Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)
tatsächlich einmal pro Quartal sehen, wenn wir das ganze Jahr über Kontakt haben wollen, aber das werden wir kaum schaffen. Einmal in sechs Monaten ist wohl wahrscheinlicher. Zumindest haben wir für 1925 einen guten Anfang gefunden ... Und weißt Du, Ben, ich bin dankbar für das Willkommen und all die Gastfreundschaft, für alles, was Du für mich tust und für mich bist. Gott segne Dich.
Norman kam Mitte Januar nach London zurück und bemerkte, dass sich Widerstand gegen eine rasche Rückkehr zum Goldstandard formierte. Sogar einige seiner engsten Verbündeten in der Bank begannen sich über den Druck aus Amerika zu ärgern und fürchteten, Großbritannien könnte sich zu viel Geld mit ungewissem Ergebnis leihen.
Der redegewandteste Kritiker einer Rückkehr zum Goldstandard war weiterhin Maynard Keynes, der den Verantwortlichen in der Threadneedle Street vorwarf, zu handeln wie »ein Ludwig XIV. der monetären Revolution« und »die Probleme der Welt nach dem Krieg mit unveränderten Ansichten und Ideen aus der Vorkriegszeit anzupacken.« Aber seine eigenen Vorschläge für eine gemanagte Währung, die er im Traktat beschrieben hatte, waren größtenteils ignoriert oder diskreditiert worden. Da er erkannte, dass niemand seine Idee vom gemanagten Geld ernst nahm, vollzog er einen taktischen Rückzug und begann stattdessen darauf zu drängen, dass man eine Rückkehr zum Goldstandard so lange verschob, bis sich die Diskrepanz zwischen den britischen und den amerikanischen Kosten verringert hätte.
Sein Hauptargument lautete, dass bei den derzeitigen Vereinbarungen und angesichts der dominanten amerikanischen Goldreserven eine Bindung des Pfunds an das Gold in Wirklichkeit bedeutete, es an den Dollar und die britische Wirtschaft an die amerikanische zu binden – und indirekt an die Wall Street. Er gab sich keine Mühe, die Abneigung zu verbergen, die er – und ganz Bloomsbury mit ihm – gegen das hegte, was er für den krassen Materialismus der USA hielt oder gegen die Aussicht, dass die wirtschaftliche Zukunft Großbritanniens von den Bedürfnissen der USA bestimmt werden könnte, die in ihrer eigenen Isolation gefangen waren. »Wir sollen riskieren, die Kreditvergabe … an unsere Industrien einschränken zu müssen«, schrieb er in einem Artikel, »nur weil ein Investmentboom an der Wall Street zu weit gegangen ist, oder weil sich plötzlich die Einstellung der Amerikaner zu ausländischen Anleihen ändert oder weil sich die Banken im Mittleren Westen an ihre Farmer gebunden haben oder wegen der schrecklichen Tatsache, dass jeder Amerikaner zehn Autos besitzt und in jedem Zimmer jedes Hauses ein Radio steht.«
In einem Artikel nach dem anderen ging er immer wieder auf das gleiche Thema ein – dass Großbritannien, das an langsamem Wachstum, erschöpften Finanzen und »einer fehlerhaften ökonomischen Struktur« litt, einfach zu schwach war, um sich an die USA zu binden, die »in einem riesigen und unaufhörlichen Crescendo« zu leben schienen. Die USA konnten angesichts ihrer Stärke und Dynamik »in den kommenden Jahren industrielle und finanzielle Stürme erleiden, die ihnen kaum etwas ausmachen würden. Wenn England aber den gleichen Stürmen ausgesetzt ist, könnte es fast untergehen.« Allerdings schenkten nur wenige Leute derart düsteren Prognosen nennenswerte Aufmerksamkeit.
Wesentlich bedeutsamer als Keynes’ Polemik war der Widerstand von Lord Beaverbrook. Dieser koboldhafte Mann mit einer überlebensgroßen Persönlichkeit war damals der dominanteste und erfolgreichste Zeitungseigentümer in England. Er war schottisch-kanadischer Herkunft, der Sohn eines Ministers, obwohl man das nicht vermutet hätte, und schon mit 31 Jahren, als er 1910 nach England zog, vielfacher Selfmade-Millionär. Da er in der Macht der Presse seinen Weg nach oben sah, kaufte er den Daily Express , eine kleine, verlustbringende Zeitung mit einer Auflage von etwa 200 000 Exemplaren. Er gab dem Publikum, was es haben wollte – eine forsche und einfach geschriebene Zeitung voller Klatsch, Sport, Frauenthemen und Artikel über Spiritismus und andere gesellschaftliche Trends – und so brachte er es mit fast 1,5 Millionen Abonnenten auf die höchste Auflage im Land. Beaverbrook war ein Außenseiter in Großbritannien, und ebenso wie seine Zeitung, die sich an alle gesellschaftlichen Schichten wandte, wies er über das britische Klassensystem hinaus. Aber als Kanadier hatte er sich ein gewisses Misstrauen gegenüber den
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