Die Heilerin
in seinem Arbeitszimmer auf. Er hatte Margaretha nur kurz begrüßt und sich dann wieder zurückgezogen. Den Toten ließ er schnell hinaustragen und Räucherbecken in dem Zimmer aufstellen. Keuchend öffnete Margaretha das Fenster, der Qualm drang unter der Tür hindurch, durch Ritzen und Fugen der Bretterwand. Der beißende Rauch nahm ihr den Atem, auch die Köchin rang nach Luft.
»So geht das nicht«, murmelte Margaretha und ging nach unten. Sie klopfte an der Tür des Arbeitszimmers.
»Yes?«
»Sir William, Eure Köchin ringt um ihr Leben. Der Qualm macht es ihr nicht leichter.«
»Es wird gesagt, dass diese Krankheit auch über den Tod hinaus in der Luft hängt«, sagte er in gebrochenem Deutsch.
»Das mag sein, aber Eure Köchin wird nun eher ersticken als an dem Fieber sterben.«
»Dann lasst sie woanders hinschaffen.« Penn drehte sich um.
»Das ist nicht gottgefällig«, murmelte Margaretha erbost. »Und mit Nächstenliebe hat es auch wenig zu tun.« Sie stapfte wieder nach oben, ging in das Zimmer des Knechtes und schüttete Wasser in die Kohlebecken. Es zischte, und der Dampf nahm ihr den Atem. Sie öffnete das Fenster, schloss die Tür hinter sich und ging zufrieden in das Zimmer nebenan. Die Köchin war in einen unruhigen Schlaf gefallen, aber sie schien nicht mehr so hoch zu fiebern wie am Nachmittag. Penns Kutscher klopfte zaghaft an die Tür.
»Mylady, do thou speak English?«
»Some.«
»May I take her to Mister Pastorius house? Sir William wants to spare thou expandable ways.«
»Really? Does he?« Margaretha lachte auf. Sir William wollte ihr unnötige Wege ersparen, wie gütig von ihm, dachte sie. Und doch verstand sie seine Furcht vor der Krankheit.
Vorsichtig hob der Mann die kranke Frau hoch, sorgsam hielt er sie in seinen Armen. Er trug sie langsam die Treppe hinunter, über die Straße und bis zu Pastorius’ Haus. Dort brachte er sie in eine der Gesindekammern. Das Bett war schon bereitet, Brühe, verdünnter Wein und Wasser zum Waschen standen bereit.
In der Nacht ging Margaretha von einem Zimmer zum anderen. Sie gab den kranken Frauen zu trinken, wechselte dieWickel, wusch ihre Gesichter und spendete tröstende Worte. Der Knecht erwies sich als guter Mann, er ging die Häuser der Erkrankten ab und erstattete Margaretha Bericht. Ihr Aufguss schien einigen zu helfen, aber nicht allen. Obwohl er sie dauerte, schickte sie ihn mit dem zweiten Aufguss wieder los. Klaglos nahm er die Aufgabe an und kehrte erst in den frühen Morgenstunden zurück.
»Denjenigen, denen es besser ging, aber bei denen das Fieber zurückkam, geht es schlecht. Es sind nur zwei, sie bluten aus der Nase, dem Mund und den Ohren. Man versucht, ihnen den Aufguss einzuflößen, aber sie können kaum schlucken, erbrechen meist sofort alles.« Er verzog gequält das Gesicht. »Den anderen hat Euer Trunk geholfen. Ihr Fieber sinkt.«
»Mögen wir dafür Gott danken«, sagte Margaretha erschöpft. Die Krankheit schien zwei Stufen zu haben, die aber nicht alle durchmachen mussten. Wenn das Fieber nach erster Besserung wieder stieg, schien der Tod unausweichlich. Wieder schaute sie nach Penns Köchin, bei der das Fieber zurückgekommen war, heftiger und durch Blutungen begleitet.
Die Köchin schlief, ihr Atem ging regelmäßig, aber war schnell. Ihre Haut fühlte sich immer noch sehr heiß an, glühte jedoch nicht mehr so wie ein paar Stunden zuvor. Bei ihr war die Krankheit das zweite Mal ausgebrochen, es sah allerdings so aus, als würde sie die Nacht überleben.
Nachdenklich strich Margaretha die Laken glatt, wechselte die Wadenwickel, gab der Kranken zu trinken. Dann ging sie in das Nebenzimmer. Ruth schlief, ihr Fieber war deutlich gesunken. Erschöpft setzte Margaretha sich auf den Stuhl am Bett. Sie nickte ein, schrak immer wieder hoch. Der Morgen graute, und beide Frauen lebten noch. Nur die beiden Erkrankten in der Stadt, denen es gestern schon schlecht ging, starben, wurde Margaretha berichtet. Alle anderen erholten sich offenbar. Am Morgen packte Margaretha ihren Korb, füllte ihn mit kleinen Krügen mit Aufgüssen und Tinkturen, die sie bereitet hatte, und ging zu den anderen Kranken.
Tatsächlich gab es zwei Gruppen. Die eine erholte sich schnell, sobald das Fieber sank, die andere blieb schwach, und dort war die Gefahr, dass die Krankheit wieder aufflackerte, hoch. Margaretha kannte dies von anderen Fiebern, auch im Kindbett gab es manche Frauen, die sich schnell erholten, andere siechten wochenlang
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