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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Abhandlung aus dem Römerreich, in der es darum ging, die Pest mit Nadeln an bestimmte Personen weiterzureichen …« Taleke lächelte, bis sie fast einen Krampf in den Wangen fühlte, in der Hoffnung, Bertram möge aus dem von ihr vorgebrachten versammelten Unsinn schließen, dass hier etwas nicht stimmte.
    »Maître Nicolaus hat sich bereits einen gewissen Leumund im Zusammenhang mit den Blattern in der Stadt erworben«, bestätigte von Altkerke doppeldeutig.
    Taleke, die ihre Fäuste vor Nervosität auf dem Rücken ballte, atmete auf. Er hatte verstanden. Allein, dass Bertram Nicolaus als Maître bezeichnete, war ein Signal. Die Hinterhäuser, die in Lübeck so typisch waren, gab es in Paris überhaupt nicht. Und von Altkerke hatte dort studiert …
    »Frau Puttfarcken wartet auf Euch«, meldete sich Eler drohend. »Sie bezahlt Euch nicht dafür, dass Ihr auf der Gasse schludert.«
    »Ich weiß, dass sie mich nicht bezahlt«, sagte Taleke spitz. Mehr konnte sie aus der Begegnung nicht herausholen.
    Wenig später lieferte Eler Taleke bei Frau Puttfarcken ab. Während Taleke sich noch staunend in der Kemenate umsah, kam Nicolaus’ Mutter mit gebleckten Zähnen auf sie zu, stieß sie mit der geballten Faust auf eine Truhe hinunter und bat Taleke mit irritierend honigsüßer Stimme, Platz zu nehmen.
     
    »Du wirst dafür bezahlen, was du meinem Sohn angetan hast«, flüsterte Frau Adelburgis. »Nicolaus ist viel zu gut für dich.«
    Taleke wollte gar nicht erst wissen, was Nicolaus erzählt hatte. »Er ist ein armer Tropf«, bemerkte sie beherrscht. »Lübeck hat er vor allem verlassen, um sich von Eurer erstickenden Umarmung zu lösen. Ich sehe, es ist ihm nicht gelungen.«
    »Das ist nicht wahr! Er liebt mich über alles! Mehr als er jemals eine junge Frau lieben würde!«, fauchte die Ratsherrin.
    Taleke nickte grimmig. »Das glaube ich Euch. Er hat ja auch weitere abartige Neigungen, die unsere Kirche als widernatürlich verurteilen würde. Ich hätte zu niemandem darüber gesprochen, denn trotz allem bin ich ihm für vieles dankbar.«
    Die Ratsfrau schnaubte verächtlich.
    »Ihr seid diejenige, die ihn verrät, Frau Adelburgis. Was Ihr jetzt alles unternehmt, vermeintlich um Nicolaus zu helfen, ruft die Aufmerksamkeit der ganzen Stadt hervor. Glaubt Ihr wirklich, das Domkapitel würde noch hinter Euch stehen, wenn bekannt würde, dass Ihr die Dirne Godele habt umbringen lassen und wenig später auch mich?«
    »Du bist seine Feindin, nicht ich! Und Godele hätte geschwatzt! Begreifst du das denn nicht? Hedwig hatte schon früher ein Kind von Nicolaus, und dann erwartete sie eins von Grube, meinem jüngeren Sohn. Godele wusste um beide!«
    »Grube also. Nicolaus erwähnte, dass Grube ihm nachschlägt. Auch, was seine gottlosen Neigungen betrifft?«
    Adelburgis schwieg.
    »Hat Hedwig Nicolaus’ Kind erstickt?«, fragte Taleke, der jetzt klarwurde, dass es sich um die Kinderleiche in Hedwigs Garten handeln musste, die noch nicht ganz verwest war.
    »Was weiß denn ich? Verhungern lassen, der Winterkälte ausgesetzt … Vielleicht hat sie es auch der Engelmacherin übergeben. Es gibt viele Möglichkeiten, und sie tat, was wir ihr aufgetragen hatten«, antwortete Frau Puttfarcken verdrossen. »Sie war sehr vernünftig.«
    Taleke beobachtete sie verstohlen und mit wachsender Angst. Frau Puttfarcken wirkte die meiste Zeit beherrscht, aber dann wieder schienen Dämonen in ihr zu lodern, die sie nicht bändigen konnte. Es war der gleiche Jähzorn, der auch Nicolaus zuweilen gepackt hatte.
    »Du wirst Lübeck verlassen!«
    Talekes Kopfhaut zog sich zusammen und verursachte ein Kribbeln im Nacken. In welchem Zustand? Als Leiche?
    »Heute Nacht bleibst du noch hier. Morgen bringt Eler dich zum Burgtor. Von dort magst du gehen, wohin du willst. Und wage ja nicht, zurückzukommen!« Frau Puttfarcken griff sich einen Zinnbecher vom Tisch und warf ihn zornsprühend gegen die Tür.
    Taleke war keineswegs beruhigt.
    Eler trat herein. »Herrin?«
    »Sperr das Weib für die Nacht ein!«
    Der bärengroße Knecht packte Taleke, die sich außerstande sah, Widerstand zu leisten, schob sie aus der Tür und warf sie kurz darauf mit Leichtigkeit die Stiege hinunter, die in die Eingangshalle mündete. Die zweite Treppe, die in den Keller führte, war steiler und noch härter. Während sie, wieder mit Elers Nachhilfe, auf hartem Lehmboden aufschlug, hörte sie, wie oben ein Schlüssel im Schloss gedreht und zwei Knebel vorgelegt

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