Die heißen Kuesse der Revolution
passenden Rubinen geschmückt in die Halle schwebte. Auf ihrem Kopf trug sie eine mit Juwelen besetzte Perücke. „Du siehst sehr schneidig aus, aber ist Schwarz die passende Farbe?“ Sie zog zögernd die Augenbrauen nach oben. „Zum ersten Mal seit zwei Jahren wirst du deine Verlobte treffen. Ist das nicht ein fröhlicher Anlass?“
„Ich fürchte, Jean hat auf diesem Aufzug bestanden. Ich wollte nachsichtig sein.“
Sie tätschelte seine Wange. „Dann muss selbst ein Bedford natürlich alles so machen, wie Jean es will, denn als Kammerdiener ist er unersetzlich.“ Sie zögerte. „Diese Woche ist dir sicher lang geworden. Du musstest so lange darauf warten, dass d’Archand Nadine endlich in die Stadt bringt, damit ihr euch wiedersehen könnt.“ Sie musterte ihn fragend.
Er ergriff ihren Arm und schritt mit ihr an der Seite zum Ausgang. „Die zwei Jahre waren viel länger, selbst wenn man die Umstände wie Revolution und Krieg nicht berücksichtigt. Du weißt, was ich für Nadine empfinde. Aber nun ist mir doch etwas beklommen zumute.“
Die livrierten Portiers beeilten sich, ihnen das massive Haupttor zu öffnen. „Du kennst Nadine nun schon dein ganzes Leben lang. Sie liebt dich, und du liebst sie. Ich bin überzeugt davon, dass alle Fremdheit und alles Unbehagen verschwindet, sobald ihr euch wiederseht.“
Seine Mutter vergötterte Nadine. Sie würde ganz und gar nicht erfreut sein zu erfahren, dass eine Ehefrau nicht länger in sein Zukunftsbild passte. Er half seiner Mutter in die luxuriöse schwarze Kutsche.
„Da hast du sicher recht“, sagte er unverbindlich und nahm neben ihr Platz.
Catherine packte seinen Oberarm. „Dominic, es gibt etwas, das ich dir sagen muss.“ Sie wirkte bekümmert.
Furcht stieg in ihm auf.
„Nadine ist auch nicht mehr die, die sie einst war.“
Dominic zögerte an der Schwelle zum Salon der d’Archands. Nadine, die auf einem Sofa saß, erhob sich langsam.
Er spürte ein warmes Gefühl in sich emporsteigen. Dem Himmel sei Dank, dass sie noch am Leben war!
Nadine lächelte schüchtern.
Er lächelte zurück. Äußerlich hatte sie sich überhaupt nicht verändert. Sie war immer noch zierlich, mit dunklen Augen und einem olivfarbenen Teint. Sie trug keine Perücke, sondern hatte ihre schwere dunkle Haarpracht zu einem Zopf geflochten. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht, volle rosige Lippen und ebensolche schwarze Wimpern und eine perfekte schlanke Figur. Nadine war einfach umwerfend schön.
Als sie ihn sah, glitt ein zaghaftes Lächeln über ihr Gesicht. Ihm schien, als könne er für einen kurzen Moment Besorgnis, vielleicht gar eine dunkle Vorahnung in ihren Augen erkennen, die die seinen suchten.
„Dominic!“, schrien ihre beiden kleineren Schwestern gleichzeitig.
Er hatte Veronique und Angelina oder selbst den Comte d’Archand noch gar nicht bemerkt. Doch nun erblickte er auch die übrige Familie. Catherine und der Butler traten einen Schritt beiseite, als die beiden Mädchen ganz unzeremoniell auf Dominic zusprangen.
„Wieso bist du so lange fortgeblieben?“, schrie eins der Mädchen auf Französisch.
„Wir haben dich genauso vermisst wie Nadine“, rief die andere auf Englisch.
Veronique war zwölf, Angelina dreizehn Jahre alt, aber sie wirkten wie Zwillinge. Sie kamen eher nach d’Archands verstorbener Frau. Sie waren dunkelblond und mit Augen wie Bernstein. „Ich habe euch alle auch vermisst“, sagte er und gab beiden einen Kuss auf die Wange. „Aber für einen Augenblick dachte ich beinahe, ich würde von amerikanischen Wilden bestürmt!“ Endlich sah er Nadine wieder an.
„Ihr beiden habt wohl eure Manieren vergessen“, sagte Nadine zu ihren Schwestern, doch sie ließ ihn keine Sekunde aus den Augen. „Hallo, Dominic.“
Sie war schon immer eine der anmutigsten und graziösesten Frauen gewesen, denen er je begegnet war. Ihre Haltung hatte etwas Geheimnisvolles, Erhabenes an sich und dennoch lud jede ihrer Gesten jedermann in ihrer Umgebung dazu ein, sich ihr zu nähern. Nadine wäre die perfekte Countess.
Dominic spürte sofort, dass ihre angeborene Grazie zwar verblieben, sie selbst jedoch innerlich von Traurigkeit erfüllt war. Das Funkeln in ihren Augen war erloschen. Er ging zu ihr und ergriff ihre Hände. „Wie geht es dir?“
Sie zögerte. „Mir geht es gut.“ Dominic sah die Tränen, die ihre Augen füllten.
Er zögerte keine Sekunde. Er beugte sich vor, um sie auf beide Wangen zu küssen und schloss sie in seine
Weitere Kostenlose Bücher