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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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man am Börsenportal eine Bekanntmachung an, dass die Börse bis auf Weiteres geschlossen sei, zum ersten Mal seit ihrer Gründung 1773.
    Die Banken in der ganzen Londoner City begannen sich nun zu weigern, an ihre Kunden Goldmünzen auszugeben. Bald bildete sich eine lange Menschenschlange vor der Bank of England in der Threadneedle Street, der einzigen Bank, die per Gesetz dazu verpflichtet war, Fünf-Pfund-Noten in Goldmünzen umzutauschen. Es gab keine Panik, nur eine Atmosphäre »akuter Angst«.
    Während man den Menschen, viele davon Frauen, die »nervös dastanden und ihre Banknoten befingerten« Einlass in den Innenhof gewährte, versammelte sich eine noch größere Menge verwunderter Zuschauer gegenüber auf den Stufen der Royal Exchange. Die Times berichtete: »Obwohl viele Hundert Menschen, ein großer Teil davon Ausländer, im Laufe des Tages in der Schlange gestanden haben mussten, gab es keinerlei Unordnung.« Dies stand in scharfem Gegensatz zu den Berichten über Panik, die aus den Städten Kontinentaleuropas kamen. Dies könne man, so fügte die Times hochnäsig hinzu, auf den »traditionell phlegmatischen und ruhigen« Charakter der Engländer zurückführen. Am nächsten Tag war die Menschenmenge vor der Bank sogar noch größer, aber noch immer gab es keine Anzeichen wirklicher Panik. Nur für den Fall der Fälle hatte man die Türsteher der Bank in ihren unverwechselbaren lachsrosa Jacketts, roten Westen und Zylinderhüten als Hilfspolizisten vereidigt, mit dem Recht, Verhaftungen vorzunehmen.
    Es gab vielleicht keine Unruhen auf den Straßen, aber in den Vorstandszimmern der großen Handelsbanken machte sich Furcht breit. In den sechs Monaten zuvor hatten sie mit der Bank of England eine schreckliche Kontroverse darüber ausgefochten, welche Goldreserven bei ihnen selbst und bei der Zentralbank im Fall exakt solch einer Krise angemessen seien, wie sie nun eingetreten war. Im Februar zirkulierte in Bankierskreisen ein Memorandum, in dem es warnend hieß, dass »im Fall eines Kriegsausbruchs ausländische Nationen die Macht hätten – und sie auch rücksichtslos ausnutzen würden –, ernsthafte finanzielle Turbulenzen zu verursachen, indem sie Gold verlangen.« Jetzt, da große Teile der Londoner City vor dem Untergang standen, hatten die Handelsbankiers in Panik damit begonnen, Gold von ihren Konten bei der Bank of England abzuziehen. Deren Goldreserven fielen zwischen Mittwoch, dem 29. Juli und Samstag, dem 1. August, von 130 Millionen auf weniger als 50 Millionen Dollar. Dann gab die Bank of England bekannt, dass sie ihre Zinsen auf nie da gewesene zehn Prozent erhöht hatte, um Bareinlagen anzuziehen und ihre rapide sinkenden Goldreserven zu bewahren.
    Derweil eskalierte die Krise auf dem Kontinent immer mehr. Deutschland antwortete auf die russische Mobilisierung am Freitag, dem 31. Juli, mit der eigenen Generalmobilmachung und stellte Frankreich ein Ultimatum. Frankreich sollte seine Neutralität erklären und die Festungen Toul und Verdun übergeben, um seinen guten Willen zu beweisen. Am nächsten Tag erklärte Deutschland Russland den Krieg, und auch in Frankreich wurde eine Generalmobilmachung angeordnet. Am Sonntag war klar, dass sich Frankreich, verpflichtet durch sein Bündnis mit Russland, in wenigen Stunden ebenfalls im Krieg gegen Deutschland befinden würde. An diesem Wochenende telegrafierte Norman seinen amerikanischen Partnern bei Brown Brothers in New York: »Aussichten in Europa sehr düster.«
    Im Lauf des Wochenendes gab es in Großbritannien eine entscheidende Stimmungsverschiebung zugunsten des Krieges. Es war das Bankfeiertagswochenende im August. Tausende von Menschen, die zu aufgeregt waren, um daheim zu bleiben und vom Sonnenschein nach draußen gelockt wurden, verstopften das Zentrum Londons vom Trafalgar Square über Whitehall bis zum Buckingham Palace, blockierten jeden Auto- und Busverkehr, jubelten, sangen patriotische Lieder – die »Marseillaise« ebenso wie »God save the King« – und forderten lautstark Aktionen.
    Am Montag wäre die City wegen des Bankfeiertags normalerweise völlig verlassen gewesen. Stattdessen traf sich Norman mit 150 anderen Bankiers in der Bank of England. Es war ein stürmisches Treffen. Finanzminister Lloyd George bemerkte später dazu: »Ängstliche Finanziers geben kein heldenhaftes Bild ab.« Viele der Teilnehmer wussten nicht, ob sie alles, was sie besaßen, verloren hatten oder nicht. Es wurde mit lauter Stimmer gesprochen,

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