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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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in den Moden besser auskennst, noch andere Dinge besorgen wollen. Aber erst musst du einen Anfang machen. Und das ist ein ganz guter.«
    Noch nie hatte sie mehr als einen Rock für den Sommer und einen für den Winter besessen. Einen Umhang zum Schlafen und die paar Armreifen, die sie kurz vor der Überschwemmung geschenkt bekommen hatte. Woher wusste sie also, dass der Stoff fein war und mit zum Weichsten gehörte, was sie je berührt hatte; dass das Gold rein war; dass die Öle und Parfüme teure Düfte verströmten. Eine Auswahl zu treffen, war eindeutig zu viel verlangt. »Dann nehme ich eben alles«, sagte sie.
    Die Handwerker lobten sie in den höchsten Tönen, priesen Chloes persönliche Götter und versprachen Opfer an ihre persönlichen Dämonen, während sie aufsprangen, um sie mit ihren Waren zu behängen.
    »Alles zu den Preisen, die mit Ningal vereinbart waren«, erklärte ihnen Kalam. »Lasst eure Sachen hier, ihr werdet an der Tür bezahlt.« Im Hinausgehen dankten sie Chloe, dann entschuldigte sich Kalam ebenfalls und ließ sie mit Reichtümern zurück, die sie sich nie hätte vorstellen können. Plötzlich, noch während ihre Hände über die bezaubernden Dinge flatterten, war ihr zum Heulen zumute.
    Was gab es hier zu weinen?
    »Du solltest dich zum Essen umziehen«, schlug Kalam vor, der wieder in der Tür aufgetaucht war. »Soll ich dir jemanden schicken?«
    Den Rücken ihm zugewandt, schüttelte sie den Kopf. »Nein danke.«

    »Ezzi, was glotzt du da?«
    »Ich schaue in die Sterne, Mutter. Ich bin ein Sterndeuter. Das ist meine Arbeit.«
    Seufzend räumte sie die leeren Teller ab. »Ich kann nicht glauben, dass ich dich ins Tafelhaus geschickt habe, dass ich jahrelang geknapst und geknausert habe, weil ich dir eine gute Ausbildung verschaffen wollte, nur damit du jetzt ständig die Sterne anglotzt.«
    »Sie sind unser Schicksal, Mutter.«
    Schnaubend schlurfte sie von dannen.
    Er wollte nicht so herablassend sein, aber sie war so unerträglich ordinär. Der Saum ihres Rockes schleifte im Schmutz. Der Esel schlief mit ihr in einem Zimmer. Sie besaßen nicht einmal eine kupferne Badewanne. Eine Unterlassungssünde, die er zu beheben beabsichtigte, sobald er die Mittel dazu hatte oder wenigstens einem Schuldner eine Abschlagszahlung abknöpfen konnte.
    Zuerst brauchte er allerdings eine Anstellung.
    Wenn er prophezeit hätte, dass der Mond sich in Blut verwandeln würde, oder die unerwartete Überschwemmung und ihr vernichtendes Ausmaß vorhergesehen hätte, dann hätte er jeden beliebigen Preis fordern und sich so viele Kupferwannen kaufen können, wie ihm nur einfiel. Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, so begabt war er nicht. Was ihm an Fähigkeiten mangelte, machte er durch Eifer wett.
    Als Tafelvater ins Haus der Tafel zurückzukehren, kam gar nicht in Frage. Er war ein miserabler Schüler gewesen, der sich wesentlich intensiver mit der Frage auseinander gesetzt hatte, welchen Umhang er tragen und mit wem er Freundschaft schließen sollte, als mit irgendeinem der Fächer. Nein, Unterrichten kam nicht in Frage.
    Aus alter Gewohnheit benannte er die Sterne. Bald würde das Jahr mit dem Knecht beginnen, dann folgten der Himmelsstier, die Zwillinge, der Krebs, der Löwe, die Gerstenähre, die Waage, der Skorpion, Dablisag, die Meerbarbe, der Riese und die Schweife. Die Sterne zogen in Herden auf und nieder, das konnte jeder Narr erkennen. Jede Jahreszeit hatte ihre eigene Herde, die für einen gesamten Mond-Monat den Himmel beherrschte.
    Heute allerdings boten sie ein ungewohntes Bild. Neujahr stand vor der Tür, darum würden sich die Sterne bald verändern, um anzuzeigen, was das Jahr bringen würde, doch das Schauspiel heute Nacht war noch ungewöhnlicher.
    »Ezzi, gehst du heute Abend in die Taverne?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf, ohne seine Mutter anzusehen.
    »Weil sonst ich vielleicht gehen würde.«
    »Viel Spaß«, meinte er, den Blick zum Himmel erhoben.
    »Die meisten Söhne würden nicht wollen, dass ihre Mutter nachts allein durch die Straßen wandert«, grummelte sie, während sie ihren Umhang gürtete. »Die meisten Söhne würden ihrer Mutter anbieten, sie in die Taverne zu begleiten und dort geduldig zu warten, bis ihre Mutter jemanden gefunden und sich mit ihm vereint hat, um sie anschließend wieder nach Haus zu bringen.«
    »Die meisten Söhne haben keine Hure zur Mutter.« Sein Blick war nach wie vor starr den Sternen zugewandt. Die Götter versteckten ihre

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