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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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seine Bankkarriere wieder auf. Erneut schadete ihm sein maßloser Ehrgeiz. Zurück bei der Dresdner Bank drang er zu sehr auf seine Beförderung. Sie wurde abgelehnt, und Schacht hatte keine andere Wahl, als die Bank zu verlassen. Er wurde dann Direktor der Nationalbank, einer hoch angesehenen, wenn auch verschlafenen und zweitrangigen Bank mit Sitz in Berlin.
    Wie für so viele Deutsche war der Krieg auch für die Familie Schacht eine sehr schwere Zeit. Schacht verlor zwei seiner Brüder – Oluf starb an einer Krankheit und William, der jüngste, fiel während der Schlacht an der Somme. Es gab wenig zu essen – die Schachts mussten ihr eigenes Gemüse anbauen und kauften eine Ziege, die sie zu melken lernten. Die Zeiten waren hart.
    Eine Spähtour
    Für die USA brachte der Krieg einen Geldregen. Die europäische Nachfrage nach amerikanischen Rohstoffen und Gütern stieg sprunghaft an, was einen enormen Boom auslöste. Obwohl diese Käufe zum Teil dadurch finanziert wurden, dass sich Großbritannien und Frankreich etwa zwei Milliarden Dollar pro Jahr in den USA liehen, führte der Nettoeffekt zu einem enormen Goldzufluss nach Amerika, dessen Goldreserven von weniger als zwei Milliarden auf vier Milliarden Dollar anstiegen. Wegen des Goldstandards führte dies zu einer ungewöhnlichen Kreditausweitung, und die Geldmenge in den USA verdoppelte sich.
    In diesen ersten Jahren seiner Existenz war das Federal Reserve System überfordert. Die Bank versuchte, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Sie hatte keine Erfahrung als Institution in monetären Angelegenheiten, und weil sie das Produkt zahlreicher politischer Kompromisse war, steckten ihre Statuten voller Widersprüche. Benjamin Strong, Gouverneur der Federal Reserve Bank of New York, nutzte die Unsicherheit darüber, wer das Sagen hatte, ohne zu zögern. Während die New York Fed, wie man sie bald nannte, auf dem Papier nur eine von zwölf regionalen Reservebanken war und unter der Aufsicht des Federal Reserve Board in Washington stand, das hauptsächlich aus Politikern bestand, war sie bei Weitem die größte Reservebank. Strong war kein Mann, der auf Befehle wartete und machte sich selbst zum Piloten des gesamten Systems. Dank seiner Beziehungen zu New Yorker Bankiers, seines Hintergrunds als einer der Architekten des Systems und vor allem seiner Persönlichkeit dominierte er schließlich die Diskussionen über Geld- und Finanzpolitik.
    Als sich in den verschiedenen Banken der Federal Reserve immer mehr Gold ansammelte, hatte Strong zwei große Befürchtungen. Die eine war, dass dieses Geld am Ende des Krieges wieder nach Europa fließen und das Bankensystem der USA dadurch radikal destabilisieren könnte. Die andere war, dass das Gold in den USA bleiben, womöglich einen Mangel an Goldreserven in Europa auslösen und zu einer noch höheren Inflation in den USA führen könnte. Er erkannte, dass die Fed in keinem Fall in der Lage sein würde, alle diese Turbulenzen allein zu lösen. Sie musste ihre Reaktionen mit den europäischen Zentralbanken abstimmen. Daher beschloss er im Februar 1916, eine »Spähtour« nach Europa zu unternehmen.
    Bei seiner Ankunft stand gerade das blutigste Jahr des Kriegs bevor, der nun schon 18 Monate dauerte. Die tatsächlichen Kämpfe in Westeuropa beschränkten sich auf einen engen Korridor durch Belgien und den Osten Frankreichs. In London und Paris war das Leben zwar karg, aber nicht besonders gefährlich. Da im Jahr zuvor die Lusitania mit Torpedos angegriffen wurde und vor der irischen Küste sank, wobei 1 200 Menschen ertranken, 124 davon Amerikaner, hatte das Außenministerium die US-Bürger davor gewarnt, nach Europa zu reisen.
    Strong begab sich zunächst nach Paris, um seine Kollegen von der Banque de France zu treffen, und anschließend nach London. Bei seinem Besuch der Bank of England begegnete er Norman zum ersten Mal. Da sie aus der gleichen Generation stammten, entstand sofort eine Freundschaft. Im Gegensatz zu seinen Kollegen in der City mochte und bewunderte Norman die Amerikaner. Er hatte zwei Jahre lang in den USA gelebt. Eines Tages lud er Strong zu einem ruhigen Abendessen nach Thorpe Lodge ein. Obwohl Strong Gouverneur der New York Fed und Norman nur Berater des stellvertretenden Zentralbankpräsidenten war, begann Strong nach seiner Rückkehr in die USA im April eine Korrespondenz mit Norman. Anfangs war dies für beide nur eine Möglichkeit, Informationen und Ansichten über die Einzelheiten der Kreditpolitik

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