Die Häuser der anderen
charakteristischen »Paff«-Laute ausstoßen.
Er ging in die Küche und machte sich einen Kaffee, einen richtig schönen starken, nicht die Brühe, die Luisa ihm immer übrig ließ. Sie tat ihm leid. Es war Biologie, nichts als Biologie, die sie so reagieren ließ. Sie wusste inzwischen, dass sie kein besonderes Geschick mit Kindern hatte und auch keine Geduld, aber das würde sie gerne verdrängen, denn ihre biologische Uhr forderte von ihr, dass sie in diesem Alter über Kinder nachdachte. Alle ihre Freundinnen hatten welche. Und dann so ein Misserfolg. Er für seinen Teil war ihr in dieser Frage mit Absicht keine Hilfe. In Wahrheit war er geradezu froh über Luisas Scheitern, was Anne anging, und über ihre Verunsicherung. Er wollte kein Kind, bevor er nicht die Habilitation fertig und eine Professur in der Tasche hatte; erst dann würde er notfalls für die zwei sorgen können. Nicht, dass er vorgehabt hätte, Luisa durch die Bank weg zu finanzieren, aber er wollte sich zumindest so fühlen, als könnte er. Sie sollte ruhig weiterarbeiten, so lange sie konnte. Nur das mit der Heirat hätte er nicht sagen dürfen, das tat ihm leid. Aber Anne war anstrengend gewesen während der letzte Stunde, und er hatte auch nur ein begrenztes Maß an Energie zur Verfügung. Das musste und das würde Luisa auch verstehen. Er war ausgeflippt, fertig. Aber vielleicht machte er sich sowieso zu viele Gedanken, und es war viel einfacher. Wahrscheinlich hatte sie ihren Rubens-Aufsatz noch mal gelesen und feststellen müssen, dass er doch nicht so toll war, wie sie sich das eingeredet hatte. Wäre nicht das erste Mal. Und dann hatte sie sich in diese ganze Anne-Sache hineingesteigert, weil sie ein Ventil für ihre Frustration brauchte. Vielleicht störte es sie unbewusst auch, dass er sich habilitierte und sie sich mit kleinen Lehraufträgen herumschlagen musste – die ihr nicht einmal sehr oft angeboten wurden. Sie war mit ganzem Herzen bei ihrer Arbeit – dass sie leidenschaftlich wäre, hatte er ihr schon mehrmals gesagt, denn sie hörte es geradezu absurd gern –, aber ihre Analysefähigkeit ließ zu wünschen übrig. Insgeheim war er erstaunt gewesen, dass sie diese Lehrstelle an der Universität überhaupt bekommen hatte. Nun, sie war sehr hübsch, wenn man den blassen Typ mochte. Er trank seinen Kaffee, aß ein Salamibrötchen und nahm dann die Zeitung mit in sein Zimmer, wo er sich in den neuen Sessel setzte, der sehr bequem war. Nach einer guten Stunde beschloss er, noch mal mit Benno auf die Hundewiesen zu gehen. Hinterher könnte er etwas staubsaugen, zum Zeichen seines guten Willens. Vielleicht war das aber auch gar nicht mehr nötig.
Als Luisa nach Hause kam, waren Benno und Christopher weg. Sie merkte es sofort – Benno kam nicht an die Tür gelaufen, um sie zu begrüßen. Sie erschrak. Sie war mit Absicht noch etwas trinken gegangen, um die Zeit, die sie weg war, zu verlängern. Der Film war lustig gewesen, aber allein im Kino zu sitzen, hatte keinen Spaß gemacht; bei Leuten, die allein im Kino saßen, stimmte irgendetwas nicht. Entweder sie hatten keine Arbeit oder keine Freunde oder waren in irgendeiner Form in der Krise. Jetzt fühlte sie sich beschwipst und sehr einsam. In der Küche roch es nach Kaffee. Sie trank den kalten, viel zu starken Rest aus der Tasse, die Christopher benutzt hatte, dazu nahm sie vorsichtshalber gleich ein Aspirin. Sie wagte sich in sein Zimmer, um den Sessel noch einmal anzusehen. Er gefiel ihr eigentlich – sehr sogar –, richtig schick sah er aus, und es ärgerte sie, dass er nun nicht im Flur stand, wo ihn alle Besucher gleich sehen konnten. Es war mit Sicherheit irgendeine teure italienische Marke. Jetzt hatte Christopher ihn im Zimmer, für immer, dabei betrat sein Zimmer kaum je ein Besucher. Und sie hatte nur die alte Couch, die ohne die Überdecke wirklich nichts hermachte, ob sie nun von Bretz war oder nicht. Sie nahm Platz. Man saß hervorragend auf diesem Sessel. Er war so groß, dass sie die Beine hochziehen und mit angewinkelten Knien die Füße aufstellen konnte. Eigentlich hatte sie das nur ausprobieren wollen, aber nun blieb sie sitzen und rührte sich nicht mehr. Und wieder, dachte sie, wieder warte ich auf ihn. War es das, was von nun an ihr Leben ausmachte, warten und wieder warten? Sie hatte alles durchdacht, aber bei der Warterei kam einem die Vernunft abhanden. Sie fing an zu weinen.
Christopher fand sie so – das heißt, erst fand Benno sie, und dann
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