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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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kündigte sich schon an, daß auch Fritz Bäcker werden wollte.
    Der Leiterwagen holperte voran, und ich schaute zu Fritz hinüber. Er war zwar drei Jahre jünger als ich, aber doch schon ein großer Bursche mit dem breiten Mund und den schweren Schultern seines Vaters. Sein Oberkörper füllte den dicken Pullover unter dem Regenmantel aus. Er hatte die grobe Mütze wie immer tief in die Stirn gezogen und lachte. Mein kleiner Bruder Theodor war natürlich zu Hause geblieben. Wir fanden, daß er mit seinen vier Jahren immer noch ein Baby war. Während Fritz und ich Vater ähnlich sahen, kam Teddy mit seinen hellen Locken und schönen Augen und dem fröhlichen Lächeln eher nach Mutter. Und genau wie Mutter hatte er nah am Wasser gebaut. Es brauchte nichts, damit er in Tränen ausbrach, selbst für ein kleines Kind war das ungewöhnlich. Nicht nur wenn er sich weh tat, nein, allein bei dem Gedanken, daß jemand sterben könnte, daß eine Maus in der Bäckerei in eine Falle geraten oder von der Katze geholt werden könnte oder daß auf den sonnenwarmen Stufen zur Haustür vielleicht ein toter Marienkäfer läge, konnte er in herzzerreißendes Weinen ausbrechen. Es war ganz natürlich, ihn Teddy zu nennen, denn er war wie ein weiches, kleines Bärchen. Er war der Liebling der ganzen Familie, was Nesthäkchen ja meistens sind. Mein Vater fand ihn für einen Jungen ein bißchen wehleidig, aber Mutter beschützte und verhätschelte ihn. Dann konnte mich mein Vater manchmal stolz ansehen, die Pfeife aus dem Mund nehmen und sagen: Irma, mein Mädel, du bist wenigstens ein ganzer Kerl! Einer, auf den man bauen kann. Ein Kamerad. Und auf einen Kameraden muß man immer bauen können. Durch dick und dünn muß man mit ihm gehen können. Denk daran! Einen Kameraden läßt man nicht im Stich! Mein Vater war der Mittelpunkt meiner Welt, und ich liebte ihn bedingungslos.
    Als wir ankamen, stand er mit den anderen Männern zusammen, und Niels Ejnar stoppte den Trecker, an dessen starken, neuen Hinterreifen die schwere, schwarze Erde klebte. Niels Ejnar kletterte von seinem Sitz und führte zum Gruß die Hand an die Schirmmütze, aber so wie wir Treiber hielt er gebührenden Abstand zu den Herren. Diese bildeten eine Gruppe und hielten Becher mit dampfendem, echten Kaffee in der Hand, in den ein Schluck Schnaps gemischt worden war, um die ärgste Morgenkälte zu überstehen. »Die Knochen wärmen«, wie Vater sagte, wenn er den Flachmann herumgehen ließ. Es waren kräftige Männer in schweren Mänteln und grünen Knickerbockern, Hosen, die unter dem Knie endeten, so daß man die dicken Stricksocken sehen konnte, die aus den Gummistiefeln ragten. Sie hatten Schirmmützen auf und rauchten Pfeife, Zigaretten oder Zigarillos. Es war ein Dunst von Maskulinität um sie, und das Gespräch handelte von der kommenden Jagd. Uns wurde Limonade oder auch Kaffee angeboten, echter Kaffee mit Vollmilch und Zucker und Brötchen aus Vaters Bäckerei mit richtiger Butter, die zur Feier des Tages so dick aufgestrichen war, daß es im Gaumen kitzelte, wenn man hineinbiß. Als Bäckerskinder hatten wir natürlich genug Butter, und trotzdem wurde uns Margarine auf die Stullen gekratzt wie allen anderen auch. So war das damals eben. Vater lächelte Fritz und mich an, aber selbstverständlich blieb er bei den Männern. Er hatte wieder Farbe auf den Wangen und einen fülligeren Körper, und ich sah stolz aus den Augenwinkeln, wie er unbekümmert mit dem Grafen sprach. Fritz rangelte unterdessen mit Niels Ole, der sein bester Freund war, obwohl sein Vater Pfarrer war und nicht an der Jagd teilnahm und wir nie in die Kirche gingen. »Die Kirche hat die Leute verweichlicht«, sagte Vater immer, aber wir waren dennoch getauft und sollten konfirmiert werden, denn das gehörte einfach zum Dänischsein dazu, meinte Mutter – und Vater wohl eigentlich auch. Wir fröstelten in der Kälte und waren doch so stolz, an der Jagd teilnehmen zu dürfen.
    Es war ganz selbstverständlich, daß wir an den paar Tagen im Jahr, an denen der Graf seine Jagden für Freunde und Geschäftspartner veranstaltete, schulfrei bekamen. Einige von ihnen waren Hofbesitzer aus der Gegend, die ich kannte, weil ich häufig mit Kaj das Brot ausfahren durfte. Manchmal gab es dann ein Stück Kandis oder einen Fruchtsaft. Andere gehörten zum Bürgertum aus der Stadt. Und wieder andere kamen von weit her, da der Graf ein bekannter und geachteter Mann war. Mutter sagte, gleich nach dem Krieg wurde

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