Die Häuser der anderen
muss jetzt Schluss machen«, log Luisa, »ich höre Christopher kommen.«
»Wenn man dir mal die Wahrheit sagt, gehst du gleich an die Decke!«
Luisa legte auf.
Sie sah auf die Bücher auf dem Fußboden. Sie hatte keine Lust mehr, aufzuräumen. Hier war einfach viel zu viel Kram. Es war ihr ein Rätsel, wie ein fast hundertachtzig Quadratmeter Wohnfläche fassendes Haus nach einem Jahr praktisch voll sein konnte, wenn sie vorher in einer Wohnung, die ein Drittel so groß gewesen war, alle Sachen untergebracht hatten.
Sie hörte den Schlüssel im Schloss. Benno bellte erfreut und lief zur Treppe. Sofort ärgerte sie sich, dass sie aufgelegt hatte. Sie hätte ihn hinterrücks überfallen und ihm den Telefonhörer in die Hand drücken sollen, dann hätte er sich mal mit dem Lamento ihrer Mutter auseinandersetzen können. Es war ungerecht, dass immer sie die familiären Kontakte pflegen musste. Sie holte die Kastanien aus dem Feuer, und er blieb Everybody’s Darling.
Etwas rumpelte und schnaufte. Inzwischen, dachte Luisa grimmig, schnaufen sie auf dieselbe Art und Weise, man hört keinen Unterschied mehr, ob es der Hund ist oder der Mann.
»Na, das hat ja gedauert!«, rief sie vom ersten Stock aus die Treppe hinunter.
»Ja! Komm mal her und schau!«
Wie sie es sich gedacht hatte, war er blendender Laune. Sie sammelte sich und ging die Stufen hinunter. Im Flur stand Christopher hinter einem großen roten Ledersessel.
»Wie findest du den? Ich war noch schnell im Laden.«
Er klopfte auf das Polster. Er war sich seiner Großartigkeit so sicher, dass er es nicht einmal für nötig hielt, ihre Antwort abzuwarten. »Rate mal, wie viel der gekostet hat?«
Er bildet sich mal wieder ein, ein Schnäppchen gemacht zu haben, dachte Luisa. Im Laden war er gewesen! Typisch! »Der Laden«, wie ihn alle nur nannten, war eine neue Geschäftsidee eines Schwaben im Stadtteil, und inzwischen hatte er es bis ins Journal Frankfurt geschafft. Der Schwabe – Christopher nannte ihn natürlich als Stammkunde beim Vornamen, Ulli oder Olli oder ähnlich bescheuert – hatte die Idee gehabt, eine leere große Geschäftsfläche mit Regalen auszustatten, die er vermietete. Leute konnten dann ihr ausrangiertes Zeug dorthin legen oder stellen und ihre eigenen Preise anbringen. Er nahm »nur« die Miete. Es gab dort buchstäblich alles – von der Sonnenliege über Comichefte, Bilderrahmen und Geschirr bis hin zu Briefumschlägen und Handfegern. Tatsächlich waren es zum Teil lächerliche Preise für fast neue Sachen. Aber nach Luisas gesundem Menschenverstand war der Ankauf von etwas, das man im Leben nie gebraucht hätte, auch für wenig Geld keine Ersparnis, sondern Verschwendung.
Sie kam dem Sessel gar nicht erst zu nahe. Wer weiß, wer da schon alles dringesessen hatte. Gut, er sah eigentlich nicht besonders gebraucht aus, aber trotzdem.
»Wo soll denn der noch hin?«
Christophers Gesicht wurde lang: »Gefällt er dir nicht?«
Er ist selber wie ein kleines Kind, dachte Luisa. Kein Wunder, dass er sich mit einer Neunjährigen so gut versteht.
»Ich dachte, hier in den Flur, ans Telefon …«
»Aber es ist hier doch schon so voll! Und du schleppst dauernd neue Sachen an. Aber klar, es ist dein Haus, ich habe da nichts zu melden. Du hast es ja geerbt! Mir vererbt keiner was!«
Christopher, völlig überrascht von dem Ausbruch, starrte sie mit halb offenen Mund an. Wie blöde er dreinschaut, dachte Luisa und fuhr fort: »So wie ich auch gar nichts zu melden habe in deinem Leben. Ich hoffe, Anne und du hattet schöne Ferien. Das kann ich von mir nämlich nicht behaupten! Ich habe Tag für Tag zu Hause herumgehockt.«
»Aber das wolltest du doch. Du warst total vertieft in deine Einleitung.« Christopher konnte endlich wieder sprechen.
»Na, irgendetwas musste ich ja unternehmen in der Zeit, in der ich nicht euren Kram aufgeräumt und Essen gekocht habe.«
»Jetzt mach aber mal einen Punkt, ich habe genauso oft gekocht – sollen wir die Abende durchzählen? Hol einen Kalender.«
»Komm mir nicht mit blöden Witzen. Meine Sachen waren viel komplizierter. Du hast nur Spaghetti gemacht.«
»Die haben ihr gut geschmeckt.« Christopher verlor langsam die Geduld.
»Ihr, ihr! Und was ist mit mir! Vielleicht bin ich einfach nicht damit einverstanden, mich von meinem Mann und dem Gör meiner Schwester an der Nase herumführen zu lassen. Die Sache mit dem Liger war doch das Letzte.«
Sie sah, wie Christopher sich bei dem Gedanken an
Weitere Kostenlose Bücher