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Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Die Habenichtse: Roman (German Edition)

Titel: Die Habenichtse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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er hereinkam, ein Messer in der Hand. Ben war zehn Minuten später da, schloß die Tür auf, Mae mußte ihm den Schlüssel gegeben haben, sie lag jetzt still, und Jim stand auf, er ging an Ben vorbei, der blaß war und sagte, –du haust hier besser ab, und nach dem Telefon griff.
    Er stand eine Weile vor dem Haus, lief dann langsam los, alles war wie in Umrißlinien, nur die Umrisse, sogar seine Eltern fielen ihm ein, wie sie am Eßtisch saßen und auf ihn warteten, wie sie zu dritt auf seinen Bruder warteten, der noch nicht krank war und gleich kommen mußte, er konnte sich daran erinnern, auch wenn etwas fehlte, als wäre ein Loch in seinen Gedanken, da, wo eben etwas geschehen war, und so stand er auf der Pentonville Road, bis er die Sirenen eines Krankenwagens hörte und weiterlief. Man erinnerte sich an eine glückliche Zeit wie an etwas, das wirklich stattgefunden hatte. Es waren aber nur die Umrisse übriggeblieben, die Angst, nicht zu wissen, was geschehen war. Jim tastete nach dem Schlüssel, den Damian ihm gegeben hatte, und fuhr hoch nach Kentish Town, fand die Straße, die Lady Margaret Road, und es war still, eine Katze sprang über die Straße, schwarz und weiß, versteckte sich unter einem Auto.
    Ein paar Tage später rief Albert ihn an. Über Mae sagte er nichts, und Jim fragte nicht nach.

5
    Es war noch immer Hannas Schlüssel, mit dem Isabelle die Eingangstür des Hauses aufschloß, in dem sich die Agentur befand. Am Tag vor ihrem letzten Krankenhausaufenthalt hatte Hanna ihr den Schlüssel überreicht, mit diesem Lächeln, immer strahlender, je fahler die Haut wurde, je mehr ihr Gesicht einfiel, bis nichts blieb als graue Augen und der volle Mund. Hanna hatte Isabelle umarmt, sie sanft mit ihrer Knochenhand in die Seite geboxt. –Nun komm schon, einmal sehen wir uns mindestens noch. Sie hatten sich mehr als nur einmal gesehen, denn der Tod schien verwirrt, abgelenkt durch das zärtliche Geflüster an Hannas Bett, durch Isabelles Gesicht, kindlicher denn je, und Peters Gelassenheit, der endlich seine Wut und die bitteren, ätzenden Sätze schluckte, die ihnen die letzten Monate vergällt hatten. Isabelle brachte den Schlüssel jedesmal ins Krankenhaus mit und hoffte, Hanna würde ihn zurückerbitten. Doch dann geschah, was zu erwarten war, Andras sagte es ihr, und sie liefen zusammen zur Charite´. Hannas Lippen waren zusammengepreßt, und kein Laut war zu hören, die Ärzte wußten nicht, ob sie Schmerzen litt oder nicht. Manchmal öffnete Hanna die Augen, doch schienen sie nichts wahrzunehmen, nichts anderes auszudrücken als den Entschluß zu sterben. Peter kam nachts, er schlief auf einer Pritsche, die die Schwestern für ihn aufstellten. Tagsüber ließ er sich nicht blicken, weder im Krankenhaus noch im Büro. So waren Andras und Isabelle zu zweit, den ganzen Tag lang und abends auch, denn Isabelle wollte nicht zurück in die leere Wohnung, die Alexa nur noch betrat, um etwas ein- oder auszupacken. In der Nacht, in der es vorbei war, schlief Isabelle bei Andras, er bezog ihr das Bett frisch und legte sich selbst auf das rote, durchgesessene Sofa, das wie ein lächerliches Requisit in seinem Wohnzimmer stand. Um fünf Uhr weckte sie Peters Telefonanruf, er bat sie, sich um das Büro zu kümmern, und sagte, daß er in einem Monat zurückkäme. Der 5. Oktober 1996 war Hannas Todestag gewesen, an diesem Tag hatte Isabelle zum ersten Mal die Hausund die Bürotür aufgeschlossen, mit Hannas Schlüssel, und auf ihrem Schreibtisch einen kurzen Brief gefunden, eine Art Testament, das ihr Hannas Anteile an der Agentur zusprach. Für Isabelle, die – außer während einiger Londoner Monate – nie Grafikdesign studiert hatte, war es ein Ritterschlag, und ein paar Minuten lang lag sie fassungslos in Andras’ Armen. Damals, vor fünf Jahren, hatte sie den Entschluß gefaßt, endlich ernst zu machen mit ihrem Beruf und ihrem Berliner Leben, aber immer war ihr etwas entglitten, wenn auch auf zufriedenstellende Weise, und schließlich hatte sie schon als Hannas Assistentin ebensooft bis spätabends gearbeitet, wie sie es jetzt tat.
    Als sie, die Tüte mit ihren alten Turnschuhen in der Hand, die Bürotür öffnete, wäre sie beinahe über Andras gestolpert, der auf allen vieren kniete, die Zunge herausgestreckt, mit bekümmerter Miene, so, als müßte er etwas Verschüttetes auflecken. Für einen Augenblick verharrte er wie gelähmt, dann sprang er auf, während Peter, an seinem Tisch sitzend, scharf

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