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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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einbläuen, das Haus zu putzen und den Eselsgestank zu vertreiben.
    Als Ezzi Schritte in seinem Rücken hörte, hielt er den Atem an. Das war aber schnell gegangen! Schritte und Atem des Läufers schienen umso schneller zu werden, je näher er kam. Ezzi sputete sich; schließlich wollte er daheim sein, wenn die Nachricht eintraf. Der Läufer holte deutlich auf, und Ezzi beschleunigte seine Schritte nochmals. Sein Umhang als Alter Knabe war zu förmlich, um darin zu rennen; und es ziemte dem jüngsten Sterndeuter des Lugal bestimmt nicht, sich ein Wettrennen mit einem Laufburschen zu liefern.
    Als der Läufer ihn überholte, sah Ezzi das Banner aus Lapis und Perlmutt um seinen Hals. Die Nachricht kam tatsächlich vom Lugal! Und der Läufer rannte durch seine Straße. Dann würde der Bote eben warten müssen, bis Ezzi heimkam. Sich seiner Bedeutung bewusst, bremste Ezzi wieder ab und verlängerte seine Schritte, bis er den Gang eines Richters angenommen hatte. Schließlich wohnte er in derselben Straße wie Richter Ningal; er hatte dessen bedeutsamen und auffälligen Gang studiert.
    Als Ezzi in den Krummen Weg einbog, rannte der Läufer schon wieder an ihm vorbei. Diesmal in entgegengesetzter Richtung. »Warte!«, rief Ezzi ihm nach. »Ich bin doch gleich daheim!«
    Doch der Bote beachtete ihn überhaupt nicht. Diesmal waren seine Hände leer.
    Ezzi spähte die Straße hinunter und sah, wie eben eine Tür geschlossen wurde.
    Ach. Doch nicht für ihn.
    »Für mich?«
    »>Dem Weib Chloe< steht darauf.«
    »Nur gut, dass es keine männlichen Chloes gibt.« Sie näherte sich Kalam. »Darf ich es haben?«
    »Selbstverständlich.«
    Ähnlich wie bei der Besitzurkunde für ihre Schafe war ein Lehmumschlag um die Lehmtafel gewickelt. Die Umhüllung war über und über bedeckt mit Gekrakel und Gekritzel, Schriftzeichen. Lesen konnte sie kein Wort. Nicht mal ihren Namen. Sie reichte Kalam die Scherbe zurück. »Könntest du es mir vorlesen?«
    Er sah erst auf den Brief und dann sie an. Irgendwie war ihm die Geschichte mit dem Palmentopf, in den sie sich übergeben hatte, zu Ohren gekommen. Ningal war heute Abend nicht zu Hause, nur Kalam war hier, und der wirkte schon seit dem Zwielicht gereizt wie ein brünftiger Wasserbüffel.
    Hübscher Vergleich, kommentierte die Stimme in ihrem Kopf. Gehässig.
    Er seufzte. »Selbstverständlich.« Mit einem schnellen Hieb erbrach er den Lehmumschlag und zog den Brief heraus. Er überflog ihn hastig. »Bei den Göttern«, murmelte er und warf ihr die Tafel zu.
    Chloe hechtete danach und landete dabei im Dreck, doch wenigstens fing sie den Brief auf. »Du wirfst wie ein Mädchen«, sagte sie. Seine Miene wirkte nicht nur zornig, sondern auch verwirrt. Und verwirrt war sie selbst. Warfen Mädchen öfter als Jungen?
    Oder anders? Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben, und starrte auf den Tonfladen.
    Marschvögeltapser überall im Lehm. Der noch feucht war. »Was steht darauf?«
    »Komm in der Doppelstunde vor dem Mittag zu mir in die Amtsstube des Lugal. Dort wirst du ihn kennen lernen.«
    »Nimrod!«, entfuhr es ihr.
    »Woher kennst du den Sohn des Lugal?«
    Die Geschichte mit der vollgespuckten Topfpalme war also doch noch nicht zu ihm vorgedrungen. »Wir sind alte Freunde«, erwiderte sie leichthin. »Vielen Dank, Kalam.«
    »Ich muss jetzt gehen«, war seine Antwort. Er klatschte sich den Korbhut auf den Kopf und stürzte durch den Hof auf die Straße. Mit einem Knall fiel das Tor hinter ihm ins Schloss.
    Chloe blickte auf den Brief; irgendwie kamen ihr die Kratzer vertraut vor. Sie hatte sie nie verwendet, doch sie hatte schon einmal etwas Ähnliches gesehen. In einem riesigen Raum mit unzähligen Lampen. Dort lagen solche Tafeln zuhauf auf breiten Tischen, mit kleinen Schildern versehen, auf denen erläutert wurde, wann und wo sie gefunden worden waren. Nachdenklich kehrte sie in ihr Zimmer, auf ihr Palmwedelbett zurück. Vertraut.
    Manchmal waren ihr nicht mal ihre eigenen Gedanken vertraut.

    Guli wachte davon auf, dass jemand gegen seine Tür hämmerte. Seine Palmwedelmatratze, die noch schneller durchgesunken war als erwartet, hielt ihn zwischen den vier Bettstreben gefangen, sodass er sich wie ein auf dem Rücken liegender Käfer freikämpfen musste.
    Seine Gäste warteten nicht ab, bis er die Tür geöffnet hatte.
    »Vermutlich kannst du ja deshalb deine Schulden nicht bezahlen«, verkündete sein Gläubiger, sowie er in den Raum trat. Der Kaufmann war zu beiden

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