Die heimliche Gemahlin
Wirtshaus ihres Vaters spazierte, ein Ale bestellte und dann mit einer Silbermünze zahlte? Dann konnte sie ihn nicht mehr für einen dummen Jungen halten. Und lachen würde sie auch nicht über ihn, falls er noch einmal versuchte, sie zu küssen.
Auf Zehenspitzen eilte er hinüber zum Pferd, schnappte sich den Sattel und führte das Pferd nach draußen. Er konnte an nichts anderes denken als an Megs süßen roten Mund. Der Mond schien hell, und die Stute folgte von ganz allein dem schmalen Pfad, der vom Farmhaus zur Landstraße führte.
Als er diese erreichte und Richtung Sedlescombe abbog, plagte ihn doch das schlechte Gewissen. Er dachte an seine Eltern. Die Mutter war eine sehr fromme Frau, die Alkohol strikt ablehnte. Wenn sie wüsste, dass er dafür dringend benötigtes Geld ausgab ... Trotzdem, er hatte ja nicht alles genommen, was Mr. Brennan ihm gegeben hatte. Nur gerade genug, um Meg ein wenig beeindrucken zu können. Was übrig blieb, wollte er selbstverständlich seinen Eltern geben. Die wussten ja nicht einmal, wie viel es ursprünglich eigentlich gewesen war. Schnell verflogen alle Schuldgefühle beim Gedanken an Meg.
Er hatte die Brücke über den Bede fast erreicht, als plötzlich zwei große Gestalten auftauchten. „Anhalten!“ rief eine laute Stimme.
Straßenräuber, überlegte Seth entsetzt. Er hatte schon Geschichten von solch zwielichtigen Gesellen gehört. Der Vater hatte sie ihm erzählt. Verzweifelt riss er das Pferd herum. Doch als daraufhin ein schriller Pfiff im Dunkel ertönte, stemmte die Stute die Hufe in den Boden und war nicht dazu zu bewegen, auch nur einen weiteren Schritt zu tun.
Grob zog man Seth aus dem Sattel. Einer der Kerle entzündete eine Laterne und hielt sie Seth vors Gesicht.
„Wer bist du, Junge?“ fragte einer der Angreifer. „Und wie bist du zu dem Pferd gekommen?“
„Ich ... ich ..."
„Nun spuck’s schon aus!“ brummte er. „Das ist nämlich mein Pferd“, fügte er hinzu.
Der Zweite verdrehte Seth schmerzhaft den Arm, so dass der Kleine aufschrie.
„Ich hab’s nicht gestohlen! Das waren die beiden!“ rief der Junge und verfluchte sich auf der Stelle für seine Feigheit, als er bemerkte, wie einer der Kerle finster lächelte.
„Ein großer Mann und eine verkrüppelte Frau? Hast du ihnen das Pferd abgenommen?“
„Nein, ich wollte es ... nur leihen. Das schwöre ich!“
„Und wo sind sie jetzt?“
Der Kleine schluckte. Auf gar keinen Fall wollte er diese Schurken zu seinem Elternhaus führen. Andererseits hatte er auch keine Lust, sich eine Tracht Prügel dafür einzuhandeln, dass er ein Pferd geborgt hatte. Im Traum wäre es ihm nicht eingefallen, dass die Brennans Diebe sein könnten. Andererseits hatte er Mr. Brennan dabei überrascht, wie er gerade die Tür zum Farmhaus öffnen wollte. Und er selbst verspürte keinerlei Neigung, jetzt die Suppe auszulöffeln, die sich ein anderer eingebrockt hatte.
„Ich wusste nicht, dass sie Ihr Pferd gestohlen haben. Andernfalls hätte ich ihnen nie erlaubt, im Stall zu schlafen.“
„Und sind sie noch immer in deinem Stall?“ fragte einer der Kerle.
Erst zögerte der Junge, nickte aber dann stumm.
„Wissen die Brennans, dass du mit dem Pferd weggeritten bist?“
„Nein ... ich wollte nicht lange wegbleiben.“ Seth hoffte, dass die Männer ihm nicht die Silbermünzen abnahmen. Das Geld war wahrscheinlich auch gestohlen, aber das war ihm ganz egal. Jetzt gehörte es jedenfalls ihm.
„Sag mir, wo der Stall liegt.“
Bereitwillig erklärte Seth nun, in welcher Richtung sich die Farm befand und wie man dorthin gelangte.
Die Laterne wurde gelöscht, und der Junge hörte eine raue Stimme sagen: „Jetzt haben wir sie also! Geh jetzt zu Crouchs Kumpanen Seward und gib ihm Bescheid. Danach kommst du mit ihm hierher zurück. Er will nämlich nur bezahlen, wenn er Daniel Brennan mit eigenen Augen leibhaftig vor sich sieht. Los, los. Beeil dich.“
Entsetzen und Scham überkamen Seth. Den Namen Crouch kannte er. Hier ging es nicht um Pferdediebstahl. So viel war nun klar. Die Schmuggler hatten bei dieser Angelegenheit ihre Hände im Spiel. Und er hatte ihnen gerade die ahnungslosen Brennans ans Messer geliefert!
17. KAPITEL
Im Traum war Daniel wieder im Arbeitshaus und prügelte sich mit den anderen um den Haferbrei. Einer der älteren Jungen schubste ihn zu Boden, kniete sich auf seine Brust und drückte ihm eine Gabel gegen den Hals. „Lass mich“, flüsterte Daniel und versuchte, die
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