werfen und die Entsorgung dem Zufall überlassen. Ich zwinge mich, ruhig zu bleiben, umsichtig; ich atme so
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