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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Constable blickte von der Wachshand mit einem Ausdruck völliger Ungläubigkeit auf, und seine Augen waren auf seinen Freund Dr. Ferguson gerichtet. «Ich ein verwöhntes Kind?» fragte er.
    Mit fast komischer Hast blubberte Dr. Ferguson: «Ich war es nicht, der das behauptet hat.»
    «Aber, bei Gott, er hat recht», rief General Augstadt.
    Professor Constable reckte sein Kinn zu dem stämmigen General hin. «Fußballspieler», sagte er mit schneidend zorniger Stimme, und Hero wunderte sich, daß in diesem Augenblick der Krise und tiefen Verwirrung der alte Antagonismus und die Verachtung des Wissenschaftlers für den Sportler zutage trat.
    «Und was Sie betrifft», fuhr Constable zu Hero gewandt fort, «wie, sagten Sie, lautet Ihr richtiger Name, junger Mann?»
    «Alexander Hero.»
    «Nun, Fairweather oder Hero, für mich macht das keinen Unterschied. Sie haben die Kraft. Und Ihre Ansichten interessieren mich nicht. Ich habe meiner Tochter Stimme zu mir sprechen gehört, habe gefühlt, wie sie mich berührte, ich habe sie gesehen. Zweimal hat sie mir ihre Hand als Beweis dagelassen. Erst heute morgen habe ich in meinem eigenen Hause ihre Stimme vernommen und heute abend wieder.»
    «Sie haben es nicht», sagte Hero und fragte sich, ob Constable ihm vor Wut an die Kehle springen würde.
    Aber statt dessen musterte ihn der Wissenschaftler einen Augenblick kühl und fragte dann: «Wollen Sie behaupten, ich sei ein Lügner?»
    «Sie haben nur geglaubt, sie zu vernehmen», sagte Hero. «Ich habe die Fragen gestellt und alle ihre Antworten wiederholt. Ihre Phantasie hat Ihnen vorgegaukelt, daß es ihre Stimme sei.»
    «Unsinn», schrie Constable. «Sie irren sich. Wie ist das mit der Hand,- die umgedreht worden ist? Sie waren gefesselt, und der Kasten war abgeschlossen. Ich habe ihn mit meinem eigenen Schlüssel vor Ihnen geöffnet.»
    «Jedes Medium bringt es fertig, sich von Fesseln zu befreien», erwiderte Hero. «Es gehört zu meinem Beruf, mir ihre Fähigkeiten anzueignen. Und was den Kasten betrifft, alles was verschlossen ist, kann aufgeschlossen werden, zumal wenn es sich um ein einfaches Schloß handelt. Während die Vivaldi-Musik ertönte, habe ich den Kasten im Dunkeln mit einem Dietrich geöffnet, habe die Hand umgedreht, habe den Kasten wieder abgeschlossen, bin zu meinem Stuhl zurückgegangen und habe mich wieder gefesselt.»
    «Und was ist mit dem Kind, das in der vorigen Woche hier erschienen ist?» rief Constable. «Sie haben sie gehört, Sie haben sie selber gesehen.»
    «Sie wurde von der Assistentin eines Exzauberers gespielt, einer Schlangendame und kleinen Schauspielerin namens Tina Cryder, die durch eine Falltür hereinkam. Sie war ein kleines Mädchen, das sich in ungewöhnlich enge Räume zu zwängen vermochte. Sie war auch eine talentierte Imitatorin.»
    «Holen Sie sie her», befahl Constable.
    «Ich kann es nicht», erwiderte Hero, «sie ist tot.»
    Das dröhnende Gelächter, in das Constable ausbrach, entsetzte alle und möglicherweise sogar ihn selbst. Es war, als lachte er in einem Vakuum, doch schließlich verstummte sein triumphierendes Gewieher. Hero brach das tiefe Schweigen, das folgte.
    «Aber sie hat uns den Abdruck ihrer Handfläche hinterlassen», sagte er.
    Wieder völlig außer sich fragte Constable: «Was? Was? Den Abdruck ihrer Handfläche? Was hat das damit zu tun?»
    Hero deutete auf die Hand im Glaskasten an der anderen Seite des Raums. «Sie werden den Abdruck von Tinas Handfläche an der Hand dort finden.» Und dann zu dem jungen Ferris, dem Fingerabdrucksachverständigen, gewandt: «Bill, würden Sie ihn bitte Professor Constable zeigen?»
    Ferris holte eine Aktentasche unter seinem Stuhl hervor und nahm einige fotografische Vergrößerungen der sich überschneidenden Linien einer kleinen Frauenhand heraus. «Kommen Sie bitte mit, Professor Constable.» Er ging zu dem Kasten. Constable folgte ihm. «Ich glaube, Sie können sie sogar ohne Lupe miteinander vergleichen», sagte Ferris. «Die Linien auf den beiden Handflächen sind identisch. Sehen Sie, hier bilden die Linien deutlich ein W, da sind drei X in einer Reihe, und hier ist die kurze gebrochene Lebenslinie.» Dem jungen Mann wurde plötzlich bewußt, was er gesagt hatte, und er blickte erschrocken auf und murmelte: «Ach, Jesus.»
    «Aber die Fingerabdrücke!» rief Constable. «Die Fingerabdrücke sind die meiner Tochter. Ich werde Ihnen Fotografien zeigen. Sie können sie selber vergleichen, wenn Sie ein Experte

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