Die heimliche Gemahlin
Ich habe ihr nur versichert, dass du ihr nichts tun wirst.“
„Das habe ich doch schon gesagt“, schimpfte der Schmuggler, blieb aber weiter vor der Tür stehen.
Rasch kleideten die beiden sich an. Helena hob Skizzenblock und Bleistift auf und betrachtete dann Daniel. „Die Zeichnung werden sie mich doch wohl mitnehmen lassen, oder?“
„Stimmt.“
Kurz entschlossen riss sie sie aus dem Block, faltete sie und steckte sie in die Tasche des Umhangs. „Bild dir nur nichts darauf ein“, erklärte sie erhobenen Hauptes. „Ich will nur nicht, dass eine meiner besten Skizzen verloren geht.“
„Und ich dachte doch tatsächlich, du würdest anfangen, etwas wie Zuneigung für mich zu empfinden. Bin ich dumm“, neckte er sie.
Sie blieb an der Tür des Stalls stehen und wandte sich zu ihm um. „Aber das tue ich doch, Danny. Versprich mir, dass du dich nicht unnötig in Gefahr begibst.“
Ihre Sorge wärmte ihm das Herz. „Zerbrich dir nicht meinetwegen den Kopf, Liebes.“ Er ging zu ihr hinüber und drückte sie an sich. „Noch steht mir der Sinn nicht danach, den Würmern als Nachtmahl zu dienen.“ Er küsste sie zärtlich. Wann würde sich ihm wohl wieder die Gelegenheit dazu bieten? Trotz der ungewissen Lage musste er sie beruhigen - und sich selbst auch. Alles würde wieder gut werden. Als er ihre Lippen auf den seinen spürte, versank die Welt um ihn.
„Eure Zeit ist abgelaufen! “ Jacks Schrei brachte die beiden wieder in die Realität zurück.
„Bist du bereit, Liebes?“ flüsterte Daniel und bot ihr den Arm.
Sie hakte sich ein und lächelte schwach. „Solange du bei mir bist, immer.“
Als sie aus der Box heraustraten, standen sie einer Hand voll Männer gegenüber. Einige kamen Daniel bekannt vor, andere hatte er noch nie gesehen. Die Kerle musterten ihn neugierig. Was mochte Crouch ihnen über Daniel erzählt haben?
Auch der junge Seth saß auf einem Heuballen im Stall. Er schien ein schrecklich schlechtes Gewissen zu haben. Bei Helenas Anblick sprang er auf und reckte einen Gehstock, den er für sie mitgebracht hatte.
„Oh, Mrs. Brennan, Ihnen ist doch nichts geschehen? Wenn ich gewusst hätte, dass die Stute nicht Ihnen gehört, wäre ich damit doch niemals heimlich in die Stadt geritten. Ich wollte die Männer nicht hierher führen, das schwöre ich!“
Böse schaute Daniel ihn an. So war ihnen Wallace also auf die Spur gekommen! Daniel beschloss, dass, wenn er selbst dieses Abenteuer lebend überstehen sollte, er dem Jungen anständig den Hintern versohlen würde!
„Schon gut, Seth“, beschwichtigte Helena. „Du konntest es ja nicht ahnen.“
Mit gesenktem Kopf streckte Seth ihr den Stock hin. „Er gehörte meinem Großvater. Ich ... ich ... dachte ... Sie könnten ihn vielleicht gebrauchen.“
„Bist du sicher, dass deine Eltern damit einverstanden sind?“ fragte sie sanft.
„Bitte nehmen Sie ihn“, flehte der Junge. „Es ist das Mindeste, was ich für Sie tun kann, nachdem ... ich Sie in solche Schwierigkeiten gebracht habe.“
Nach kurzem Zögern ergriff Helena den Stock. „Vielen Dank.“
„Nehmen wir den Jungen auch mit?“ wollte einer von Jacks Männern wissen und deutete mit dem Daumen auf Seth.
Blankes Entsetzen spiegelte sich in dessen Blick wider. „Machen Sie sich nicht lächerlich“, fuhr Helena dazwischen, bevor Jack etwas erwidern konnte. „Er hat doch gar nichts mit der Angelegenheit zu tun. Der Junge wollte uns nur einen Gefallen tun, als er uns hier übernachten ließ. Außerdem werden seine Eltern heute zurückkehren, und wenn ihr Sohn verschwunden ist, haben Sie ganz schnell die Konstabler am Hals. Er weiß doch überhaupt nicht, worum es hier geht. Was kann er Ihnen also schon anhaben?“
Nachdem Jack einen Augenblick nachgedacht hatte, wandte er sich an Seth und grinste. „Jetzt hör mir mal gut zu, Jungchen. Du hast doch bestimmt schon einmal von Jolly Roger Crouch gehört?“
Ängstlich nickte Seth.
„Dann weißt du ja, dass er am liebsten Burschen wie dich zum Frühstück verspeist. Du hältst also besser den Mund, wenn du nicht willst, dass man dir die Zunge herausschneidet.“
Verächtlich lachte Daniel auf. Derlei Grausamkeiten hatte Jack im Leben noch nicht begangen.
„Und wenn du das schon nicht um deinetwillen tust, denk wenigstens an deine Eltern“, fügte Seward hinzu. „Immerhin wissen wir, wo ihr lebt. Vergiss das nicht.“
„Ihr dürft meinen Eltern nichts tun!“ schrie Seth. „Es sind gute Menschen, und sie
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