Die heißen Kuesse der Revolution
barfuß zum Gitter. Sie spürte ihre Blasen nicht. „Wache!“, schrie sie. „Wache!“
„Darauf werden die nicht reagieren“, sagte Adams.
Aber sie achtete nicht darauf. Hoffnung hatte die Verzweiflung verdrängt. Sie musste nur Dominic benachrichtigen! „Wache! Wache!“
Aber es kam keine Antwort.
Julianne hatte Angst einzuschlafen und nicht mitzubekommen, wie die Wachen den Gefangenen das Essen brachten. Deshalb lag sie auf der Pritsche und hielt die Augen offen.
Irgendwann wurde es ruhig in diesem Kerker. Julianne hörte nur noch das Schnarchen der Männer und herumhuschende Ratten. Und irgendwann wurde es hinter dem kleinen vergitterten Fenster hell.
Die anderen Gefangenen regten sich und begannen, sich leise zu unterhalten. Sie hörte, wie jemand in einen Eimer urinierte und versuchte, es zu ignorieren.
Dann konnte sie Schritte und das Knirschen rostiger Räder hören.
Julianne setzte sich auf. Zwei Wachen schoben einen Karren mit Schüsseln vor sich her. Klappen in den Gittern wurden geöffnet und die Schüsseln an gierige Gefangene übergeben. Julianne merkte, dass die anderen Gefangenen mit den Fingern aßen. Ihr drehte sich der Magen um.
„Na, da haben wir ja unsere hübsche Verräterin“, sagte der Wachmann vor ihrer Zelle. „Komm schon, hol es dir, Schätzchen.“
Julianne stand auf. „Ich habe keinen Hunger. Aber ich brauche Ihre Hilfe.“
Er starrte sie lüstern an und lachte. „Lass mich raten. Du machst mich glücklich, wenn ich dich glücklich mache?“
Sie war so müde, dass sie zunächst nicht begriff, was er meinte. Dann bemerkte sie, wie er auf ihre Brüste starrte, und errötete. „Ich muss dem Earl of Bedford eine Nachricht zukommen lassen. Sie können mir doch sicher eine Feder und Papier bringen?“
Der Wachmann trat an das Gitter. „Aber klar doch, Eure Hoheit, ich werde Euch mit Freuden Diamanten bringen, wenn Ihr mich glücklich macht.“ Er zwinkerte ihr vieldeutig zu.
Julianne spürte, wie blass sie wurde. „Ich muss dem Earl eine Nachricht schicken. Sie werden eine hübsche Belohnung bekommen, wenn Sie mir helfen! Bitte!“ Bestimmt würde Dominic ihr unter die Arme greifen, um diesen Mann zu entlohnen. Und wenn nicht, würde sie einen anderen Weg finden, um genügend Geld aufzutreiben.
Er musterte sie höhnisch. „Als ob ein Bedford mit solch einem Gesindel wie dir zu tun haben würde. Aber wenn du mich heute Nacht hereinbittest, kriegst du schon Feder und Papier, Mylady .“ Er imitierte ihre vornehme Redeweise.
„Heute Nacht?“, japste sie. „Bis heute Nacht kann ich nicht warten. Ich muss Bedford eine Nachricht …“
Er schnitt ihr das Wort ab. „Willst du nun diesen Brei oder nicht?“
„Nein!“
Er zuckte die Achseln, ging rüber zur anderen Zelle und gab den Männern ihre Schüsseln.
Julianne stand völlig ungläubig da. Dann rüttelte sie an den Gitterstäben. „Wer ist hier verantwortlich? Verdammt noch mal! Bedford wird Ihnen den Kopf abreißen, wenn er erfährt, wie Sie mit mir reden und dass Sie sich weigern, mir zu helfen!“ Sie wurde immer wütender. „Wer ist hier verantwortlich? Wie heißen Sie?“
Der Wachmann drehte sich um und starrte sie grimmig an. „Der Wachtmeister ist für alle Gefangenen zuständig, Lady. Und ich weiß, dass Sie weder die Frau noch die Schwester eines Earls sind. Dem Earl of Bedford sind Sie vollkommen gleichgültig. Das ist doch bloß ein Trick!“
„Ich bin ihm nicht gleichgültig, ich bin seine Geliebte!“, schrie sie.
Ein Dutzend Männer starrten sie an, auch ihre Kameraden aus der Zelle gegenüber. Sie holte tief Luft. „Er macht sich große Sorgen um mich. Sie können mir jetzt helfen, oder Sie werden die Folgen Ihrer Gleichgültigkeit tragen müssen. Denn irgendwann wird er herausfinden, dass ich hier eingesperrt bin. Und dann werden Sie nicht derjenige sein wollen, auf den er seinen Zorn richtet.“
Der Wachmann schien verunsichert zu sein. Er wandte sich an seinen Kollegen, der sie mit großen Augen anstarrte. „Vielleicht solltest du doch den Wachtmeister holen. Ich mache das hier fertig.“
Julianne wäre vor Erleichterung beinahe in die Knie gesunken, doch sie wagte nicht, irgendeine Schwäche zu zeigen. Einer der beiden Wachen ging. Der andere schob den Karren weiter und verteilte die Schüsseln.
Nesbitt sagte leise: „Sie sollten etwas essen.“
Sie warf einen Blick auf das graue Zeug in seiner Schüssel. Bestimmt waren da alle möglichen Insekten drin. „Ihnen werde ich auch
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