Die heißen Kuesse der Revolution
wollte.
Selbstverständlich liebte er sie nicht.
Julianne biss sich zitternd auf die Lippen.
„Du siehst ja beinahe verängstigt aus. Guten Morgen.“ Sie zuckte zusammen, als sie Dominics amüsierte Stimme vernahm. Er sah sie zärtlich an. Er trug einen Morgenrock und Hausschuhe, die Robe war von einem exquisiten Grün, das sie an seine Augen erinnerte.
Sie würde nie vergessen, wie entschlossen er in dieses Gefängnis gegangen und wie überwältigt sie von seinem Anblick war. Sie hatte seine Hilfe verzweifelt benötigt, und er hatte sie ihr sofort gewährt.
Ich bin so schrecklich verliebt in ihn, dachte sie hilflos. Obwohl er doch ein vollkommen Fremder ist. Ich weiß nichts über ihn, außer dass er der Earl of Bedford ist und ein britischer Spion, der mich rücksichtslos hinterging, während ich ihn pflegte.
Sie durfte sich nicht gehen lassen. Sie konnte ihn unmöglich lieben und schon gar nicht konnte sie ihm trauen. „Guten Morgen“, flüsterte Julianne. Sie sah zu einem der Fenster. Helles Sonnenlicht drang herein. Vermutlich war es längst Mittag.
Dominic legte die Ablage mit Papier und Feder auf einen kleinen Rosenholztisch neben einem zauberhaften Blumenbukett. Als er sie wieder ansah, war das Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden. „Wie fühlst du dich?“
Julianne überlegte einen Augenblick. „Schwach und hungrig, aber deutlich besser.“
Er trat an ihr Bett. „Du bist sehr krank gewesen.“
„Aber du hast dich um mich gekümmert.“ Sie betrachtete ihn ungläubig. Warum hatte er das getan? Wollte er ihr nur vergelten, dass sie ihm das Leben gerettet hatte? Oder gab es andere Gründe?
Er erwiderte ihren Blick. „Ja, das habe ich. Ich habe mir sehr große Sorgen um dich gemacht.“
„Aber du hast doch bestimmt ein Dutzend Diener, die mich versorgen könnten.“
„Ein ganzes Dutzend habe ich nicht gerade“, erwiderte er nun wieder ernst, „und, offen gesagt, hatte ich auch ein bisschen Hilfe. Zwei unserer Hausmädchen waren so freundlich, mich zu unterstützen. Du hast fast die ganze Nacht gefiebert.“ Plötzlich beugte er sich vor und legte ihr seine Handfläche auf die Stirn. Seine Berührung wirkte außerordentlich besänftigend.
Würde eine Berührung von ihm sie immer so in Aufruhr versetzen? Schließlich war er alles andere als ihr revolutionärer Held. Er hatte sie mit so vielen Lügen hinters Licht geführt.
Er sah sie lange an, so als wüsste er, dass er ihr Blut zum Rasen brachte. „Das Fieber ist vor ein paar Stunden zurückgegangen.“ Er wurde sehr ernst. „Ich hoffe, du hast deine Lektion gelernt.“
Sie hielt seinem Blick stand. „Jawohl, ich werde mich nie wieder einsperren lassen.“
Er zog die elegant gestutzten Augenbrauen verärgert hoch. „Ich denke, wir werden uns bald ernsthaft unterhalten müssen.“
„Wieso? Was geht es dich an?“
Er starrte sie lange an. „Ich schätze, es geht mich aus vielerlei Gründen etwas an. Ich werde mich jetzt anziehen. Dein Frühstück werde ich dir gleich hinaufbringen lassen.“
Er sorgte sich um sie. Charles hatte es zwar nie gesagt, aber er hatte sich so verhalten, als würde er sie lieben, und sie hatte damals auch daran geglaubt. Nachdem sie ihn als Betrüger und Lügner enttarnt hatte, wusste sie nicht, was sie glauben sollte. Konnte sie es wagen, Dominic nun zu vertrauen?
Sie wollte es so gern.
Julianne schlang die Arme um ihre Knie und sah ihm nach. Ein Teil von ihr wünschte sich nichts lieber, als dass er umkehrte und sie in die Arme schloss. Ihre Vernunft aber drängte sie, sich von ihm fernzuhalten. So fern, wie es überhaupt nur ging.
Als er fort war, trat eine Magd mit einem Servierbrett in das Gemach. Lady Catherine folgte ihr. Die Dowager Countess war in prächtige rosa Seide gekleidet, die mit Gold besetzt war. „Wie ich sehe, sind Sie erwacht, Miss Greystone.“
Juliannes Herz pochte schwer. Sie zog die Decken hoch, als ob sie sich so vor Dominics Mutter schützen konnte. Deren Lächeln war noch immer unehrlich und falsch.
„Nancy, bitte stell das Tablett an den Rand des Bettes, damit Miss Greystone es erreichen kann“, ordnete sie an.
Julianne kam um vor Hunger, aber sie rührte das Frühstück nicht an. „Guten Morgen“, sagte sie vorsichtig.
„Mein Sohn hat sich große Sorgen um Sie gemacht, aber das dürfte Ihnen ja bekannt sein.“ Sie nickte zu der Bergère , in der Dominic eben noch gesessen hatte, und die Magd rückte sie näher ans Bett. Lady Catherine nahm Platz und sah
Weitere Kostenlose Bücher