Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
es noch Brot, Schinken, Käse und Obst. Staunend sah Lars in den Schrank. „Wie bleiben die Sachen da drin denn frisch? Ist das ein Kühlschrank? Und wer tat die Lebensmittel hinein?“
„Das ist ein Rätsel, das ich bisher nicht lösen konnte“, antwortete Hans, nahm Speisen heraus und verstaute sie in seinem Rucksack. Er füllte auch seine Feldflasche und stellte die geleerten Glasbehälter zurück. „Wenn eine Halle wie ein solcher Wohnraum gestaltet ist, dann befindet sich fast immer ein Vorratsschrank darin. Und der füllt sich von selbst oder meinetwegen wie von Geisterhand oder von mir aus nach dem Tischlein-deck-dich-Prinzip. Wenn ich den Schrank geschlossen habe, kannst du ihn ja noch mal öffnen, wenn du willst.“
Das tat Lars allerdings. Der Schrank war aufgefüllt. Er und Mike waren fasziniert. „Können wir den nicht mitnehmen?“, fragte der stets an das Nächstliegende denkende Mike.
Hans lächelte verständnisvoll, schüttelte aber den Kopf. „Funktioniert leider nicht! In der nächsten Halle hast du nur noch ein ganz normales Möbelstück.“
Lars und Mike bedienten sich ebenfalls und füllten ihre Rucksäcke, wofür ein zweimaliges Schließen des Schranks erforderlich war. Derweil machte sich Hans an den Regalen zu schaffen. Allerdings suchte er keineswegs nach Lektüre, sondern schenkte dem Holz seine Beachtung.
Mike beobachtete das mit großer Aufmerksamkeit. „Was tust du da?“
„Ich suche nach dem Weg in die nächste Halle.“ Hans entfernte nun doch das eine oder andere Buch von seinem Standort, aber nur, um es zur Seite zu legen. Lars und Mike bemerkten, dass der ältere Mann schnell ungeduldig wurde, denn schon hatte er fast alle Regale abgesucht. Er begann zu fluchen. „Verdammt noch mal, das kann doch wohl nicht wahr sein. Sollte diese verfluchte Halle etwa eine Sackgasse sein? Ich finde keinen Weg.“
„Wie müsste der Weg denn aussehen?“, fragte Lars, der schon befürchtete, dass sie tatsächlich gezwungen sein würden, in die fremde Realität der Erde zurückkehren und dort bleiben zu müssen.
Hans betastete wieder das Holz der Regale. Prüfend glitt sein Blick über die Maserung. „In meiner Halle gibt es ein Regal, hinter dem eine Geheimtür versteckt ist. Ich dachte, das sei hier genauso, aber da irrte ich wohl.“
Mike beteiligte sich an der Suche, die aber erfolglos blieb. Lars sah nur zu, dachte dabei angestrengt nach. Schließlich ließ sich Hans in einen der Sessel fallen. Mike beobachtete seinen Gesichtsausdruck und fragte nach einer Weile: „Wir sind hier gefangen, nicht wahr?“
„Nein.“ Hans Lubronski zog scharf die Luft ein und stieß sie wieder aus. „Aber wir werden wohl wieder durch das Tor zurück gehen müssen.“ Besonders beglückend fand er diese Vorstellung gewiss nicht, denn seine Miene war traurig.
Mit einem Fluch ließ sich Mike ebenfalls in einen Sessel fallen. Lars sah sich um und schritt durch die Bibliothek. Dabei wanderte sein Blick durch den ganzen Raum, glitt über die Rücken der vielen, vielen Bücher, dann kurz über die Fenster. Bücher, einige hundert Bücher, vielleicht sogar über tausend. Ob vielleicht … ?
„Kann es sein, dass der Weg in die nächste Halle in einem der Bücher versteckt ist?“, fragte Lars leise und zaghaft.
Mike grinste bei dieser Vorstellung, doch Hans legte die Stirn in Falten, als habe er sich verhört. „Wie meinst du das?“, fragte er.
Lars suchte nach Worten. „Nun ja, weiß ich auch nicht so genau, aber wenn hier ein Weg ist, warum kann er nicht in einem der Bücher versteckt sein?“
Mit neu geschöpfter Hoffnung und entsprechendem Elan erhob sich Hans aus seinem Sessel. „Gar nicht so dumm!“ Sein Blick tastete nun ebenfalls die Regalreihen ab. „Warum eigentlich nicht? Das ist das ideale Versteck!“
Mike lachte. „Ein Weg in einem Buch versteckt? Wie soll das denn funktionieren? Ist doch Quatsch!“
Lars widersprach. „Hättest du das mit dem Rahmen und dem Gestell für möglich gehalten?“
Das Lachen verstummte. Mike erhob sich ebenfalls. Nun untersuchten sie zu dritt die Bücher nach Auffälligkeiten. Bei der Anzahl von Bänden dauerte das allerdings eine ganze Weile. Schließlich war es Lars, der einen Band in die Hand nahm, weil ihm der auf den Rücken gedruckte Titel ins Auge sprang. Er lautetet: Der Weg in die Wasserstadt.
Zunächst schien es sich um ein ganz normales Buch zu handeln, wenn es auch ziemlich alt sein musste. Es hatte die Größe eines Atlas oder
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