Die Heimkehr des Highlanders
von Ewan geworden.
Für Joan war dies ihre Familie, und vor allem Màiri war etwas ganz Besonderes für sie. Ihr hatte sie es zu verdanken, dass sie nicht im Verlies von Glenbharr Castle gestorben war, sondern zurück ins Jahr 2005 reisen konnte, wo sie dann festgestellt hatte, dass sie Ewan liebte.
Eine tiefe Freundschaft hatte sich zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen entwickelt, die sich auf so wundersame Weise ergänzten.
Joan hatte anfangs technische Gegenstände wie Telefon, Fernseher und Waschmaschine schmerzlich vermisst, doch inzwischen war ihr das einfache Leben in Fleisch und Blut übergegangen. Ihre Mutter tat sich in dieser Hinsicht schwerer, sie bemängelte oft, wenn sie mit ihrer Tochter alleine war, die für sie katastrophalen Hygienezustände und weigerte sich, nachts den Nachtopf zu benutzen. Lieber durchquerte sie die halbe Burg, um zum finsteren kalten Plumpsklo zu gelangen, das diskret in einem abgelegenen Seitenflügel untergebracht war. Auch fließendes warmes Wasser, Auto und Kino fehlten ihr, doch Joan war davon überzeugt, dass sich Marion an das einfache Leben gewöhnen würde.
2. Kapitel
Màiris kleines ovales Gesicht strahlte vor Glück, als sie ein Bündel zusammenpackte, das einen Früchtekuchen, ein weißes Leinenhemd und ein Beutelchen mit Lavendelblüten enthielt. Diese sorgfältig ausgewählten Dinge waren Geschenke für Mìcheal MacGannor, den Màiri besuchen wollte.
Obwohl sich das Paar offen zu seiner Liebe bekannte, kam ein offizielles Zusammenleben natürlich nicht in Frage, und so blieben ihnen nur die gelegentlichen gegenseitigen Besuche.
Mìcheal lebte auf Barwick Castle, der Burg seines Onkels Crìsdean MacGannor, dem Führer des gleichnamigen Clans. Der junge Mann war das Gegenteil von Màiris Ehemann: Jung, gutaussehend und von kräftiger Statur.
Ewan hatte sich angeboten, seine Schwester auf ihrem knapp einstündigen Ritt zu begleiten. Die Zeiten, in denen die Frauen alleine und unbehelligt durch einsame Gebiete streifen konnten, waren längst vorbei. In den dichten Wäldern wimmelte es von Wegelagerern, und immer wieder gab es Übergriffe englischer Soldaten auf schottische Frauen.
Herzlich umarmte Joan ihre Schwägerin zum Abschied. Màiri wollte eine Woche fortbleiben, länger hielt sie es ohne ihre Söhne nicht aus. Unter normalen Umständen würde sie ohne Anndra und Klein-Ewan keinen Fuß vor die Tür setzen, doch die Sehnsucht nach dem Geliebten wurde von Tag zu Tag größer. In Mìcheals Armen fand sie all das, was sie bei ihrem Ehemann bitterlich vermisst hatte.
»Du wirst mir fehlen«, sagte Joan und dachte wehmütig daran, dass sie nun eine Woche lang ohne Màiris Gesellschaft die Dinge tun musste, die Frauen dieser Zeit tagsüber taten: Stoffe mit dem Tartan des MacLaughlin Clans weben, sich um die Kinder kümmern und bei Stick- und Näharbeiten lustige oder ernste Gespräche führen.
»Aber ich bin doch bald wieder da.« Màiri lachte, ihre Stimme war so sanft wie ihr ganzes Wesen. »Wenn Mìcheal und ich erst einmal verheiratet sind, musst du uns oft besuchen, aye?«
Abwesend nickte Joan, daran mochte sie gar nicht denken. Selbstverständlich würde ihre Schwägerin mit ihren Söhnen nach der Hochzeit nach Barwick Castle umsiedeln.
Màiri knotete das Bündel, das auf ihrem Bett lag, sorgfältig zusammen und legte es zu einem zweiten Bündel, das ihre Wäsche für eine Woche enthielt. Mit einem Seufzer hielt sie inne und fügte kaum wahrnehmbar hinzu: »Wenn es doch nur schon so weit wäre.« Sie wandte sich zu Joan um. »Glaubst du, dass man in Rom meiner Bitte nachkommt?«
»Gewiss. Vaters Einfluss ist groß und geht bis weit über die Landesgrenzen – und außerdem erwähnte Ewan, dass Vater der Kirche eine größere Spende zukommen ließ.« Sie zwinkerte Màiri aufmunternd zu.
Etwas beruhigt nickte Màiri, nahm ihre Bündel auf und sagte: »Ihm wäre es am liebsten gewesen, wenn sich das Leben zwischen Tèarlach und mir nie geändert hätte. Doch so konnte ich nicht leben, er fast das ganze Jahr in den Bergen auf der Suche nach Männern für unseren Clan und ich hier mit den Kindern – ohne Liebe und Zärtlichkeit, die Tèarlach mir auch nicht gab, wenn er in den Wintermonaten zu Hause war.«
»Vater wäre es auch am liebsten gewesen, wenn Ewan eine echte Schottin geheiratet hätte und nicht mich.« Joan trat einen Schritt auf ihre Schwägerin zu und nahm ihr eines der Bündel ab. »Dass meine Urahne Schottin war, darf er ja
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