Die haessliche Herzogin
kleine Gefolge war zurückgeblieben, der König ritt allein, langsam, lässig. Beschaute verdrießlich die weitläufigen, festlichen Anstalten. Seine glattrasierten Backen hingen schlaff, träg und fett, der Mund baute sich vor, groß, häßlich, mit gewulsteter, mächtiger Unterlippe.
Seine hellen, wässerigen Augen gingen verärgert über die Stadt aus Leinen, über die Tribünen, die Schranken der Arena. Er war gewiß ein gutmütiger, verträglicher Herr. Aber schließlich hatte auch seine Langmut Grenzen. Nun hatte Johann, der Luxemburger, ihn zum zweitenmal zum Narren gehabt: ihm zum zweitenmal die Braut zugesagt, alles feierlich abgesprochen – ihn zum zweitenmal sitzenlassen.
Er schnaubte, sein Atem blies durch die kleine, platte Nase, stand in starken Dunstwolken in der kalten, nebligen Schneeluft. Eigentlich war er Johann, dem Luxemburger, trotz allem nicht böse; es fiel ihm überhaupt schwer, jemandem böse zu sein. Johann hatte ihn schmählich aus Böhmen hinausgejagt, so daß von seinem Königtum nur der leere Titel blieb; aber er hatte sich von dem liebenswürdigen, eleganten Mann mühelos wieder versöhnen lassen, als der ihm finanzielle Entschädigung und die Hand seiner schönen, jungen Schwester Maria bot. Auch als der Luxemburger sein Versprechen nicht halten und seine Schwester nicht zu der Heirat überreden konnte, hatte er weiter kein großes Gewese gemacht und sich bereit erklärt, mit der andern Braut vorliebzunehmen, die der Luxemburger ihm vorschlug, mit Johanns Kusine Beatrix von Brabant. Doch daß jetzt auch die ausblieb, das war zuviel.
Der Bartholomäustag, an dem sie hatte eintreffen sollen, war längst vorbei; Johanns liebe Muhme von Brabant war nicht gekommen, die schönen Zelte auf den Wiltener Feldern warteten vergebens. Der Luxemburger wird gewiß wieder eine zierlich gedrechselte Ausrede wissen. Allein diesmal wird sich König Heinrich nicht so glatt beschwichtigen lassen. Auch die Langmut eines vielgeprüften christlichen Königs hat ihr Maß und Ziel.
Er wippte ärgerlich mit der kostbar verzierten Reitgerte. Er erinnerte sich sehr deutlich, wie er zuletzt mit Johann zusammen gewesen war, im Mai, und alles abgesprochen hatte. Der Luxemburger, das mußte man zugeben, war in fabelhaft eleganter Aufmachung erschienen. Er trug, ebenso wie alle Herren seines Gefolges, die neueste Tracht, die eben in Katalonien und Burgund aufgekommen war und die man in Deutschland noch nie gesehen hatte: ungeheuer enge, knappe Kleider – man brauchte zwei Diener, um sie über die Glieder zu zerren – aus vielfarbigem Stoff, mit Schachbrettflicken besetzt, weite Ärmel, fast bis zu den Knien herabhängend. Er selber, König Heinrich, legte größtes Gewicht auf modisches Auftreten; doch der Luxemburger – es war nicht zu bestreiten – war ihm über. Alle die böhmisch-luxemburgischen Herren – wie sie es nur in der kurzen Zeit hatten fertigbringen können! –hatten auch bereits die neue Haartracht getragen: Vollbart und langes Haar an Stelle des glattrasierten Gesichts und des kurzen Haarschnitts, wie es seit seinem frühesten Erinnern, ja wohl seit der Stauferzeit, Kavaliersitte gewesen war. Es hatte ihn wirklich überrascht und ihm imponiert, wie sicher und selbstverständlich der Luxemburger über Nacht in die neue Mode hineingewachsen war. Er hatte denn auch voll heimlicher Bewunderung mit Johann nur über Fragen der Mode gesprochen, dazu über Frauen, Pferde, Sport, und die Politik und die zu erledigenden geschäftlichen Fragen der Hochzeit seinen Räten überlassen. Seine Herren, der behutsame, ergebene Abt von Wilten, der vielbelesene, beredte Abt Johannes von Viktring, sein stattlicher Burggraf Volkmar, seine lieben, klugen Herren von Villanders, von Schenna, verstanden diese peinlichen, langweiligen Gelddinge ja wirklich viel besser als er selber, in ihren treuen und gewandten Händen lag die Abfassung des Vorvertrags viel sicherer. Er hatte sich darum auch auf das Gesellschaftliche beschränkt, und wenn König Johann die Vorzüge der Pariser und Burgunder Damen pries, mit denen er zu abenteuern liebte, so hatte er dem die festen Reize der Tirolerinnen entgegengehalten, die er sehr, aber sehr genau und aus immer neuer Anschauung kannte.
Schließlich hatte ihm dann sein lieber Sekretär, der Abt Johannes von Viktring, den fertigen Vorvertrag vorgelegt, hatte einen lateinischen Vers zitiert: »Und so wäre denn dieses zum schönen Ende beschlossen«, hatte versichert, jetzt sei
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