Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
Vom Netzwerk:
Beurteilungen, und in solchen Fällen sei eine allzu unabhängige Zentralbank ein Ärgernis.
    Daher wurde von Havenstein so etwas wie ein Volksheld, obwohl die deutsche Geldmenge im Krieg enorm anstieg: Die Preise stiegen auf mehr als das Vierfache, und die Inflationsrate lag bei über 40 Prozent jährlich. Er wurde mit Ehrungen und Auszeichnungen überschüttet, war in der Bevölkerung enorm populär, und der Kaiser gab ihm sogar den liebevollen Spitznamen »der Geldmarschall.«
    Obwohl er glaubte, dass der Krieg ein Fehler war, stürzte sich Hjalmar Schacht mit der gleichen Energie in den Krieg wie die meisten Bürger des kaiserlichen Deutschlands. Er war stark kurzsichtig und daher vom Militärdienst befreit. Weil er wie jeder andere vom Sieg Deutschlands überzeugt war, entwickelte er schon drei Wochen nach Kriegsbeginn einen Plan, wie man Reparationen aus Frankreich abziehen könnte. Dass Schacht mit Kriegskosten von zehn Milliarden Dollar rechnete, war ein Zeichen, wie sehr sich damals sogar die klügsten Beobachter verschätzten. Obwohl zehn Milliarden Dollar dem Zehnfachen dessen entsprachen, was Frankreich 1870 nach dem Krieg gegen Preußen gezahlt hatte, sollten sie letztlich doch nur ein Fünftel des gesamten deutschen Kriegsbudgets darstellen.
    Im Oktober 1914 kam es an der Westfront zum Stillstand. Man bot Schacht einen Posten in der Bankkommission an, die sich um die Finanzen des besetzten Belgiens kümmerte, das unter militärischer Verwaltung stand. Er stellte schnell fest, dass er vom Temperament her schlecht zur Armee passte. Er fand die rigide Hierarchie, die militärische Engstirnigkeit und das Selbstbewusstsein in der Gesellschaftsklasse der Berufsoffiziere bedrückend.
    Er scheint auch ein ungewöhnliches Talent besessen zu haben, sich Feinde zu machen. Schon nach kurzer Zeit verscherzte er es sich gründlich mit seinem Vorgesetzten Major Karl von Lumm, dem Leiter der Bankkommission, der im zivilen Leben Mitglied des Direktoriums der Reichsbank war. Schacht, der immer sehr empfindlich reagierte, wenn es um Statusfragen ging, bat um Aufnahme in den Offiziersclub, der damals im Casino von Brüssel untergebracht war. Von Lumm, ein alter Junggeselle, der vor dem Krieg der bayerischen Reserve angehört hatte und auf seine militärische Qualifikation und auf die Uniform sehr stolz war, verweigerte ihm diesen Wunsch und nannte als Grund Schachts Status als Zivilist. Katastrophalerweise wandte sich Schacht über den Kopf des Majors hinweg an General vor der Goltz, den Generalgouverneur des besetzten Belgiens, den er schon vor dem Krieg gekannt hatte. Er erhielt problemlos die Aufnahme in den Club, aber der Preis dafür war von Lumms dauerhafte Feindschaft.
    Als Teil seiner Pflichten organisierte Schacht ein System, mit dem die deutsche Armee, statt ihre benötigten Güter einfach einzufordern, für Requirierungen mit einer speziellen Besatzungswährung bezahlte, mit »belgischen« Francs, die, so sah es der Plan vor, die Deutschen zu einem äußerst günstigen Wechselkurs kaufen konnten.
    Die Nachfrage nach belgischen Francs war extrem hoch, und im Februar erlaubte Schacht der Dresdner Bank, seinem Arbeitgeber im Zivilleben, eine große Menge davon zu erwerben. Von Lumm beschuldigte ihn sofort, gegen die ethischen Vorschriften für Beamte verstoßen zu haben und brachte Schacht vor einen Untersuchungsausschuss. Dieser kam zu dem Urteil, Schacht habe zwar nichts Illegales oder Unethisches getan, jedoch versucht, seine Beteiligung an der Sache zu vertuschen und beinahe einen Meineid geschworen, indem er »unaufrichtige Antworten auf die ihm gestellten Fragen gab, und wenn auf diese Unaufrichtigkeit hingewiesen wurde … versuchte er sich mit weit hergeholten Erklärungen für seine Aussagen zu rechtfertigen.« Die Angelegenheit ging bis zum Staatssekretär des Innenministeriums. Schacht wurde offiziell verwarnt und trat lieber aus der Bankkommission zurück, als seine Entlassung zu riskieren.
    Zweifellos hatte von Lumm aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Aber sogar Schacht musste Jahre später im privaten Kreis zugeben, dass er während der Befragung zwar nicht gelogen, aber tatsächlich sehr ausweichend geantwortet hatte. Dieser mysteriöse Vorfall schadete viele Jahre lang seinem Ansehen. Es gab Gerüchte, er habe große Geldsummen veruntreut oder persönlich davon profitiert, dass er Zugang zu Staatsgeheimnissen hatte.
    Nach dem Kriegseinsatz, der kaum neun Monate gedauert hatte, nahm Schacht

Weitere Kostenlose Bücher