Die Heiratsschwindlerin
Gehen.
»Entschuldige«, sagte Simon sofort. »Ich hab’s nicht so gemeint! Milly, komm zurück!«
»Es hat keinen Zweck!« Milly schüttelte den Kopf. »Es würde nicht funktionieren. Ich kann’s nicht mehr.«
»Wovon sprichst du?« Simon folgte ihr.
»Ich kann nicht die sein, für die du mich hältst! Ich kann nicht deine perfekte Barbiepuppe sein.«
»Verdammt, ich behandle dich doch gar nicht wie eine Barbiepuppe!«, empörte sich Simon. »Herrgott! Ich behandle dich wie eine intelligente, reife Frau!«
»Ja!«, schrie Milly und wandte sich so schnell um, dass der Kies aufspritzte. »Das ist es ja eben! Du behandelst mich wie die Barbiepuppenversion eines vernunftbegabten Mannes. Du möchtest eine attraktive, intelligente Frau, die teure Schuhe trägt, Soap Operas für trivial hält und alles über den Wechselkurs europäischer Importartikel weiß. Tja, die kann ich dir nicht sein! Ich dachte, ich könnte mich in sie verwandeln, aber das kann ich nicht. Ich kann es einfach nicht!«
»Was?« Simon starrte sie erstaunt an. »Wovon zum Teufel redest du?«
»Simon, ich kann deinen Erwartungen einfach nicht mehr gerecht werden.« Tränen sprangen in Millys Augen, und sie wischte sie ungeduldig fort. »Ich kann dir doch nicht mein ganzes Leben lang etwas vorspielen. Ich kann niemand sein, der ich nicht bin. Rupert hat das versucht, und sieh dir an, was er jetzt davon hat!«
»Milly, ich möchte nicht, dass du dich für mich verstellst. Ich möchte, dass du du bist.«
»Das kannst du nicht wollen. Du kennst mich ja nicht mal.«
»Natürlich kenne ich dich!«
»Nein«, erwiderte Milly verzweifelt. »Simon, das versuche ich dir doch gerade beizubringen. Ich habe dir seit unserer ersten Begegnung etwas vorgegaukelt.«
»In welcher Hinsicht?«
»In jeder.«
»Du hast mich in jeder Beziehung angelogen?«
»Ja.«
»Zum Beispiel, Herrgott noch mal?«
»Immer.«
»Nenn mir ein Beispiel!«
»Okay.« Milly fuhr sich mit zittriger Hand durchs Haar. »Ich mag keine Sushi.«
Verblüffte Stille.
»Das ist alles? Du magst keine Sushi?«
»Natürlich ist das nicht alles«, versicherte Milly rasch. »Schlechtes Beispiel. Ich … ich lese nie Zeitung. Ich gebe es nur vor.«
»Na und?«
»Und ich verstehe nichts von moderner Kunst. Und ich gucke schreckliche Sachen im Fernsehen an.«
»Was zum Beispiel?«, lachte Simon.
»Zeug, von dem du noch nie gehört hast. Wie … wie Family Fortunes !«
»Milly …« Simon ging auf sie zu.
»Und ich … ich kaufe mir billige Schuhe und zeige sie dir bloß nicht.«
»Ja und?«
»Wie meinst du das, ja und?« Tränen der Wut traten in Millys Augen. »Die ganze Zeit habe ich so getan, als sei ich jemand anders. Bei der Party damals, bei der wir uns kennen gelernt haben, da hatte ich von Vivisektion eigentlich überhaupt keinen Schimmer! Ich habe nur zufällig in Blue Peter was darüber gesehen.«
Simon blieb stehen. Eine lange Stille trat ein.
»Du hast es in Blue Peter gesehen«, sagte er schließlich.
»Ja«, erwiderte Milly mit tränenerstickter Stimme. »Ein Blue Peter Special .«
Simon warf den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus.
»Das ist nicht lustig!«, entrüstete sich Milly.
» O doch!«, brachte Simon lachend heraus. »Sehr sogar!«
»Nein!«, schrie Milly. »Die ganze Zeit über hatte ich deswegen ein schlechtes Gewissen! Begreifst du denn nicht? Ich habe Wissen und Intelligenz vorgetäuscht. Und ich habe dich zum Narren gehalten. Aber ich bin nicht intelligent! Das bin ich einfach nicht!«
Simon hörte abrupt zu lachen auf.
»Milly, ist das dein Ernst?«
»Natürlich!«, sagte Milly unter Tränen. »Ich bin nicht clever! Ich bin nicht schlau!«
» O doch, bist du schon.«
»Nein! Nicht so wie Isobel!«
»Wie Isobel ?«, wiederholte Simon ungläubig. »Du hältst Isobel für schlau? Findest du es etwa schlau, sich von seinem Freund ein Kind anhängen zu lassen?« Er zog eine Augenbraue hoch, und Milly kicherte unvermittelt.
»Isobel mag intellektuell sein«, versetzte Simon. »Aber der hellste Stern der Familie bist du.«
»Wirklich?«, fragte Milly kleinlaut.
»Wirklich. Und selbst wenn nicht, selbst wenn du nur über eine einzige Gehirnzelle verfügen würdest – würde ich dich trotzdem lieben. Ich liebe dich , Milly. Nicht deinen IQ .«
»Das geht gar nicht«, wandte Milly stockend ein. »Du …«
»… kennst mich nicht?«, vollendete Simon den Satz. »Natürlich kenne ich dich. Milly, eine Person zu kennen,
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