Die heimliche Gemahlin
unterkühlten Lady Helena verbringen. Da setzte er die Reise lieber bei Wind und Wetter fort.
„Daniel ...“, versuchte sie ihn zu beschwichtigen.
„Still! Ich bin zu wütend, um mir weitere Bemerkungen von Ihnen anzuhören. Sie sind einfach versessen darauf zu glauben, dass ein Mann Sie nur wegen Ihrer Position oder Ihres Geldes begehrt. Wenn Sie also eine derart niedrige Meinung von sich selbst zu haben wünschen, kann ich daran wohl kaum viel ändern. Allerdings gestatte ich Ihnen nicht, in ähnlicher Weise von mir zu denken.“
Schaukelnd kam die Kutsche zum Stehen, und er öffnete schwungvoll den Wagenverschlag. Wie Recht er doch mit seinen Befürchtungen bezüglich Helenas gehabt hatte! Einer solchen Frau war nicht zu helfen - dabei konnte ein Mann sich nur ein gebrochenes Herz einhandeln.
9. KAPITEL
Helena saß im Gastraum des Rose and Crown und erwartete Daniels Rückkehr, der gerade mit dem Wirt wegen eines Zimmers zur Übernachtung sprach. Glücklicherweise konnte sie mit Hilfe des Stocks wieder gehen, wenn sie auch noch immer nicht lange zu stehen vermochte.
Seitdem sie im Gasthaus angekommen waren, hatte Daniel noch kein Wort mit ihr gewechselt. Dies konnte sie ihm nach ihren bodenlosen Anschuldigungen auch kaum verdenken. Sie hatte schließlich von Anfang an gewusst, dass er nicht wegen des Geldes mit ihr flirtete. Genau genommen, flirtete er gar nicht mit ihr - jedenfalls plante er zweifellos keinen Antrag. Er hatte sie lediglich aus niederer Begierde geküsst.
Aber wie konnte er nur andeuten, sie hätte Lord Farnsworth irgendwelche Intimitäten gestattet? Grundgütiger, war sie bei dieser Bemerkung zornig geworden. Besonders, da er selbst sich für seine amourösen Abenteuer in keiner Weise schämte.
Aus ebendiesem Grund traute sie seinen Komplimenten auch nicht: Er sagte derlei bestimmt zu zahllosen Frauen. Dennoch musste sie zugeben, dass sie noch nie so gern den Schmeicheleien eines Herrn geglaubt hätte wie Daniels. Er wurde ihrem Seelenleben gefährlich.
Doch jetzt war es mit den Komplimenten ohnehin vorbei. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er sie wieder anlächelte und sich um sie sorgte - statt wie jetzt rasend zornig auf sie zu sein.
Sie seufzte. Himmel, sie war weiß Gott tief gesunken, wenn ihr die Aufmerksamkeiten eines solchen Schurken auch nur das Geringste bedeuteten.
Daniel kam herein. Sein Gesichtsausdruck wirkte noch immer wie versteinert. „Der Wirt hat nur noch ein Zimmer frei. Am besten fahren wir weiter nach Tunbridge Wells.“ „Aber Sie meinten doch, dies wäre genau die richtige Anlaufstelle, um ..."
„Ich weiß. Wir werden dennoch keinesfalls gemeinsam in einem Raum schlafen“, erwiderte er bestimmt.
„Mir würde es unter diesen Umständen gar nichts ausmachen, ein Zimmer mit Ihnen zu teilen.“
Er bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. „Aber mir. “
„Es wäre doch nur für eine Nacht“, flüsterte sie, denn der Wirt war gerade hereingekommen. „Wenn wir dadurch unsere Chancen steigern, die beiden zu finden, sollten wir bleiben.“ Immerhin hätte sie dann Gelegenheit, sich zu entschuldigen. In einem gemeinsamen Zimmer würde es Daniel nur schwerlich gelingen, ihr auszuweichen.
„Haben Sie es sich doch noch einmal anders überlegt, Sir?“ fragte der Wirt. „Ihre Gattin sieht reichlich mitgenommen aus, und der Raum ist wirklich groß genug für zwei.“
„Liebling“, verkündete Helena leicht flehend, „ich bin müde. Können wir nicht einfach das Zimmer nehmen?“ Böse schaute er sie an. Teufel, Teufel, das konnte eine sehr lange Nacht werden! „Haben Sie eine Matratze, die wir auf den Boden legen könnten?“ fragte er den Wirt. „Auf der wollen Sie bestimmt nicht nächtigen, Sir.“ „Das Bein meiner Gemahlin schmerzt sehr. Daher ist es besser, wenn wir die Nacht nicht im gleichen Bett verbringen. Wenn Sie uns keine zweite Matratze zur Verfügung stellen können, fahren wir weiter.“
Der Wirt zuckte die Schultern. „Das wird sich wohl einrichten lassen.“
„Gut, gut, dann nehmen wir also das Zimmer“, willigte Daniel schweren Herzens ein.
Erleichtert atmete Helena auf. Um ehrlich zu sein, konnte sie allein den Gedanken kaum ertragen, auch nur eine weitere Minute in der schaukelnden Kutsche zu verbringen - ganz gleich, ob nun mit oder ohne Daniel.
Der Wirt strahlte. „Sie werden mit der Unterbringung bestimmt mehr als zufrieden sein, Sir. Wenn Sie mir folgen wollen, zeige ich Ihnen das Zimmer und
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