Die Hand von drüben
daß Samuel Haie Constable sich so hatte fangen lassen. Und er fragte sich, ob vielleicht Hero darum so liebenswürdig gewesen war, ihn zu der Séance zu begleiten. Wenn ja, dann konnte er den Engländer nur bewundern.
Was ihn so sehr erschütterte, war, daß er, dort im Dunkeln wartend, an seine Indianervorfahren fast als eine Herausforderung für: diese Betrüger gedacht hatte. Die Botschaft war ein Schock gewesen, Es gab keinen Grund, warum seine lange verschiedene Indianerahnin den Wunsch haben sollte, mit ihm zu sprechen, aber wenn die Menschen wirklich nach dem Tode weiterlebten, dann gab es auch keinen Grund, warum sie es nicht wünschen sollte. Doch von neuem wurde ihm bewußt, und das demütigte ihn und machte ihn zugleich zornig, daß ein Resultat dieses ganzen Hokuspokus gewesen war, sich das kleine Wort einschleichen zu lassen.
Mit ganz anderen Ohren lauschte er jetzt dem Unsinn, den der Große Häuptling Gewitterwolke verzapfte, dem das einfältige Lächeln der kleinen Devi, der Indianerprinzessin, folgte, und noch während er sich darüber wunderte, wie erwachsene Menschen solchen Quatsch schlucken konnten, ertappte er sich dabei, wie er die Botschaften abwog und sich fragte, welche geheimen Wahrheitskeime in ihnen sein mochten und welchen Trost sie den Teilnehmern zu bringen schienen, an die sie gerichtet waren.
Wiener war innerlich so durcheinander, daß, als plötzlich die kleine Devi mit einem Klirren von Armreifen und dem Rasseln des Tamburins die Anwesenheit der Geisterbraut Peter Fairweathers ankündigte und das erste leise, bittende, lockende Rufen dieses Namens aus dem Kabinett drang, er für einen Augenblick das Komplott und Heros Tarnung vergaß. Er nahm Ruth Lesley als die Personifizierung eines wirklichen Menschen an, bis ihm mit neu in ihm auf steigendem Ärger einfiel, daß von allem, was bis jetzt in dem Seanceraum geschehen, dies der einzige greifbare und unbestreitbare Betrug war. Es hatte nie einen Peter Fairweather oder eine Ruth Lesley gegeben, und die in dem Kabinett versteckte Person, zu der Alexander Hero sich jetzt, von dem schwachen rötlichen Lichtschein geleitet, in dem man sich die Vorhänge leise bewegen sah, aufmachte, war aus Fleisch und Blut.
«Peter, ich bin hier. Lieber Peter!»
Wiener spürte, wie Woodmanston sich zu seiner Rechten bewegte, als Hero die Kette der Hände brach, und hörte das Scharren von Heros Stuhl, als er sich in der Maske Peter Fairweathers erhob. Er hörte Hero-Fairweather sagen: «Ruth! Ach, lieber Gott! Ruth! Weißt du, was für ein Tag heute ist, Ruth?»
Aus dem Kabinett kam die Antwort: «Der Tag, an dem wir uns vor einem Jahr kennengelernt haben, Peter. Ach, Peter, komm zu mir.»
Wiener hörte, wie der Engländer fast aufschluchzte und auf das Kabinett zuging. Die Stimmen und die Art, wie die beiden ihre Rolle spielten, waren prächtig, und er mußte sich wieder einmal zwingen, an die Falle zu denken, die bereitstand, zuzuschnappen. In wenigen Sekunden würde Hero mit seinem besonderen Gerät die Person, die dort sprach, «sehen», würde sie identifizieren oder sich ihre Züge einprägen und vielleicht auf diese Weise das Problem lösen. Später, viel, viel später sollte sich Wiener darüber wundem, daß er in diesem Augenblick nicht die leiseste Vorahnung gehabt, daß ihn nichts innerlich gewarnt hatte, daß der Engländer durch das Dunkel seinem Tode entgegenging.
In dem Kabinett und dem Raum war es wieder totenstill geworden. Man hörte kaum das Atmen der Teilnehmer, die ganz benommen von dieser okkulten Liebesgeschichte waren und die mit eigenen Ohren hörten, da die Barrieren tatsächlich eingestürzt und der Lebende und die Tote wieder vereint waren.
Der schwache Schein des trüben roten Lichts, der aus einer Ecke des Seanceraums kam, ermöglichte es ihnen und Wiener, den dunklen Fleck zu sehen, der darauf hinwies, wo sich das Kabinett befand, und die verschwommenen Umrisse des großen Mannes, der langsam darauf zuging, und die Form seines Kopfes und seiner Schultern.
Die Gestalt wurde sogar noch weniger erkennbar, während sie langsam auf die Vorhänge zuschritt. Dennoch gelang es Wiener, seine Augen anstrengend, Heros Umrisse weiter wahrzunehmen. Hero blieb einen Augenblick stehen.
«Ruth! Ruth! Bist du da?»
«Ach, Peter! Peter!»
Das war der Liebesruf einer Frau, der sich ihrer Brust entrang, ehe sie in die Arme ihres Geliebten sinken würde, und jeder, der je geliebt hatte, erkannte ihn, war tief bewegt davon
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