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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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übernehmen, wie er selbst einer war. Sein größtes Zugeständnis war, dass er nach einem angemessen Zeitraum von einigen Monaten zurücktreten würde, um »seine Ehre zu wahren«.
    Stresemann hatte von Havenstein am Hals, und deshalb hatte er ihn einfach übergangen, als er die unabhängige Währungskommission außerhalb der Reichsbank schuf. Als die neue Währung am 15. November 1923 eingeführt wurde, befand sich Deutschland deshalb in der seltsamen Situation, zwei offizielle Währungen zu haben – die alte Reichsmark und die neue Rentenmark –, die nebeneinander im Umlauf waren und von zwei einzigartig parallelen Zentralbanken herausgegeben wurden. An einem Ende der Stadt war Schacht, der von seiner umgebauten Besenkammer aus operierte, am anderen Ende saß von Havenstein eingesperrt, zunehmend isoliert und irrelevant im imposanten roten Sandsteingebäude der Reichsbank in der Jägerstraße. Obwohl die Reichsbank nun kein Geld mehr an die Regierung lieferte, liefen ihre Druckerpressen weiter und produzierten Unmengen von Reichsmark für den privaten Sektor.
    Weder Schacht noch von Havenstein unternahmen den geringsten Versuch, miteinander zu kommunizieren. Der Kontrast zwischen den beiden hätte nicht größer sein können. Von Havenstein war ein echter Gentleman der alten Schule, freundlich, höflich, aber völlig überfordert. Schacht war ein arroganter Emporkömmling, der absolut bereit war, sich mit dem Finanz-Establishment anzulegen und sich nicht darum kümmerte, wem er auf die Füße trat.
    Die ganze Rechtfertigung der neuen Währung war, eine stabile Alternative zur kollabierten Reichsmark zu schaffen. Eine Frage stellte sich sofort: Zu welchem Wechselkurs konnten die Menschen ihre Reichsmark in Rentenmark tauschen? Am 12. November stand die Reichsmark bei 630 Milliarden zum Dollar. Manche meinten, der Umtauschkurs sollte an diesem Punkt fixiert werde, aber Schacht beschloss zu warten. Der Schwarzmarktkurs fiel immer noch, und er wollte, dass sich die Verkäufe erschöpften, ehe er sich auf einen bestimmten Kurs festlegte. Jeden Tag stürzte die Reichsmark tiefer, und jeden Tag bestand er darauf, weiter zu warten. Am 14. November, als der Kurs der Reichsmark zum Dollar auf 1,3 Billionen fiel, tat er nichts. Einen Tag später stand der Kurs bei 2,5 Billionen, und er blieb weiter untätig. Am 20. November endlich, als der Kurs bei 4,2 Billionen zum Dollar stand – wenn man hier noch von stehen sprechen kann –, legte er einen Umtauschkurs von einer Billion Reichsmark für eine Rentenmark fest.
    Die Entscheidung zu warten, bis die alte Währung noch einmal um 80 Prozent gefallen war, erwies sich als taktisch brillanter Zug. Die Reichsmark wurde derart wertlos, dass die Regierung ihre vielen Billionen Verbindlichkeiten, die bei der Emission 30 Milliarden Dollar wert gewesen waren, für nur 190 Millionen Rentenmark zurückkaufen konnte, was etwa 45 Millionen Dollar entsprach. 22
    An den folgenden Tagen fielen die alte und die neue Mark auf dem Schwarzmarkt weiter. Am 26. November verlangte man in Köln elf Billionen Reichsmark für einen Dollar. Dann geschah etwas sehr Seltsames. Der Wechselkurs entwickelte sich in die andere Richtung Am 10. Dezember stand er wieder bei 4,2 Billionen Dollar. Innerhalb weniger Tage stabilisierten sich die Preise.
    Als die Preise derart irrsinnig stiegen, hatte der durchschnittliche Deutsche getan, was er konnte, um Geld, das er erhielt, so schnell wie möglich wieder loszuwerden. Nun drehte sich diese Spirale um. Als sich die Preise stabilisierten und dann zu sinken begannen, wurde es profitabel, Bargeld zu behalten. Bauern, deren Vertrauen in die Währung wiederhergestellt war, begannen ihre Produkte auf den Markt zu bringen. In den Geschäften gab es wieder Nahrungsmittel, und die unendlichen Menschenschlangen schmolzen hinweg. Lord d’Abernon, der britische Botschafter, schrieb von der »erstaunlichen Besänftigung und Erleichterung, hervorgerufen durch eine Berührung mit dem magischen Zauberstab der Währungsstabilität … Die wirtschaftliche Entspannung hat auch zu einer politischen Befriedung geführt. Man spricht nicht mehr über Diktaturen und Putsch, und selbst die extremen Parteien machen, zumindest für den Moment, keinen Ärger mehr.«
    Nicht alles davon war Schachts Verdienst. Stresemann und seine Kabinettskollegen stützten die Rentenmark mit einer Reihe von Haushaltsmaßnahmen. Sie stoppten alle Subventionszahlungen an die Arbeiter im Ruhrgebiet, sie

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