Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
Vom Netzwerk:
könnte er »von Ignoranten, Glücksspielern und den altmodischen Industriellen« beschimpft werden. Sollte er sich jedoch dagegen entscheiden, würde er »von den Wissenden und von der Nachwelt beschimpft.«
    Aber Churchill hatte eine zu schwierige politische Karriere hinter sich, um sich so leicht von Schlagworten einschüchtern zu lassen. In den nächsten Tagen konzentrierte er sich auf das wichtigste gesellschaftliche und politische Thema: Dass eine Rückkehr zum Goldstandard trotz aller Vorteile diejenigen teuer zu stehen kommen würde, die ihre Arbeit verlieren würden in den britischen Industrien, die aufgrund zu hoher Preise auf den Weltmärkten nicht mehr konkurrenzfähig wären. »Der Präsident der Bank of England zeigt sich völlig zufrieden mit der Situation, dass Großbritannien die weltweit höchste Kreditwürdigkeit und gleichzeitig 1,25 Millionen Arbeitslose aufweist«, knurrte er gegenüber seinen Beratern.
    Norman hatte niemals besonders an die Vorteile einer Analyse der Wirtschaftspolitik geglaubt – bekanntermaßen instruierte er später den Chefökonomen der Bank of England: »Sie sind nicht hier, um uns zu sagen, was wir tun sollen, sondern um uns zu erklären, warum wir es getan haben« – und nun empfand er die in die Länge gezogene Debatte als ärgerlich. Er fühlte sich »so müde und erschöpft«, dass er sich »acht Tage lang ins Bett legen müsste« und wählte diesen entscheidenden Zeitpunkt für einen zweiwöchigen Urlaub in Südfrankreich. Manchmal frustrierte sein Verhalten selbst seine engsten Freunde. Teddy Grenfell schrieb: »Norman arbeitet seine Pläne allein aus und zieht niemanden ins Vertrauen, bis er es tun muss, um gegen Widerstände zu kämpfen … Monty arbeitet auf seine eigene seltsame Weise. Er ist meisterhaft und sehr verschlossen.«
    Derweil hatte Churchill, bei dem man sich, wenn überhaupt, allenfalls darauf verlassen konnte, dass er zu hastig agierte, Probleme, zu einer Entscheidung zu kommen. Beide Seiten in dieser Debatte hatten eine verblüffende Menge von Daten und Argumenten vorgebracht. »Keiner von den Hexenmeistern kann von einem Auge zum anderen sehen, und Winston kann von einem Tag auf den anderen nicht zu einer Entscheidung kommen«, schrieb Otto Niemeyer, sein wichtigster Berater. Die Ratschläge, die er im Ministerium und von der Bank of England erhielt, zielten jedoch sämtlich in eine Richtung. Ihm musste klar sein, dass Widerstand gegen die Rückkehr zum Goldstandard ihn in direkte Konfrontation zu Norman bringen würde, dessen enge Freundschaft zu Stanley Baldwin kein Geheimnis war. Norman kam am Abend oft zu einem ruhigen Gespräch in die Downing Street Nr. 10 und war ein regelmäßiger Besucher in Chequers, der neuen offiziellen Residenz des Premierministers auf dem Land. Für den Moment hatte sich Baldwin aus der Golddebatte herausgehalten, aber Churchill befürchtete, Norman könnte ihn umgehen und sich direkt an den Premierminister wenden, was er weder wollte noch akzeptieren konnte. Dennoch hatte die Kritik von Beaverbrook und Keynes eine gewisse beunruhigende Wirkung.
    Am 17. März beschloss Churchill schließlich, eine Art Braintrust einzuberufen. Seine Frau Clementine hielt sich in Südfrankreich auf, und weil er spät nachts bei Portwein, Brandy und Zigarren am besten denken konnte, organisierte er ein intimes Dinner in seinem offiziellen Wohnsitz Downing Street Nr. 11. Norman, der gerade von der Riviera zurückgekommen war, wurde nicht eingeladen. Man wusste, dass er solche Debatten nicht mochte und nur schweigend und frostig am Tisch gesessen hätte. Als Vertreter der Orthodoxie lud Churchill seine beiden wichtigsten Berater aus dem Finanzministerium ein, Otto Niemeyer und John Bradbury, die beide im Lager Normans gut etabliert waren. Als Gegner des Goldstandards kamen Reginald McKenna, selbst ehemaliger liberaler Finanzminister und jetzt Präsident der Midland Bank sowie Maynard Keynes.
    Das Essen begann um 20.30 Uhr. Die kleine Gruppe am Tisch im intimen, eichengetäfelten Esszimmer im ersten Stock von Downing Street Nr. 11 bestand aus alten Bekannten; es bestanden zwischen den einzelnen langjährige Beziehungen. Als Keynes im Krieg als junger Beamter im Finanzministerium arbeitete, war McKenna Finanzminister in der ersten Koalitionsregierung, mit Bradbury als seinem ständigen Assistenten. Der 42-jährige Niemeyer war Kontrolleur des Schatzamtes, somit zweithöchster Beamter und der wichtigste Berater des Ministers auf dem

Weitere Kostenlose Bücher