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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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anfühlten. »Du hast kein Fieber
mehr«, flüsterte Sapphira. »Dein Bein wird heilen.
Aber es wird lange dauern, bis du wieder vollkommen gesund bist.«
        »Danke«,
krächzte er und versuchte, nach ihrer Hand zu greifen. »Wie
lange bin ich schon hier?«, fragte er schwach, da ihn das
Sprechen ermüdete. »Vier Wochen«, erwiderte sie und
hielt ihm erneut den Becher an die Lippen. Als er diesen geleert
hatte, wollte sie sich erheben. »Geh nicht«, bat er, da
die Vorstellung, sie könne nicht bei ihm sein, wenn er das
nächste Mal erwachte, ihm auf einmal unerträglich schien.
Ein Schatten trat in ihre Augen und ihr Gesicht verschloss sich, als
habe er etwas Falsches gesagt. »Ich kann nicht bei dir
bleiben«, sagte sie abweisend, während sie das Gefäß
in den Händen hin und her drehte. »Ich muss mich um die
übrigen Kranken kümmern.« Die blauen Augen wirkten
plötzlich schwarz und glänzender als zuvor. Hastig stellte
sie den Becher ab und suchte ihre Instrumente zusammen, die sie in
einem Korb verstaute. »Ich werde später wieder nach dir
sehen. Wenn du Schmerzen hast, wird der Hekim mich rufen lassen.«
Einen Moment lang schien es, als wolle sie trotz allem noch nicht
gehen. Doch dann zupfte sie ihre Röcke zurecht und verschwand,
ohne ein weiteres Wort zu verlieren, aus Falks Blickfeld. Eine Zeit
lang starrte er auf die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte
– als könne reine Willenskraft sie zurückbringen.
Irgendwann verblasste ihr Bild jedoch und Falk schloss müde die
Augen. Er hörte nicht einmal mehr das Stöhnen des jungen
Mannes, der kurz darauf auf das Lager neben ihm gebettet wurde.
Stattdessen wandelte er bereits wieder im Reich der Träume, das
seine Schrecken verloren hatte, seit Sapphira ihm immer öfter
dorthin folgte.

    *******

    Heftig
blinzelnd vertrieb Sapphira die Tränen, die drohten, ihre Augen
zum Überlaufen zu bringen. Warum nur erfüllte es sie immer
wieder mit Traurigkeit, wenn sie ihn ansah? Sie stieß einen
tiefen Seufzer aus und drückte sich an einigen Helferinnen
vorbei ins Arzneilager. Verriet die Farbe, die ihn umgab, nicht
deutlich, dass er leben würde? Sollte sie nicht viel eher stolz
darauf sein, den Wundbrand besiegt und ihn vor dem sicheren Tod
bewahrt zu haben? Sie stellte den Korb mit den Instrumenten ab und
kramte in einem irdenen Topf, der schmerzstillende Kräuter
enthielt. Unvermittelt tauchte Gülbahars Gesicht vor ihr auf und
sie zog zischend die Luft ein. Genau wie der junge Mann spukte auch
die Freundin in regelmäßigen Abständen durch ihre
Träume, um sie davor zu warnen, den gleichen Fehler zu begehen,
der sie das Leben gekostet hatte. »Höre nicht auf dein
Herz.« Ihre Hand erstarrte mitten in der Bewegung. Ihre Sinne
wollten ihr vorgaukeln, dass es Gülbahars Lippen waren, welche
die Worte formten. Aber es war ihr eigener Mund, der sie
ausgesprochen hatte. Geistesabwesend zerbrach sie einige der
getrockneten Blüten und lauschte auf das kaum wahrnehmbare
Rascheln. Sie musste endlich damit aufhören, sich mit Wünschen
zu martern, die unter keinen Umständen wahr werden konnten. Ihre
Gefühle für den jungen Janitscharen durften niemals das
übersteigen, was eine Schwester für ihren Bruder empfand!
Es war seine Tapferkeit und die Erinnerung an Yahya, die sie zu ihm
hinzogen, log sie sich vor. Doch tief am Grunde ihres Herzens wusste
sie, dass es etwas anderes war, das sie innerlich zerriss. Wohingegen
es früher Bayezid gewesen war, nach dem sie sich gesehnt hatte,
bereitete ihr inzwischen nicht einmal mehr die Tatsache Verdruss, vom
Unterricht der Valide befreit zu sein. Grübelnd
bearbeitete sie ihre Oberlippe mit den Zähnen. »Der Kapi
Agha hat meine Bitte gewährt. Du wirst meine Nachfolgerin«,
hatte die Tabibe ihr am vergangenen Abend eröffnet. »Das
heißt allerdings, dass du nicht weiter als Konkubine
ausgebildet wirst.« Zuerst hatte Sapphira gedacht, Enttäuschung
zu spüren. Doch zu ihrer maßlosen Verwirrung waren es
Freude und Erleichterung gewesen, die sie erfüllt hatten.
        »Hier
versteckst du dich.« Sie wirbelte schuldbewusst herum und hätte
beinahe das Gefäß mit den Kräutern zu Boden gefegt.
Die Ärztin, die inzwischen so schlecht sah, dass sie oft den
Tastsinn zur Hilfe nehmen musste, steckte in einem warmen Mantel.
»Zieh dich an, wir gehen in die Stadt.« Sapphira riss
erstaunt die Augen auf. »In die Stadt?«, fragte sie etwas
einfältig. »Ist das denn erlaubt?« Die Tabibe lachte leise.

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