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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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er von einem großen quadratischen Mahagonitisch in der Mitte. Der Präsident benutzte keinen Schreibtisch, sondern arbeitete an diesem Tisch, auf dem nur zwei Telefone standen, aber kein Papier lag. Als sich die beiden Männer für den Rest des Tages dort niederließen, hätten sie auch im Studierzimmer des Rektors in einem historischen College in Oxford sitzen können.
    Nachdem sie einen großen Teil des Vormittags damit verbracht hatten, über die Situation in Deutschland zu diskutieren, kam Schacht auf sein wichtigstes Anliegen zu sprechen, das ihn nach London geführt hatte. Obwohl die Rentenmark im Moment stabil war, war sie für Ausländer noch nicht akzeptabel, und daher war sie keine Basis für Kredite, um Güter aus dem Ausland importieren zu können. Eine echte Erholung hing davon ab, ob der internationale Handel wieder in Schwung kam. Schacht schlug vor, die Bank of England solle einer neuen Tochterbehörde der Reichsbank eine gewisse Menge Kapital leihen, um deren Sterling-Reserven und Bestände zu erhöhen. Er bat nur um 25 Millionen Dollar, die gemeinsam mit weiteren 25 Millionen Dollar, die er aus dem Auslandskapital deutscher Banken zu gewinnen hoffte, ausreichen würden, um der neuen Tochterbehörde den Zugang zum Londoner Markt zu ermöglichen und den Kern eines Kreditvolumens von 200 Millionen Dollar zu bilden.
    Dieser Vorschlag war typisch für Schacht – angesichts der Umstände war er fast unerhört. Deutschland war im Prinzip pleite. Es hatte seine eigene Währung zerstört, schuldete den Alliierten über zwölf Milliarden Dollar an Reparationen – und hatte nicht pünktlich gezahlt  –, war zum Teil von französischen und belgischen Truppen besetzt und stand nun am Rand der Auflösung. Schacht selbst war seit kaum zwei Wochen im Amt, war gegen heftige Widerstände vor allem aus seiner eigenen Institution ernannt worden und musste dieser erst noch seinen Stempel aufdrücken. Für die Bank of England wäre es fast schon tollkühn gewesen, Deutschland und einer zutiefst gespaltenen Reichsbank unter den gegenwärtigen Umständen Geld zu leihen. Norman konnte nicht anders als von der Kühnheit seines neuen Bekannten beeindruckt zu sein. Beide Männer wussten, dass ein Kredit in diesem Moment von einer Institution mit der Autorität und dem Ansehen der Bank of England eine dramatische Geste der Unterstützung sowohl für Deutschland als auch für Schacht persönlich gewesen wäre. In der ganzen Bankenwelt gab es kein besseres Gütesiegel, eines, das aus eigener Kraft einen sich selbst verstärkenden Geldstrom zurück nach Deutschland auslösen konnte.
    Norman hatte im Lauf der Jahre versucht, eine Möglichkeit zu finden, Deutschland zu helfen. Er war darüber schockiert gewesen, in welchem Maß die deutsche Währung zusammenbrach. 1922 war von Havenstein zu ihm gekommen und hatte ihn um Hilfe gebeten. Obwohl er seinen Besucher als »ruhig, bescheiden, überzeugend und ein sehr anziehender Mann: aber so traurig … beinahe [mit] einer hoffnungslosen Haltung« eingeschätzt hatte, hatte er eine Teilnahme abgelehnt, weil er glaubte, der alte Präsident sei der Aufgabe nicht gewachsen.
    Ein Element in Schachts Plan war besonders dazu angetan, Norman zu gefallen: der Vorschlag, die neue Bank auf Basis des Pfunds Sterling zu errichten. Nicht nur ihr Kapital würde auf Sterling lauten, sie würde auch Kredite in Sterling vergeben und vielleicht Pfundnoten für den Geldumlauf in Deutschland herausgeben. Norman hatte daran gearbeitet, das Pfund zu stärken, indem er andere europäische Zentralbanken dazu ermunterte, einen Teil ihrer Reserven in Sterling statt in Gold zu halten. Bislang hatte er mit dieser Idee bescheidene Erfolge erzielt. Österreich und Ungarn, wie Deutschland durch die Inflation nach dem Krieg verwüstet, hatten beide ihre Währungen an das Pfund gebunden. Aber sie waren nur kleine Nationen von geringer ökonomischer Bedeutung. Ein Land wie Deutschland, das trotz all seiner Probleme noch immer die größte Volkswirtschaft auf dem Kontinent war, in den Zuständigkeitsbereich des Pfunds zu bringen, würde die stagnierende Position des Pfunds enorm stützen.
    Schachts Überblick über die verschiedenen Dimensionen der Situation, seine Virtuosität in Finanzdingen und seine Entschlossenheit beeindruckten Norman sichtlich, der nach einer einzigen Nacht Bedenkzeit dem deutschen Plan zustimmte. In den nächsten Tagen führte er Schacht durch die City, um ihn den Direktoren der Bank

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