Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
Er nickte anerkennend und drückte mich in die Ecke eines Gangs, der zu den Vorratsräumen führte, als gehe es um den Austausch weiterer Geheimnisse, und berührte mit seiner Hand meine Brust.
    Ich schob sie zur Seite und hielt sie fest. Um ihn abzulenken, stellte ich ihm eine Frage, die mich bereits eine geraume Weile beschäftigte: »Unsere Herrin, Theodora, mit ihrem griechischen Namen – stammt sie wirklich aus Tuszien?«
    »Angeblich hat sie der Senator von einem Freundschaftsbesuch bei Markgraf Adalbert mitgebracht. Es hieß sogar, sie sei die fürstliche Tochter – aber wenn du mich fragst: Theophylactus hat sie von der Straße aufgelesen. Sie war eine Gauklerstochter mit magischen Fähigkeiten – mit schwarzer Magie … und einem Goldschatz … Das erzählt man sich wenigstens.« Seine Lippen näherten sich meinem Ohrläppchen. »Eine Hexe, die jeden mit ihren starren Augen in Bann zieht.«
    Das Gewitter tobte über uns, und der gebrochene Schein der Blitze zuckte immer wieder über Martinus' lächelndes Gesicht. Er hatte mich mittlerweile derart in den Schatten der Gangecke geschoben, daß uns niemand mehr sehen konnte. »Aber du, mit deinem wiegenden Gang, mit deiner Nachtigallenstimme …«
    Ich lachte kurz auf und versuchte, mich ihm zu entziehen.
    Der Procurator, deutlich älter als ich und aus einer tuszischen Händlerfamilie stammend, hatte sich mir gegenüber bisher immer höflich verhalten, ja, unterwürfig. Ich stand als Marozias Amme unter dem besonderem Schutz der Herrin, außerdem legte die Tatsache, daß ich lesen und schreiben konnte, daß ich als Frau das klassische Latein beherrschte und sogar Griechisch, eine unsichtbare Barriere um mich.
    Martinus umarmte mich nun heftig, küßte mich, flüsterte mir abgehackt wie ein verliebter Jüngling zu: »Ich liebe dich! Seit ich dich zum ersten Mal sah! Und wie du mit den Kindern umgehst! Dein Gang, so königlich! Laß uns fliehen, nach Lucca, wo mein Onkel lebt. Der nimmt uns auf, du wirst frei sein!«
    Als ich nicht reagierte, fuhr er noch hektischer fort: »Im Augenblick herrscht völliges Durcheinander in der Stadt. Ich habe den Schlüssel für das Portal und kann uns nachts herauslassen. Wir nehmen dein Kind und schleichen davon … Wenn du willst, können wir auch nach Konstantinopel fliehen. Mein Onkel handelt mit Wolle und Seide, verstehst du? Ich werde für ihn arbeiten, er sucht seit langem einen zuverlässigen Mann, der für ihn die Geschäfte am Bosporus führt. Er wird dich ebenso lieben!«
    Ich unterbreche den Fluß der Erinnerungen, weil sie sich selbständig machen, weil sie wie Procurator Martinus mit mir nach Hause, in meine Heimat fliehen wollen … Mich zieht ein Sog hinaus, Albericos Angebot verlockt mich, obwohl mich Pflicht und Neigung bei Marozia halten … Damals lehnte ich Martinus' Angebot ab, zu überrascht war ich, erschrocken – und fühlte ich mich nicht als Theodoras Schwester?
    Es muß der September des Jahres 891 gewesen sein, Marozia war ein gutes Jahr alt, ebenso Alexandros, sie lernten laufen, schliefen damals sehr unruhig, als spürten sie etwas von der Unruhe jenseits der Mauern. Auf den Straßen tobte das Volk, in der Via Lata wurde sogar gekämpft: Söldner des Sergius gegen Anhänger des Formosus. Und dann plötzlich ein Schrei, ein Jubeln und betrunkenes Rufen, bis zum Überdruß wiederholt: » Habemus papam ! Vivat Formosus!«
    Theophylactus war zwei Nächte nicht nach Hause gekommen, Theodora tigerte besorgt durch alle Gänge und ließ schließlich in der Küche ein Huhn schlachten und sorgfältig zerlegen. Als die Köchin die Innereien herausnehmen wollte, studierte sie sorgfältig das dampfende Gekröse. Die Köchin hat es mir selbst berichtet, nicht ohne sich zu bekreuzigen.
    Doch dann erschien Theophylactus unversehens mit einer Truppe bewaffneter Männer, von denen manche verwundet waren, sowie Diaconus Sergius, der sich, als einfacher Mönch verkleidet, bleich und mit vor Müdigkeit geröteten Augen, in den Schutz unseres Hauses flüchtete. Ich stand im Hintergrund, als er Theodora fluchend berichtete, daß die Anhänger des Formosus unverzüglich nach dessen Wahl sein Haus geplündert hätten, die Pferde gestohlen, seine Diener erschlagen, die Mägde verschleppt. »Dafür wird er nochmal zahlen!«
    Theophylactus legte den Arm auf seine Schulter. »Du kannst bei uns bleiben«, beruhigte er ihn. »Wir werden doppelt zurückholen, was du verloren hast. Ein Großteil der Via Lata steht

Weitere Kostenlose Bücher