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Die guten Schwestern

Die guten Schwestern

Titel: Die guten Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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ständig verwundert durchs Leben gegangen sein, denn die Falte war jetzt eigentlich immer da, sie wurde nur noch einen Deut tiefer, wenn ihn etwas überraschte.
    »Das ist ja eine seltsame Frage«, sagte er. »Wie viele hast du denn gehabt?«
    »Abgesehen von meinen drei Ehefrauen fehlt mir ehrlich gesagt der Überblick.«
    »Und darauf bist du stolz? So etwa wie ein Großwildjäger, was?«
    »Nee. Der Schwanz hat einfach schneller gedacht als der Kopf«, sagte ich. Er mußte lächeln, dann wurde er ernst.
    »Sieben«, sagte er dann.
    »Du weißt es noch genau.«
    »Ich kann mich an alle erinnern. Du weißt deine nicht mehr. Was ist besser? Das besondere Erlebnis oder die vielen oberflächlichen?«
    »Nichts für ungut, Lasse«, sagte ich. »Ich wundere mich bloß über dich und Lisbeth. Eure Treue. Über 25 Jahre mit derselben. Wie hältst du eigentlich deinen Geist am Leben. Schaffst du es, Lenas Titten nicht anzustarren? Sie dir nicht nackt vorzustellen auf deinem breiten Hotelzimmerbett?«
    »Nummer sechs und sieben waren nach Lisbeth.«
    Jetzt war ich an der Reihe, verblüfft zu sein.
    »Weiß sie das?«
    »Sie weiß von Nummer sieben. Das hat ein paar Monate gedauert. Nummer sechs war nur ein einziges Mal«, sagte er ruhig und trank von seinem Kaffee, als ob wir bloß darüber diskutierten, wie viele Millionen Stalin verhungern ließ.
    »Wann war das?«
    »Vor fünfzehn Jahren.«
    »Und danach?«
    Er sah mich mit seinen ruhigen braunen Augen an.
    »Wir haben darüber gesprochen. Und ich habe eine Wahl getroffen. Entweder Lisbeth und unsere Kinder oder die andere und noch andere. Und die Wahl habe ich nie bereut«, sagte er.
    »Das klingt wie eine sehr leichte Wahl.«
    »Keiner sagt, daß es leicht war.«
    »Es hört sich bei dir an, als wäre es eine existentielle Wahl gewesen«, sagte ich.
    »Den ironischen Ton kannst du dir sparen. Es war keine leichte Wahl, aber ich habe nie zurückgeschaut. Vielleicht ist meine Libido einfach nicht sehr ausgeprägt.«
    »Ich hatte keine Ahnung…«
    »Nein«, sagte er mit seinem freundlichen Lächeln, das den Doktorandinnen vor Dankbarkeit weiche Knie bescherte. »Ich rede ja auch nicht soviel wie du. Du hast es mit deiner Beredsamkeit zu guten Noten und ins Bett der Mädels gebracht. Die Gabe besitze ich nicht.«
    »Wüßte gern, ob Majken was wußte«, fragte ich mich fast selbst.
    »Ich glaube, sie war es, die es Lisbeth erzählt hat.«
    »Verfluchte Weibersolidarität.«
    »Ist ja gutgegangen, Teddy«, sagte er nur.
    »Und was ist mit Lisbeth?«
    »Was meinst du?«
    »Ist sie…?«
    »Mir untreu gewesen? Wolltest du das fragen?«
    Er wurde ein wenig ärgerlich, merkte ich. Wir waren Freunde und sprachen über viele Dinge, aber hier wurde es wohl doch ein bißchen zu privat.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe sie nie gefragt. Es gibt keinen Grund dazu.«
    Ich drückte meine Zigarette aus und steckte mir eine neue an, und er war ja nicht dumm, also fragte er:
    »Du fragst doch nicht etwa, weil dir wieder mal eine Ehe in die Brüche zu gehen droht?«
    »Ich habe nichts anderes laufen«, sagte ich.
    »Ist ja selten bei dir, aber das meine ich gar nicht«, sagte er. »Es gibt ja noch die andere Seite.«
    Die andere Seite war meine jetzige Frau, Janne. Sie war wissenschaftliche Assistentin am Institut, und ich hatte mich vor fünf Jahren Hals über Kopf in sie verliebt, als sie als Doktorandin auftauchte und ich vom Alleinsein die Nase voll hatte. Sie war damals verheiratet, Anfang Dreißig, sie verließ ihren Mann und brachte zwei kleine Kinder aus ihrer ersten Ehe in mein Leben. Das war nicht so einfach. Ich fand, die Kinder, die ich schon hatte, genügten eigentlich. Sie füllten die ganze Wohnung. Sie nahmen einem die Freiheit, aber wenn ich die Mutter haben wollte, mußte ich ihre Nachkommenschaft in Kauf nehmen. Und verliebt war ich ja. Jedenfalls war ich in den Gedanken verliebt, wieder verliebt zu sein. Die große Leidenschaft zu erleben. Sicher war das auch ein Ergebnis des Panikalters. Ist ja nicht so einfach, wenn die magische Zahl Fünfzig am Horizont lauert. Irgendwie liebte ich sie immer noch, aber von Leidenschaft konnte keine Rede sein. Die Tage vergingen mit Gewohnheiten, Kälte und Streitereien. Deswegen war es eigentlich ganz nett, diese Reise anzutreten, obwohl sie nicht so recht wußte, wer währenddessen auf die Kinder aufpassen sollte, und sagte, daß ihr der Alltag zu schaffen mache. Sie hatte ja auch ihre Forschungsarbeit. Ihr Herummosern hatte ich

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