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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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vergisst.«
Der Stimme folgten ein faltiges Gesicht, ein Turban und eine knochige
Gestalt, deren Erscheinen Falk zu seiner Überraschung mit Freude
erfüllte. »Ünsal«, begrüßte er den
Eunuchen, der etwas aus den Falten seines Gewandes zog. »Hier«,
sagte der alte Mann und reichte Falk ein dickes Wachstafelbuch. »Es
gibt keinen Grund, denkfaul zu werden«, scherzte er und fuhr
mit der Hand in eine weitere Tasche. Daraus zauberte er ein kleines
Messer und einige Holzstückchen hervor. »Das habe ich bei
deinen Sachen gefunden. Ich dachte mir, du könntest vielleicht
etwas damit anfangen.« Er ignorierte Hans’ verächtlichen
Blick und ließ sich auf einem Schemel nieder. »Ich habe
gehört, du wirst wieder gesund«, stellte er fest, und
etwas in seinen Augen verriet Falk, dass ihn das freute. »Ja«,
entgegnete er und ließ die Fingerkuppen über das weiche
Birnenholz gleiten. »Dir ist Gottes Gnade zuteil geworden«,
stellte Ünsal fest und deutete auf das Kruzifix an Falks Hals.
»Er hat dich nicht verlassen.« Ein Schmunzeln erhellte
sein Gesicht, als er Falks Verwirrung sah. »Glaubst du mir
jetzt, dass seine Barmherzigkeit ohne Grenzen ist?« Er fasste
Falk genauer ins Auge. »Ich sehe zwar immer noch Trauer in
deinem Blick, aber es scheint, du hast Hoffnung dazugewonnen.«
Ein feines Netzwerk von Falten legte sich über seine Wangen, als
das Schmunzeln sich in ein breites Lächeln verwandelte. »Das
ist gut. Nicht Furcht sollte dein Denken bestimmen, sondern
Hoffnung«, fügte er hinzu. Falk griff instinktiv nach dem
kleinen Schmuckstück an seinem Hals. »Wirf die Last ab und
vertraue auf Gottes Gnade, dann verlieren viele Dinge ihren
Schrecken.« Der alte Lehrer hob die Augen zur Decke. »Aber
genug davon. Eigentlich bin ich gekommen, um zu sehen, wie es dir
geht.« Er zwinkerte Falk zu. Aber bevor er mehr sagen konnte,
tauchte eine verschleierte Gestalt am Ende des Ganges auf und Ünsal,
Hans und alles andere um Falk herum trat in den Hintergrund.
        Mit
Händen, die ihm schlagartig nicht mehr zu gehorchen schienen,
legte Falk Holzstücke, Messer und Wachstafelbuch auf dem kleinen
Tischchen neben seinem Lager ab. Angespannt verfolgte er, wie
Sapphira hoch erhobenen Hauptes an dem Hekim vorbeirauschte, doch heute
stellte der Arzt sich ihr nicht in den Weg. Stattdessen beugte er
sich tiefer über einen weinenden Knaben, dessen Gesicht feuerrot
brannte. Ünsal hüstelte und verschränkte die Arme vor
der Brust, als Sapphira auf Falks Bett zusteuerte. Er begrüßte
die junge Frau mit einer leichten Verneigung und sagte an Falk
gerichtet: »Ich komme wieder. Halte dein Herz rein, dann wird
der Herr stets seine Hand über dich halten.« Damit wandte
er sich von dem jungen Mann ab, aber Falk hatte nur noch Augen für
Sapphira. Diese strahlte, als sie sah, wie viel besser es ihm ging,
doch als sie Falks Blick auffing, huschte der wohlbekannte Schatten
über ihr Gesicht. Wortlos zog sie einen Schemel heran und
begann, die Verbände zu wechseln, die sich inzwischen leichter
von der Wunde lösten. Während das Herz in seiner Brust
immer heftiger hämmerte, tastete er mit den Augen jede
Einzelheit ihres Gesichtes ab. Den sanften Schwung ihrer Brauen, die
langen, dichten Wimpern, die schmale Nase und den wundervollen Mund,
den er gelernt hatte, unter dem Schleier zu erkennen. Verstohlen,
sodass nicht einmal Hans es sehen konnte, schob er seine Hand näher
an das verwundete Bein heran und hoffte, dass sie diese ergreifen
würde – so wie sie es getan hatte, als er am Rand des
Abgrunds gestanden hatte. Als sie viel zu schnell neue Binden anlegte
und Anstalten machte, ihn wieder zu verlassen, nahm er all seinen Mut
zusammen und hielt sie leicht am Handgelenk fest. Die Wirkung, die er
damit erzielte, ließ ihn erschrocken den Atem anhalten. Als
habe er sie verbrannt, zuckte sie vor ihm zurück und blitzte ihn
an, während sich ihre Augen mit Tränen füllten. Das
strahlende Blau wirkte plötzlich schwarz, und der Schmerz, der
darin zu lesen war, ließ Falk die Brust eng werden. Sie war
einen Moment lang wie versteinert, doch dann blinzelte sie heftig und
nestelte an einem Faden. Einige Zeit saß sie einfach nur da und
gab vor, noch mit seiner Wunde beschäftigt zu sein, doch
schließlich stieß sie einen Seufzer aus und griff in
ihren Korb. »Ich lasse dir etwas Salbe da«, sagte sie mit
belegter Stimme und wich Falks Blick aus, als sie einen kleinen
Tiegel neben das Wachstafelbuch stellte. »Ich werde nicht

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