0434 - Der letzte Coup der Höllenbande
Allegan Burwell hatte ein Spitzmausgesicht und Hände wie ein Klavierspieler. Mit seinen viereinhalb Fuß konnte er keinen imponieren, und das wußte er auch. Daher hatte er sich zu einem lichtscheuen Nachtvogel entwickelt, der selten vor zehn Uhr abends die Höhle verließ. Tagsüber betrank er sich und pennte wie ein Nachtwächter.
Heute abend fühlte er sich mutiger als sonst. Ein Dauerregen hing über New York, der die meisten Menschen von der Straße verjagt hatte. Trübe brannten die Neonlampen Löcher in den nachtschwarzen Himmel. In einen dünnen schwarzen Mantel gehüllt, schlich Burwell an den Hauswänden der 25. Straße in Manhattan entlang.
Er hatte einen Schlagring in der rechten Tasche und einen kurzen Metallstreifen in der linken Tasche.
Burwell überquerte die Park Avenue und ging auf den Madison Square Park zu. Hier gab es eine Menge Lokale, die alles boten, was gut und teuer war. Bis elf Uhr abends fand er ein reichliches Arbeitsfeld auf den umliegenden Parkplätzen.
Seiner Strichliste nach hatte er hier das letzte Mal vor elf Wochen einen Wagen geknackt. Er konnte sich heute beruhigt ein lohnendes Ziel suchen. Durchnäßt bis auf die Haut, erreichte er den Rand des Parks.
Vor ihm standen ungefähr achtzig Wagen aller Preisklassen, deren Besitzer irgendwo bei Kaviar und gerösteten Mehlwürmern saßen.
Seine wieselflinken Augen schätzten die Entfernung bis zu dem Häuschen des Parkwächters ab. Es waren gut fünfzig Schritte bis dahin. Wenn der Mann nicht gerade in seine Richtung kam, konnte er ihn gar nicht sehen. Zumal Allegan Burwell nur knapp über das Dach ragte.
Er wartete in den Büschen, dann strich er witternd an der vordersten Wagenreihe entlang. Bei jeder Kühlerhaube legte er kurz den Handballen auf das Blech. Einige der Wagen standen offensichtlich länger da, der Motor war kalt. Aber der vorletzte konnte erst zehn Minuten hier stehen. Es war ein schwarzer Cadillac Sedan de Ville.
Gierig musterte er in dem schwachen Licht das Innere. Ein paar Handschuhe lagen auf dem Lenkrad. Daneben eine Zeitung, und auf dem Boden entdeckte er eine Tasche. Das war genau das, was Allegan Burwell suchte. Wer so einen Schlitten fuhr, hatte nicht nur Konfetti bei sich.
Zu seiner Überraschung handelte es sich bei dem Türschloß um eine Spezialanfertigung. Es widerstand seinem Dietrich. Als er vorsichtig die Fensterscheiben abklopfte, unterdrückte er einen leisen Pfiff. Panzerglas, das einer normalen Pistolenkugel standhielt. Er warf einen Blick auf das Nummernschild, doch es handelte sich nicht um einen Regierüngswagen, es handelte sich um eine ganz gewöhnliche Zulassung aus Trenton.
Burwell überlegte nicht lange, sondern kauerte sich an der hinteren Stoßstange nieder. Seine Habgier war jetzt erst recht geweckt. Tastend untersuchte er das Schloß des Kofferdeckels und führte nadi wenigen Sekunden seinen Spezialdietrich ein. Während er ihn leicht hin und her bewegte, drehte er an einem kleinen Rädchen, um die Einstellung der beweglichen Schneiden zu verändern. Es gehörte eine gute Portion Fingerspitzengefühl dazu und noch mehr Erfahrung. Beides hatte Burwell bis zur Perfektion entwickelt.
Das Schloß schnappte anstandslos auf. Bevor er den Deckel aufklappte, sicherte er noch kurz ab, konnte jedoch niemanden entdecken. In einer Sekunde war er in den geräumigen Kofferraum geschlüpft und hatte den Deckel wieder zugezogen. Er tastete die Umgebung ab, fand jedoch außer dem Reserverad und etwas Werkzeug nur noch eine leere Flasche.
Seine geringe Größe kam ihm jetzt zustatten. Bequem legte er sich an der Rückwand lang und tastete die Zuhalteschrauben ab. Er hatte mehr als einmal eine Trennwand zwischen Rücksitz und Kofferraum abgeschraubt und wußte, wo die Schrauben saßen.
Völlig im Finstern setzte er die Spitze seines Dietrichs an. Die Schrauben saßen zwar fest, waren aber nicht angerostet. Nach einem kräftigen Anrucken ließen sie sich mit den Fingerspitzen herausdrehen.
Der breite Deckel paßte flach auf den Boden. Burwell hatte jetzt noch zwei Flügelmuttern mit der Hand loszudrehen, dann konnte er die hintere Rückenlehne nach vorn umklappen. In der Nähe rangierte ein Wagen, und Allegan verhielt sich mucksmäuschenstill.
Als alles ruhig war, kroch er über die Polster. Seine Hände fanden sofort den Griff der Aktentasche. Er hob sie auf den Vordersitz. Die Tasche war prall gefüllt.
Er verließ den Wagen durch die Beifahrertür. Die Mühe abzusperren, machte er sich
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