Die haessliche Herzogin
Menschen, ihrer Zeit ringsum« verzichten mußte. Durch epische Gestaltung des Stoffes wollte er die Souveränität erlangen, »in allen Winkeln des großen Raumes, in dem meine häßliche Heldin sich bewegt, zu Hause zu sein«. Nun also versah er »den Raum mit anderen Tapeten und verwandelte das Tirol des 14. in eine etwas legendarische Insel im südlichen Bereich der USA und mit der Lebensform des 20. Jahrhunderts« und nannte das Stück in drei Akten »Die Petroleuminseln«. Arnold Zweig schrieb in einem Aufsatz über Lion Feuchtwanger 1927, die »Maultasch« sei »beim Eingang ins Drama von geradezu bösartiger Überzeugungskraft« geworden. »Eine Transponierung aus dem Mittelalter in die Ölkrisenzeit, aus dem großen Roman ins große trockene Dichterstück der Bühne: das zeigt eine gute Handschrift … des Dichters Feuchtwanger und keinen schlechten Ausblick auf eine Wiederbelebung des Dramas !«
Die Theaterkritik reagierte auf die Inszenierungen von Hamburg, Berlin und Frankfurt a. M. 1927 und 1928 weniger enthusiastisch, tadelte vor allem die »romantische Verniedlichung weltpolitischer Probleme« oder die »leere flattrige Handlung«. Nach 1945 kam es nur noch vereinzelt zu Aufführungen, so in Dessau, Kiel und Mannheim. Dem Roman hingegen war dauerhafter Erfolg beschieden. Hans Mayer bezeichnete ihn sogar als eines der besten Bücher Feuchtwangers.
»Die häßliche Herzogin« imponiere durch die »Geschlossenheit seiner Form, die Kunst der Erzählung, die Eigentümlichkeit des Stoffes«; Feuchtwanger habe einen Stoff gefunden, »der ihn als Menschen und Künstler offenbar besonders beschäftige, zugleich aber ein Thema, das auch in der gesellschaftlichen Aussage bedeutungsvoll genannt werden konnte« (»Wiederbegegnung mit Feuchtwangers ›Häßlicher Herzogin‹«, 1954).
Druckvorlage für Band 1 der Gesammelten Werke in Einzelausgaben des Aufbau-Verlages von 1959, der außer der »Häßlichen Herzogin Margarete Maultasch« auch »Jud Süß« enthält, war auf Empfehlung Feuchtwangers die Ausgabe des Kiepenheuer Verlages von 1930. Beim Vergleich mit dem Erstdruck stellten sich erhebliche Abweichungen heraus. Vor allem handelte es sich dabei um Kürzungen, gestrichen wurden Adjektive – ein Tatbestand, den Feuchtwanger bei Übersetzungen seiner Romane ins Englische später oft beklagte: »… wenn ich einem Menschen oder einer Situation zwei Attribute mitgebe, dann ist sehr oft das eine weggelassen, und häufig dasjenige, an dem mir liegt.« (Brief an Robert Neumann vom 18. März 1947); gestrichen wurden Sätze und Absätze, so daß mitunter Handlungsabläufe verkürzt, die Charakterisierung einer Person, die Kommentierung eines Vorganges verknappt wurde. Ob das mit Feuchtwangers Einverständnis oder sogar auf seine Anregung geschah, ist unbekannt. Da ähnliches sich aber bereits bei dem Roman »Jud Süß« ergeben hatte, wo Feuchtwanger nichts von den eigenmächtigen Eingriffen eines Verlages in den von ihm empfohlenen Text wußte (siehe Nachbemerkung zu »Jud Süß«, Aufbau-Verlag 1991), haben wir unserer Ausgabe die im Berliner Volksverband der Bücherfreunde erschienene Erstauflage zugrunde gelegt.
Gisela Lüttig
Rückseite Buch
Margarete, Herzogin von Tirol, geboren im Jahre 1318, ist eine wichtige Figur auf dem Schachbrett der europäischen Geschichte. Sicher im Urteil und rasch im Handeln, zwingt sie selbst ihren Gegnern Achtung ab. Doch ihre groteske Hässlichkeit, die ihr den Namen »die Maultasch« einträgt, vergiftet ihr Leben und macht sie zum Gespött der Leute. Im Kampf gegen ihr abstoßendes Gesicht sucht Margarete auf grausame Weise zu erlangen, was der Schönheit von selbst zufällt: Anerkennung, Macht und Liebe.
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