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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Regierung wurde durch ein Misstrauensvotum gestürzt – nach einer Debatte im Senat, die sogar nach den Maßstäben der hasserfüllten politischen Auseinandersetzungen im damaligen Frankreich ungewöhnlich bitter verlief.
    Das Drama füllte die Schlagzeilen zu einem besonders sensiblen Zeitpunkt. Frankreich begann allmählich, Ordnung in seine Finanzen zu bekommen. Der Wiederaufbau der vom Krieg verwüsteten Départements im Nordosten Frankreichs hatte insgesamt vier Milliarden Dollar gekostet. Nun war er aber größtenteils abgeschlossen, und das Haushaltsdefizit war von umgerechnet einer Milliarde Dollar, was über zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entsprach, auf unter 50 Millionen Dollar oder 0,5 Prozent des BIP gesunken. Nach dem Dawes-Plan konnte das Land auch sehr viel realistischer budgetieren, wie viel man wirklich hoffen konnte, an Reparationszahlungen zu erhalten. Und seit dem Krieg hatte die Banque de France die Geldmenge stark beschränkt, die sich die Regierung von ihr borgen konnte. Die 1920 festgesetzte Währungsobergrenze von 41 Milliarden Francs, ein machtvolles Symbol für die Unabhängigkeit der Banque, war vier volle Jahre lang peinlich genau befolgt worden.
    Aber die Finanzen Frankreichs bewegten sich noch immer auf Messers Schneide. Ein großer Teil der öffentlichen Verschuldung war kurzfristiger Natur, was ihre Refinanzierung zu einer alljährlichen Zerreißprobe für den Franc machte, weil die französischen Sparer die Zahlungsfähigkeit ihrer Regierung einer quälenden Neueinschätzung unterzogen. Die Tatsache, dass von allen Institutionen ausgerechnet die Banque de France in Ungnade gefallen und in diesen peinlichen Skandal verwickelt war – wenn auch in einen, von dem keine Einzelperson finanziell profitiert zu haben schien –, löste eine gewisse Vertrauenskrise unter den französischen Investoren aus.
    Während eines großen Teils des 19. Jahrhunderts war die Banque de France die mit Abstand konservativste Finanzinstitution in ganz Europa gewesen, wesentlich vorsichtiger als zum Beispiel die Bank of England. Obwohl sie im Gegensatz zur englischen Zentralbank nicht gesetzlich dazu verpflichtet war, eine Mindestmenge Gold zu halten, hatte sie die Praxis angenommen, ungewöhnlich große Goldreserven zur Deckung ihrer Banknoten anzusammeln. 1914 besaß sie die größten Goldreserven Europas, insgesamt mehr als eine Milliarde Dollar. Bei einigen Gelegenheiten war sie sogar gebeten worden, der Bank of England zu helfen – zum Beispiel während der Krisen von 1825 und 1837, 1890, als Baring Brothers wegen Kreditausfällen in Südamerika vor dem Bankrott stand und schließlich während der Panik von 1907. Im Prinzip war die Banque so etwas wie der Schutz der Bank of England.
    Während die Bank of England eine solide, großbürgerliche Organisation war, egalitär in der Hinsicht, dass unter den Mitgliedern eines exklusiven Männerclubs Demokratie herrscht, war die Banque de France schon seit ihrer Gründung ein aristokratischer Ort, auch wenn die Aristokratie erst wenige Jahre alt war. Zu den ersten Präsidenten gehörten Graf Jaubert, Graf de Gaudin, Fürst de Gaete, Graf Apollinaire d’Argout und Baron Davillier. Sogar nach 1875, als die Republik zum dritten und letzten Mal ins Leben gerufen wurde und die französische Aristokratie aus dem politischen Leben verschwand, blieb die Banque de France ein Hafen des Adels.
    Die Banque selbst blieb eine private Institution im Eigentum von Aktionären. Obwohl der Präsident und sein Stellvertreter nun meist aus dem hohen Beamtentum stammten, waren sie immer noch dem zwölfköpfigen Rat der Eigentümer oder »Regenten« verantwortlich. Außerdem war der Präsident, obwohl er von der Regierung ernannt wurde, dazu verpflichtet, 100 Aktien zu halten, die in den 1920er-Jahren umgerechnet 100 000 Dollar kosteten. Da nur wenige Regierungsbeamte, selbst die allerhöchsten, so viel frei verfügbares Kapital besaßen, wurde ihnen der Kaufpreis von den Regenten geliehen, was den durchschnittlichen Präsidenten in hohem Maß zu deren Erfüllungsgehilfen machte.
    1811 zog die Banque in das wunderbar extravagante Hôtel de la Vrillière, gleich nördlich des Louvre in der Nähe des Palais Royal. Früher war es der Stadtpalast des Grafen von Toulouse gewesen, eines unehelichen Sohns Ludwigs XIV. und Madame de Maintenons. Jedes Jahr am letzten Donnerstag im Januar um 12.30 Uhr traf sich dort die Spitze der französischen Gesellschaft zur jährlichen

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