Die heißen Kuesse der Revolution
Perücke auf ihrem Kopf war mit edler Spitze und weiteren Perlen besetzt. Noch nie im Leben war Julianne so exquisit und kostspielig gekleidet gewesen und sie bezweifelte, dass sie es noch einmal erleben würde.
Dominic liebte sie und vertraute ihr, und sie war gezwungen, diese Liebe und dieses Vertrauen zu missbrauchen.
Julianne blickte in den großen Salon. Es sah alles genauso aus, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Im Salon standen vergoldete Möbel und von den Decken funkelten edle Kristalllüster: An den Wänden hingen kostbare Meisterwerke in Öl, und die Gäste im Salon waren ebenso prunkvoll gekleidet wie Julianne. Lady Catherine war ganz in Purpur gewandet, ein Dutzend weiterer Damen glänzten in ihren Juwelen und Abendkleidern. Die Herren trugen ihre edelsten Röcke sowie Kniehosen aus Satin, Seidenstrümpfe und Schuhe mit silbernen Schnallen. Die meisten von ihnen hatten weiße, gepuderte Perücken auf dem Kopf.
Julianne sah Dominic.
Ihr Herz pochte vor Liebe und vor Furcht. Wenn er je etwas merken sollte, würde er ihr niemals vergeben.
Er trug einen bestickten, marineblauen Samtmantel, aus dessen Ärmel und Kragen feinste französische Spitze hervorblitzte. Auch er trug Kniehosen aus Samt und Seidenstrümpfe. Die Perücke passte allerdings zu seiner eigenen Haarfarbe. Noch nie hatte sie ihn so elegant gekleidet gesehen. Sie liebte ihn so wie er war und von ganzem Herzen. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, dass er einmal etwas ganz anderes für sie gewesen war als ein Bedford und ein Tory.
Der ist nichts für dich. Das kannst du mir wirklich glauben!
An das, was Lucas gesagt hatte, wollte sie heute nicht denken. Dabei hatte er recht. Sie trat einen Schritt vor, doch dann schwankte sie. Nadine trat neben Dominic und unterhielt sich anregend mit ihm.
Julianne durchfuhr ein eiskalter Schauer. Nadine war eine warmherzige, großzügige und schöne Frau von gleichem Stand wie Dominic. Die zwei hatten einander sehr gern und sie waren wie für einander gemacht. Nadine würde Dominic niemals ausspionieren. Julianne war, als könne sie in die Zukunft blicken.
Eines Tages würde Dominic von ihrem Verrat erfahren und sich verletzt wieder dieser anderen Frau zuwenden. Er würde Nadine schließlich doch noch heiraten, und die zwei wären glücklich miteinander bis zum Ende ihrer Tage.
Dominic hatte Julianne bemerkt und ging lächelnd auf sie zu. Julianne gelang es, sein Lächeln zu erwidern.
Dominic überraschte sie, indem er ihre Hand ergriff und herzlich küsste. „Was stehst du hier herum? Ich habe dich erst gar nicht gesehen.“
Er hatte seine Zuneigung zu ihr noch nie in aller Öffentlichkeit gezeigt. „Es tut mir leid, dass ich zu spät komme.“
„Mir nicht. Du hast noch nie so liebreizend ausgesehen. Ich muss dich häufiger zu Abendgesellschaften mitnehmen.“
Sie sahen sich an, und ihr wurde klar, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte. Sie wünschte sich, dass es diesen verfluchten Krieg nicht gäbe und dies hier ihr normales Leben wäre.
„Du trägst deinen Armreif ja gar nicht.“
„Wie könnte ich? Wenn ihn jemand bemerkt, wissen alle sofort, dass er ein Geschenk von dir ist! Und das lässt nur einen Schluss zu.“
„Dass ich dir verfallen bin?“ Er lächelte.
Sie spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug. „Dass ich ruiniert bin.“
„Da hast du allerdings recht. Ich sollte dir etwas Diskreteres schenken.“ Er ergriff ihren Arm.
Julianne merkte bestürzt, dass er es wirklich ernst meinte.
„Es wäre mir ein großes Vergnügen, dich den Anwesenden vorzustellen! Man hat uns schließlich bemerkt.“
Julianne sah Sebastian Warlock, der bei einem sehr attraktiven dunkelhaarigen und prunkvoll gekleideten Herren stand. Beide Männer starrten sie an. „Sebastian Warlock ist hier?“ Julianne richtete sich auf. Sie war überrascht, obwohl er ihr eine Nachricht geschickt und sie um ein Gespräch am heutigen Abend gebeten hatte. „Und wer steht bei ihm?“
„Nadines Vater, der Comte d’Archand. Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst nervös.“
„Mir geht es gut.“ Nadine wandte sich von den Damen ab, mit denen sie sich gerade unterhalten hatte, und kam mit freundlichem Lächeln auf sie zu. Julianne fühlte sich immer unwohler.
„Guten Abend, Miss Greystone. Sie sind heute Abend ganz eindeutig die schönste Frau im Saal.“
Julianne stutzte überrascht. Doch das Kompliment schien aufrichtig zu sein. „Haben Sie vielen Dank, aber das bezweifele ich sehr.
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