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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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ist tot. Die Mordbuben im städtischen Untergrund flüstern es sich zu.«
    »Um Himmels willen!« Bertram von Altkerke verfiel in Laufschritt, und Tideke hielt laut schnaufend mit. »Dann ist keine Zeit mehr, Wittenborch zu suchen. Dann müssen wir geradewegs zu Puttfarckens Haus! Wollt Ihr nachkommen?«
    »Nein! Mitkommen, was denkt Ihr denn!«
     
    Volrad Wittenborch hatte zu seiner Erleichterung den Gildemeister der Bergenfahrer auf seine Seite gebracht. Er hatte jetzt anderes zu erledigen, als mit Ratsherren zu rechten. Sicher würde Nicolaus alles leugnen – es sei denn, ihm wurden unwiderlegbare Beweise vorgelegt. Die musste Volrad beschaffen.
    In das Anwesen der Puttfarckens konnte er selbstverständlich nicht eindringen. Eine ganze Heerschar von Knechten und Mägden würde ihn aufhalten, ganz abgesehen von der angriffslustigen Ratsfrau Adelburgis. Er kannte sie aus der Zeit, als er Nicolaus beim Lernen geholfen hatte. Sie wusste um dessen Schwäche und duldete damals als Hilfslehrer den Mitschüler Volrad im Haus, wenn auch widerwillig, weil dessen Vater nicht ihrer Schicht angehörte. Ob sie es auch heute tun würde, war fraglich.
    Nicolaus hielt sich offenbar selten in seinem Elternhaus auf. Vielleicht wollte er seiner Mutter entgehen, seitdem er die Freiheit in Paris gekostet hatte. Volrad hoffte, dass Nicolaus tatsächlich im Häuschen am Krähenteich wohnte.
    Zwischen Stadtmauer und Ufer der Wakenitz, die hier wegen der Aufstauung des Flusses stille Ausbuchtungen formte, von denen eine als Krähenteich bezeichnet wurde, gab es einen schmalen, nassen Pfad, dem Volrad folgte, bis er auf den Halbturm traf. Daneben befand sich in der Mauer eine Schlupfpforte, die sich jetzt, in Friedenszeiten, ohne Weiteres öffnen ließ.
    Volrad trat auf die menschenleere Gasse, die an der Mauer entlangführte, und sah schräg gegenüber das frisch getünchte Häuschen der Puttfarckens.
    Er konnte nicht durch die Tür hineinspazieren, als wäre er ein willkommener Besucher. Deshalb folgte er der Grundstücksmauer bis in die Seitengasse und fand tatsächlich entsprechend Talekes Beschreibung das unscheinbare Pförtchen, das nicht verschlossen war und das in das Gärtchen des Giebelhauses führte.
    Es war totenstill. Kein Kindergeschrei, kein Klappern von Kochtöpfen, und aus dem Reetdach stieg kein Rauch. Mieter wohnten hier jedenfalls noch nicht.
    Der Schiffer schlich vorwärts, lauschte an der Hintertür und wagte schließlich, durch die Fensteröffnung zu blicken, die mit einer Ochsenhaut zu verschließen man wohl vergessen hatte.
    Endlich hatte er sich davon überzeugt, dass sich im Haus niemand aufhielt, und schlüpfte hinein. Ein schneller Überblick über beide Räume, in denen fürchterliche Unordnung herrschte, jedenfalls keine Ordnung nach Hausfrauenart, überzeugte ihn davon, dass hier ein Mann hauste.
    Volrad roch den Weinrest in einem Becher und sah eine angebissene, nicht zu alte Pastete. Kaninchen oder Kalb, was für Nicolaus als Bewohner sprach. Jedenfalls roch sie nicht nach Myrte und Wacholder, mit denen die Pasteten von Singvögeln gewürzt wurden. Seitdem Nicolaus sich als Schüler in der Nähe der Trave in einem großen Vogelfangnetz verfangen hatte, weigerte er sich strikt, Vogelfängern auch nur einen Pfennig zu gönnen, und daran würde er wahrscheinlich zeitlebens festhalten.
     
    »Diese Godele braucht dich doch überhaupt nicht zu kümmern, Nicolaus«, bemerkte Adelburgis Puttfarcken mit einem Hauch von Verachtung für diese Angelegenheit, die sie längst als erledigt erachtete. »Für die ist gesorgt, ebenso wie für die Hure Hedwig.«
    Nicolaus trat auf seine Mutter zu und umarmte sie zärtlich. Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter. »Du bist die einzige Frau auf Erden, die ich heiraten würde«, sagte er liebevoll.
    »Ich wünschte, das wäre möglich«, flüsterte sie und bot ihm ihre Lippen zum Kuss dar, und er drückte die seinen, ohne zu zögern, darauf. »Du machst mich glücklich.«
    »Sie suchen nach Godele.«
    »Sie werden sie nicht finden.«
    »Aber Hedwig haben sie schon, und mein Kind, jedenfalls das, das sie für meines ausgab, lag in der Nähe.«
    »Es gibt nicht die geringste Verbindung zu dir, Nicolaus, insbesondere, da du ja in Paris warst. Hedwig wurde nach ihrem unglücklichen Ende verscharrt, wie bei Huren üblich. Tiburga hatte die Geistesgegenwart, Hedwigs und Grubes verfluchtes Früchtchen an sich zu nehmen. Ich habe es inspiziert, für echt befunden und auf unseren

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