Die Heiratsschwindlerin
öffneten die Tür, und sofort schlugen ihnen die warme Luft und der Knoblauchgeruch des Essens wie ein berauschender Schwall ins Gesicht. Das Restaurant war gesteckt voll, Musik erfüllte den Raum; plötzlich schien die kalte, dunkle Straße eine Million Meilen entfernt zu sein.
»Einen Tisch für zwei Personen, bitte.« Simon stellte Milly auf dem Boden ab. »Und zwei große Brandys.«
Milly rieb sich die kalten, geröteten Wangen und lächelte ihn an.
»Weißt du, meinen Füßen geht’s jetzt ein bisschen besser.« Sie probierte sie auf dem Marmorboden aus. »Ich glaube, ich kann allein zum Tisch gehen.«
»Gut.« Simon streckte sich. »Das ist prima.«
Ein rot gewandeter Ober führte sie zu einem Tisch und kehrte umgehend mit zwei Brandys zurück.
»Prost!« Zögernd sah Milly Simon an. »Allerdings weiß ich nicht genau, worauf wir trinken. Auf die … Hochzeit, die es nicht gab?«
»Auf uns.« Simon wirkte plötzlich ernst. »Lass uns auf uns trinken. Milly …«
»Was?«
Stille. Millys Herz begann zu hämmern. Nervös fingerte sie an ihrer Papierserviette.
»Ich habe das nicht geplant«, sagte Simon. »Weiß Gott nicht. Aber ich kann nicht länger warten.«
Er legte seine Speisekarte beiseite und sank neben dem Tisch auf ein Knie. Im Restaurant entstand ein leichter Aufruhr, als die Gäste hinübersahen und sich gegenseitig anstießen.
»Milly, bitte«, sagte Simon. »Ich frage dich noch einmal. Und … und wider besseres Wissen hoffe ich, dass du ja sagen wirst. Möchtest du meine Frau werden?«
Lange herrschte Stille. Schließlich sah Milly ihn an. Ihre Wangen hatten einen zarten Pinkton angenommen; die Serviette in ihren Händen war nur noch ein rotes Knäuel.
»Simon, ich weiß nicht«, sagte sie. »Ich muss … ich muss darüber nachdenken.«
Als sie ihre Pizza aufgegessen hatten, räusperte Milly sich und sah Simon nervös an.
»Wie war deine Pizza?«, erkundigte sie sich mit trockener Stimme.
»Gut. Und deine?«
»Gut.« Kurz trafen sich ihre Blicke, dann sah Simon weg.
»Bist du …«, begann er. »Hast du …«
»Ja.« Milly biss sich auf die Lippen. »Ich habe nachgedacht.«
Ihr Blick glitt über ihn – noch immer neben dem Tisch auf den Knien, wie die ganze Mahlzeit über, sein Essen wie bei einem Picknick um ihn ausgebreitet. Der Hauch eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht.
»Würdest du jetzt gern aufstehen?«
»Wozu?« Simon trank einen Schluck Wein. »Ich hab’s hier unten sehr bequem.«
»Das glaube ich.« Millys Lippen bebten. »Ich dachte bloß … dass du mich vielleicht gern küssen würdest.«
Angespannte Stille trat ein.
»So?«, sagte Simon schließlich. Gemächlich stellte er sein Weinglas ab und sah zu ihr hoch. Eine Weile starrten sie sich an, ohne zu merken, dass die Kellner einander anstießen und etwas in die Küche riefen; sie hatten nur Augen für einander. »Dürfte ich das wirklich?«
»Ja«, erwiderte Milly so ruhig wie möglich. Sie legte ihre Serviette ab, glitt von ihrem Stuhl zu ihm auf den Marmorboden und schlang die Arme um seinen Hals. Als sich ihre Lippen trafen, brandete im Restaurant gedämpfter Applaus auf. Tränen strömten über Millys Wangen, auf Simons Hals und auf ihre Lippen. Sie schloss die Augen und schmiegte sich an seine breite Brust, atmete den Duft seiner Haut ein, zu schwach, um auch nur einen Muskel zu rühren. Sie fühlte sich vollkommen ausgelaugt, körperlich wie emotional.
»Eine Frage nur«, flüsterte Simon ihr ins Ohr. »Wer bringt es deiner Mutter bei?«
18. Kapitel
Um neun Uhr am nächsten Morgen herrschte heiteres, kühles Wetter. Als Milly mit ihrem kleinen Auto vor der Bertram Street eins vorfuhr, wollte der Postbote gerade ein Bündel Briefe in den Briefkasten stecken.
»Guten Morgen!«, wandte er sich grüßend zu ihr um. »Wie geht’s der Braut?«
»Gut.« Milly schenkte ihm ein knappes Lächeln. Sie nahm die Briefe entgegen, langte in ihre Tasche nach dem Schlüssel und hielt dann inne. Ihr Herz schlug mit einer Mischung aus erregter Vorfreude und Furcht, und ihr schwirrten tausend einleitende Sätze im Kopf herum. Eine Weile starrte sie auf den glänzenden Lackanstrich der Tür, dann steckte sie den Schlüssel ins Schloss.
»Mummy?«, rief sie beim Eintreten, die Stimme hoch vor Nervosität. Sie legte die Briefe auf den Dielentisch und zog ihren Mantel aus, bemüht, ruhig zu bleiben. Doch dann breitete sich auf ihrem Gesicht unwillkürlich ein Lächeln aus. Am liebsten wäre sie wie ein
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