Die Händlerin von Babylon
aussah wie einer seiner Fische. Doch dann umschlang Ulus Zunge das Ende seines Trinkhalms, und sie begann daran zu saugen.
Alle lachten, bis auf den armen Fischer, dessen Brustkorb sich hob und senkte wie ein Boot in den Gezeiten.
»Schmeckt gut«, rief sie der Bierfrau zu, bevor sie den Fischer wieder ansah. »Freust du dich wirklich, mich zu sehen, Alter? Oder willst du lieber dein Bier?«
»Bier oder Ulu!«, plärrte jemand dazwischen. »Das ist doch gar keine Frage!«
Wieder lachten alle, während Ulu aufstand und sich zur Bierfrau umwandte. In der Bewegung warf sie Guli einen Seitenblick zu. »Wie geht’s dir, mein Hübscher?«
»Die Götter sind uns wohlgesonnen, Ulu«, sagte er.
»Das sollten sie auch sein, schließlich bestechen wir sie nach Kräften«, antwortete sie.
»Womit haben wir sie eigentlich am erfolgreichsten bestochen?«, mischte sich Ea, ein junger Steinmetz, ins Gespräch. Er hatte noch nicht einmal einen Bart und hatte sich die Lippe an seinem Trinkhalm aufgeschlitzt.
Sie sah ihm lang und tief in die Augen, bevor sie mit einer Hand an ihrem langen Hals entlangfuhr und sie um eine volle Brust schloss. Ulu hob sie an wie eine Opfergabe. »Wer braucht noch mehr?«
Der Bursche errötete. Guli drehte ihm den Rücken zu, um ihn aus seiner Unterhaltung mit Ulu auszuschließen. »Wer hat dir das Haar gemacht?«
Sie senkte den Blick. Schuldbewusst. »Ich verstehe dich nicht.«
»Du hast eine neue Perücke.« Er wusste, dass nur das Bier aus ihm sprach, trotzdem konnte er kaum fassen, wie hintergangen er sich fühlte. »Du hast mir versichert, ich sei der Einzige.«
»Guli.« Sie sah ihn flehend an. »Es hat nichts zu bedeuten. Ehrlich.«
»Sieht mir nicht gerade nach nichts aus.«
»Das ist nur wertloser Tand.«
Er schlang eine unnatürlich rote Locke um seinen Finger und zupfte.
Sie zuckte zusammen und fasste sich an den Kopf, um das falsche Haar an Ort und Stelle zu halten.
»Fühlt sich teuer an, fast wie Eselsschwanz.«
»Ganz bestimmt nicht, glaub mir«, widersprach sie mit gekünsteltem Lachen. »Du weißt genau, dass ich nie so viel ausgeben -«
»Ich weiß es nicht, Ulu. Ich weiß nicht, ob ich dich überhaupt noch kenne.«
»Guli.« Inzwischen lag ihre Hand auf seiner Schulter. »Trink noch ein Bier und lass uns wie Freunde über alles reden.«
»Nein, ich glaube nicht, dass wir uns noch irgendwas zu sagen haben.« Er wandte sich an die Bierfrau. »Darf ich meine Schulden am Wochenende zahlen?«
»Natürlich, Guli. Mögen die Götter dich auf Schwingen heimtragen und dir einen guten Tag bescheren.«
»Guli, bitte, du kannst nicht so gehen«, flehte Ulu.
Er drehte sich um und schob sein Gesicht dicht an ihre bemalte Wange. »Hast du sie dir passend färben lassen?«
»Guli!«
»Na?«
Sie klappte den Mund auf, ohne einen Ton zu sagen.
Getroffen.
Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte aus der Taverne. Sie lief ihm nach, rief ihm nach, doch er drehte sich nicht um. Da glaubt man, man hätte Freunde, da glaubt man, jemanden zu kennen . es war einfach nicht zu fassen. Eine Eselsschwanzperücke, und obendrein passend gefärbt. Welche Freundin tat so etwas?
»Und ich mache währenddessen pleite«, klagte er der mitleidlosen, schwarzen Nacht. »Weil meine so genannte Freundin nicht mal mehr kommt, um sich das Haar richten zu lassen.«
Er öffnete seine Haustür mit einem Tritt und stampfte in sein kaltes, dunkles Heim. Im Hof roch es nach altem Fisch, und Guli hatte nicht die geringste Lust, ein Feuer anzumachen. Er ließ sich aufs Bett fallen und spürte, wie die Palmwedel ein bisschen weiter durchsackten. »In einer Woche schlafe ich auf dem Boden«, grummelte er. Irgendwo über ihm in den Zweigen, in den verfluchten, mit Lehm zu einem Dach verklebten Palmwedeln, huschten Insekten umher.
»Krabbelt doch alle zu Ulu rüber und nistet euch in ihren sündteuren falschen Haaren ein.« Dann zog er sich die Decke über den Kopf und wälzte sich auf die Seite.
Die Palmwedel gaben noch etwas nach. Berichtigung: in drei Tagen würde er auf dem Boden schlafen.
Sie traten zu dritt ein. Das Mädchen ging einfach weiter, quer durch den Hof und zurück in den Raum, in dem sie ihre Habseligkeiten gelassen hatte. Sie knallte die Tür zu. Kalam und Ningal tauschten einen Blick aus. »Wein, Herr?«
»Ja, ich glaube, etwas von der nördlichen Dattelpalme wäre ganz angenehm.«
Kalam eilte in die Küche, um eine Sklavin aus dem Schlaf zu reißen. Mit einem tiefen Seufzer ließ
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