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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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entließen ein Viertel aller Angestellten der Regierung und indexierten alle Steuern an die Inflation, wodurch Steuerzahlern der Anreiz genommen wurde, verspätet zu zahlen. Im Januar 1924 war der Haushalt ausgeglichen. Aber es war Schacht, der den größten Teil des Ruhms erntete, und der in der Presse als »Der Magier« oder »Der Wundermann« gefeiert wurde.
    Max Warburg bemerkte einmal, er unterstütze Schacht, weil »er immer Glück hatte.« Dieses Glück manifestierte sich auch hier wieder. Anfang November nahm sich von Havenstein ein paar Tage frei, um Berlin zu verlassen und während seiner Erniedrigung durch Schachts Berufung nicht anwesend zu sein; aber man wusste auch, dass er schwer krank war. Mitte November kehrte er in seine Dienstwohnung in der obersten Etage der Reichsbank zurück. Am 20. November, dem Tag, als Schacht den Umtauschkurs der neuen Währung festlegte, hatte von Havenstein spät abends eine Besprechung mit seinem Verwaltungsrat. Dann brach er plötzlich zusammen und starb um 3.30 Uhr morgens an einem Herzanfall. Er war 66 Jahre alt.
    Es liegt etwas zutiefst Tragisches auf diesem im Innersten gutwilligen Mann. Er war nicht nur ein pflichtbewusster Bürokrat, sondern auch in jeder Hinsicht ein wundervoller Mensch. Max Warburg beschrieb ihn als »eine außergewöhnlich sympathische Persönlichkeit mit unbeugsamem Pflichtgefühl und einem ehrbaren Charakter.« Er wurde allgemein bewundert, war freundlich, rücksichtsvoll, hatte Prinzipien und wurde den höchsten Moralstandards seiner Klasse gerecht. Als im Krieg die meisten Haushalte ihre Rationen durch Käufe unter dem Ladentisch aufbesserten, weigerte sich von Havenstein nicht nur, den Schwarzmarkt zu benutzen, sondern verschenkte sogar einen Teil seiner eigenen spärlichen Brot- und Fleischmarken an die Armen. Im letzten Jahr allerdings schien er den Bezug zur Realität verloren zu haben – manche sagten, der Druck, unter dem er stand, habe ihn vorzeitig altern lassen –, und nur wenige betrauerten sein Ableben.
    Schacht war zwar von Havensteins logischer Nachfolger, aber sein ungewöhnliches Talent, sich Feinde zu machen, verfolgte ihn weiterhin. Der stärkste Widerstand kam aus dem Verwaltungsrat der Reichsbank, der ihn für einen prinzipienlosen Eindringling hielt. Wieder einmal kam die ganze belgische Episode an die Oberfläche. Der einzige andere Kandidat war jedoch Karl Helfferich, der als Finanzminister in Kriegszeiten für die katastrophale Politik verantwortlich war, die Deutschland derart mit Schulden überhäuft hatte. Helfferichs politische Ansichten und seine Vorliebe für Polemik hatten ihn an die Spitze der rechten Nationalisten geführt. Wegen seiner bösartigen persönlichen Attacken auf demokratische Politiker beschuldigte man ihn, die Welle von Morden durch paramilitärische Bürgerwehren ausgelöst zu haben. Welche Vorbehalte die Politiker der Mitte und der Linken, die das Rückgrat der Regierung bildeten, auch gegen Schacht hegen mochten, er war doch unendlich besser als Helfferich. Am 20. Dezember wurde Schacht zum Präsidenten der Reichsbank ernannt.
    Aber trotz der frühen Erfolge der Währungsreform war Schacht sich völlig darüber im Klaren, dass Deutschland seine Probleme nicht allein lösen konnte. Die Geldwertstabilität konnte nur so lange aufrechterhalten werden, wie Deutschland die Reparationszahlungen aussetzen konnte. Letztlich musste man sich mit den Alliierten einigen und die Zahlungen in gewissem Umfang wieder aufnehmen, und an diesem Punkt würde die Mark erneut zu fallen beginnen. Außerdem glaubte Schacht, die Rentenmark könne wegen ihrer fiktiven Besicherung durch Land nur eine vorübergehende Lösung sein, »eine Brücke zwischen Chaos und Hoffnung«, wie er es nannte. Letzten Endes musste jede stabile deutsche Währung mit Gold besichert sein. Da die Reichsbank Gold im Wert von weniger als 100 Millionen Dollar besaß, was als Basis einer so großen Volkswirtschaft wie der deutschen völlig unzureichend war, würde er einen Weg finden müssen, Kredite im Ausland aufzunehmen, um die Golddeckung auf ein adäquates Niveau zu bringen.
    Die USA boten sich dafür geradezu an – nach dem Krieg waren sie die einzige von allen Mächten, die überschüssiges Kapital besaßen. Aber in den letzten drei Jahren hatten sie sich aus den europäischen Angelegenheiten zurückgezogen, obwohl es einige Anzeichen dafür gab, dass sie die Notwendigkeit erkannten, sich wieder dort zu engagieren. Während seiner

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