Die heimliche Gemahlin
ich zum Opfer eines jeden Mannes, der nur hinter dem Geld her ist.“
„Und was Sie von solchen Kerlen halten, wissen wir beide“, neckte er.
„Genau.“
„Was sonst?“ Sag es schon, dachte er. Damit ich dich davon überzeugen kann, wie Unrecht du hast.
„Ich bin nicht zur Ehefrau geboren.“
Er lachte laut auf. „Und wie darf man sich eine solche Dame vorstellen, wenn ich fragen darf?“
„Unterwürfig und ausgeglichen. Das bin ich beides nicht.“
„In diesem Punkt muss ich Ihnen zustimmen.“ Als sie ihn böse anfunkelte, beugte er sich vor und flüsterte: „Außer beim Küssen. Wenn ausgeglichen es auch nicht wirklich trifft. Zuvorkommend wäre wohl ein passenderer Ausdruck.“
„Seien Sie sich da nur nicht so sicher“, erwiderte sie hochmütig.
„Oh doch, darauf würde ich sogar wetten. Was Frauen angeht, bin ich ein wahrer Connaisseur und besitze auch sonst eine gute Menschenkenntnis.“
„Wahrscheinlich, weil Sie viel Zeit in so häufig wechselnder weiblicher Gesellschaft verbringen“, bemerkte sie spitz.
„Mag sein.“ Die unüberhörbare Eifersucht in ihrer Stimme freute ihn außerordentlich. Auch, dass sie bei dieser Antwort nur die schönen Augenbrauen hochzog, um dann steif den Kopf zu drehen und aus dem Fenster zu sehen.
„Wussten Sie eigentlich, dass ich vor einigen Jahren verlobt war?“ fragte sie dann.
Er hob den Kopf. „Nein. Wer war der Mann?“
„Ein Viscount namens Farnsworth.“
Einen Augenblick zögerte er. „Der Erbe des Earls of Pomfret? Hat er nicht im letzten Jahr die Tochter eines reichen Besitzers einer Kohlmine geheiratet?“
Sie nickte und verdrehte die Augen. „Derselbe.“
„Sie scheinen keine angenehmen Erinnerungen mit dem Gentleman zu verbinden.“
„So könnte man sagen.“
Ganz offensichtlich wollte sie nicht weiter darüber reden. Daniel bemühte sich, in nonchalantem Ton die Gesprächspause zu überspielen. „Ich bin dem Viscount tatsächlich einmal begegnet. Am beeindruckendsten erschienen mir allerdings seine höchst eleganten Stiefel. Ich erkundigte mich, wo er sie fertigen lässt, und er nannte mir den Namen eines exklusiven Schuhmachers in der Oxford Street. Das war’s dann auch schon mit unserem Gespräch.“ Für einen Augenblick betrachtete er sie prüfend. „Mit seiner Gemahlin hingegen unterhielt ich mich deutlich länger. Hübsche Frau, aber eine hirnlose Närrin. Kann Ihnen nicht das Wasser reichen.“
„Hat sie etwa ein lahmes Bein?“ entgegnete sie bissig und fixierte ihn streng.
Ah, endlich hatte sie es offen ausgesprochen. Am liebsten hätte er sie an sich gepresst und ihr gezeigt, wie wenig einem Mann ihr Bein ausmachte, wenn er auch nur den geringsten Verstand besaß. Seine Antwort hingegen war wohlüberlegt. „Ich verstehe nicht, was das damit zu tun haben sollte.“
Sie holte tief Luft. „Nichts, als dass sie eine weit bessere Gemahlin für ihn abgibt.“
„Warum? Schließlich müssten Sie ja nicht für ihn waschen und kochen oder andere schwere Arbeiten erledigen, an denen Ihr Bein Sie hindern würde. Derlei besorgen doch die Dienstboten. Ihre Krankheit spielt also keinerlei Rolle.“
„Ganz im Gegenteil. Gerade in meinen Kreisen fällt so etwas weit mehr ins Gewicht. Die Tochter eines Aristokraten hat in jeder Beziehung das Ideal weiblicher Schönheit zu verkörpern.“ Das klang, als würde sie ein Benimmbuch für junge Damen wortwörtlich wiedergeben.
„Gequirlter Quark“, gab er zurück.
Mit offenem Mund guckte sie ihn an.
„Sie haben mich ganz recht verstanden. Was Sie da reden, ist völliger Unsinn. Vielleicht glauben Sie ja, vollkommen sein zu müssen, aber da sind Sie mit Sicherheit die Einzige. Selbst Farnsworth wird zweifellos meiner Meinung sein.“
Im Dunkel der Kutschkabine schienen ihre Augen sonderbar aufzuleuchten. „Ich habe wirklich keine Ahnung, wie er darüber dachte. Im Gegensatz zu Ihnen ist mir das andere Geschlecht eher vage vertraut. Allerdings bleibt festzuhalten, dass Lord Farnsworth mir nur solange den Hof machte, wie er glaubte, ich würde eine hohe Mitgift erhalten. Kaum hatte er entdeckt, welchem Irrtum er in diesem Punkt unterlag, rannte er auf und davon, so schnell ihn die teuren Stiefel trugen.“
„Dann ist der Mann ein Dummkopf, meine Liebe“, meinte er ernst. „Sie haben etwas Besseres verdient.“
Ihr stockte der Atem, und die widerstreitendsten Gefühle spiegelten sich auf ihrem Gesicht wider: Erstaunen, dann Hoffnung und endlich Ungläubigkeit. Nach
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