Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
war.“
Lubronski lachte humorlos auf. „Unsere Sippe scheint immer schon zu den sozialen Außenseitern gehört zu haben. Dieser Vorfahr hatte sich nach Meinung der Inquisition zu gut mit den der Ketzerei und Teufelsanbetung verdächtigten Künstlern und Wissenschaftlern verstanden. Er geriet ebenfalls in Bedrängnis und so nahmen ihn die Wissenschaftler mit. Sie hatten ja auch ihre eigenen Familien und weiteren Verwandten mitgenommen. Aber mein Urahn wollte irgendwann in seine alte Welt zurückkehren, auch wenn er eine eigene Halle fand, die ihm gefiel: eine gemütliche Bibliothek. Also bauten sie ihm dieses Tor und er ging zurück zur Erde.“
„Und vermutlich an einen Ort, wo ihn die Häscher nicht erwarteten, oder?“ Lars wartete gespannt auf Antwort. „So muss es doch gewesen sein, nicht wahr?“
Lubronski zuckte die Achseln. „Mit Sicherheit war es so. Es hätte nicht viel Sinn gemacht, wenn mein Vorfahr wieder Norditalien betreten hätte. Also konstruierten sie ein Tor, dass ihn viele Kilometer weiter nördlich zurück auf die Erde führte, nämlich ins kalte und finstere Deutschland. Nämlich genau dorthin, wo jetzt mein Haus steht!“
„Ach so!“, sagte Mike erstaunt. „Also kann man mit einem solchen Tor nicht reisen, wohin man will?“
Lubronski schüttelte sacht den Kopf. „Wenn du ein Tor wie dieses hast, betrittst du damit von der Erde aus immer dieselbe Halle. Und wenn du aus dieser Halle zurück zur Erde gehst, findest du dich immer auf derselben Stelle wieder. Ein solches Tor ist der Mittler zwischen zwei bestimmten Orten.“
„Und dieses Tor machte dann als Familienerbstück eine Reise durch Ihre Vorfahren“, sagte Lars. „Und es landete schließlich bei Ihnen.“
Lubronski nickte. „Bis auf gelegentliche Ausflüge in die Hallen der Unendlichkeit blieben meine Ahnen auf der Erde, wobei sie sich hüteten, ein Wörtchen über die Existenz dieses Tores zu verlieren.“
Mike machte ein Gesicht, als sei ihm plötzlich alles klar geworden, was es nur zu verstehen gab. „Und deshalb sind Sie immer mal wieder für lange Zeiträume verschwunden und die Leute zerreißen sich die Mäuler, wo Sie wieder abgeblieben sind!“
Lars räusperte sich unangenehm berührt, und auch Mike wurde sich plötzlich bewusst, was er da gesagt hatte. Das Unbehagen, das er nun empfand, war ihm deutlich anzusehen. Lubronski aber winkte überraschend gelassen ab. „Schon gut, Jungs, ich weiß, dass ich einen schlechten Ruf habe. Das stört mich allerdings schon lange nicht mehr. Übrigens könnt ihr mir einen Gefallen tun: Hört endlich auf, mich mit Sie anzureden! Am Ende sagt noch einer von euch Herr Lubronski zu mir! Ich heiße Hans!“
Lars und Mike lächelten erleichtert und nannten ihre Vornamen. Und dann wurde Mike verwegen und fragte einfach, was ihn interessierte. „Wie sind Sie – äh, ich meine, wie bist du denn in den schlechten Ruf gekommen?“
„Ha!“ Lubronski machte eine wegwerfende Handbewegung. „Dazu gehört nicht viel. Einstein hat mal gesagt: Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Dummheit der Menschen. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz so sicher .“
Lars und Mike kicherten vergnügt.
„Als damals meine Frau verschwand begann das ganze dumme Gerede, denn die Umstände waren für die Leute natürlich mysteriös. Wir waren gemeinsam in den Hallen der Unendlichkeit unterwegs gewesen, um Kunstgegenstände zu ergattern, die wir dann in Düsseldorf und Köln weiterverkauft hätten. Damit haben wir unseren Lebensunterhalt verdient, und ich tu es noch heute so. Ihr müsst wissen, dass die Nachfahren der italienischen Künstler und Wissenschaftler zum Teil auch heute noch findige Leute sind. Und dann hat es in den Hallen auch alle möglichen Ureinwohner gegeben, und die gibt es auch heute noch. Die stellen teilweise schöne Dinge her, die noch nie ein Mensch der Erde sah.
Wie dem auch sei: In einer Halle, die eine tropische Dschungelwelt beherbergt, stürzte Andrea einen Wasserfall hinunter. Ich sah sie viele Meter tiefer in den Wassermassen verschwinden. Ich konnte nichts tun, ich war machtlos. Schnell gingen die tollsten Gerüchte um, als ich allein zurückkehrte. Von Rauschgiften, die wir genommen hätten, dann, dass ich sie mit Absicht vergiftet hätte, zu guter Letzt, dass ich sie ermordet hätte. Was weiß ich, was noch alles erzählt wurde und wird! Tatsache ist, dass meine Frau mein einziger Freund war und ich sie noch heute schmerzlich
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