Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Steinblock den Weg. Der Felsblock
     war ungeheuer groß, größer als Alfreds neue Kirche in Witanceaster, und wenn ich keinen Weg fand, auf dem ich ihn umgehen
     konnte, würde ich über seine weitgestreckte, flache Kuppe klettern müssen, die keinen Speerwurf von Kjartans Festungswall
     entfernt war. Ich schützte meine Augen vor dem Regen, sah genau hin und glaubte an der Flussseite einen Weg an dem riesigen
     Felsen vorbeiführen zu sehen.
    «Kann es gelingen?», fragte mich Ragnar.
    «Es muss gelingen.»
    Ich wollte Steapa dabeihaben und wählte außer ihm zehn weitere Männer aus, die uns begleiten sollten. Sowohl Guthred als auch
     Ragnar wollten mitkommen, aber das lehnte ich ab. Ragnar musste den Angriff auf das große Tor anführen, und Guthred war als
     Krieger einfach nicht gut genug. Außerdem war er einer der Gründe, aus denen ich diesen Kampf führte, und falls er hier auf
     dem Steilhang vor Dunholm den Tod fände, wäre der ganze Einsatz umsonst gewesen. Ich zog Beocca ein Stück von den anderen
     weg. «Erinnert Ihr Euch», fragte ich ihn, «wie mein Vater Euch bat, während des Angriffs auf Eoferwic nicht von meiner Seite
     zu weichen?»
    |396| «Natürlich erinnere ich mich!», sagte er empört. «Und du wolltest nicht bei mir bleiben, war es nicht so? Immer wieder hast
     du versucht mitzukämpfen! Es war allein deine Schuld, dass du gefangen wurdest!» Ich war damals zehn Jahre alt gewesen und
     wollte um alles in der Welt eine Schlacht sehen. «Wenn du mir nicht davongelaufen wärst», sagte er und klang immer noch ungehalten,
     «dann hätten dich die Dänen niemals gefangen! Dann wärst du jetzt ein Christ. Und ich bin schuld an allem. Ich hätte deine
     Zügel an meine binden sollen.»
    «Dann wärt auch Ihr gefangen worden», sagte ich, «dennoch möchte ich, dass Ihr morgen dasselbe mit Guthred macht. Bleibt bei
     ihm und passt auf, dass er sich nicht in Lebensgefahr bringt.»
    Beocca war beunruhigt. «Er ist ein König! Ein erwachsener Mann. Ich kann ihm nicht sagen, was er tun soll.»
    «Sagt ihm, Alfred will, dass er am Leben bleibt.»
    «Alfred könnte schon wollen, dass er am Leben bleibt», sagte er finster, «aber gib einem Mann ein Schwert in die Hand, und
     schon verliert er den Verstand. Das habe ich mehr als einmal mit meinen eigenen Augen gesehen!»
    «Dann sagt ihm, Euch sei Sankt Cuthbert im Traum erschienen und hätte gesagt, Guthred solle sich aus dem Kampf heraushalten.»
    «Das wird er mir nicht glauben!»
    «Doch, das wird er», versicherte ich ihm.
    «Ich werde es versuchen», sagte Beocca, und dann betrachtete er mich mit seinem gesunden Auge. «Kann dir dieser Plan gelingen,
     Uhtred?»
    «Ich weiß nicht», sagte ich aufrichtig.
    «Ich werde für dich beten.»
    «Dafür danke ich Euch, Pater», sagte ich. Ich würde zu |397| jedem Gott beten, der mir nur einfiel, und es konnte nicht schaden, wenn noch einer mehr dabei war. Aber wenn man es recht
     bedachte, wurde schließlich doch alles vom Schicksal bestimmt. Die Spinnerinnen kannten unseren Plan schon vor uns und wussten,
     wie alles ausgehen würde, und ich konnte einfach nur hoffen, dass sie nicht gerade ihre Scheren wetzten, um damit meinen Lebensfaden
     abzuschneiden. Und vielleicht würde der Wahnsinn meines Vorhabens mehr als alles andere zu seinem Gelingen beitragen. In ganz
     Northumbrien herrschte der Wahnsinn, seit ich zum ersten Mal zurückgekehrt war. Eoferwic hatte er in ein Schlachthaus verwandelt,
     in Cair Ligualid war ein heiliger Irrsinn ausgebrochen, und nun hatte er zu diesem verzweifelten Plan geführt.
    Steapa hatte ich ausgewählt, weil er drei oder vier Kämpfer aufwog. Sihtric, weil er sich auskennen würde, wenn wir es bis
     nach Dunholm hinein schafften. Finan wählte ich, weil der Ire einen Zorn in seiner Seele nährte, der sich im Kampf vermutlich
     in haltlose Wildheit verwandeln würde. Ich wählte Clapa, weil er stark und furchtlos, und Rypere, weil er schlau und flink
     war. Die anderen sechs gehörten zu Ragnars Männern, alle waren kräftig, jung und gute Kämpfer. Ich erklärte ihnen, was wir
     tun würden, und versicherte mich dann, dass jeder von ihnen einen schwarzen Umhang hatte, der ihn von Kopf bis Fuß einhüllte.
     Dann rieben wir uns Gesicht, Hände und die Helme mit einer Mischung aus Schlamm und Asche ein. «Keine Schilde», bestimmte
     ich. Das war eine schwere Entscheidung gewesen, denn ein Schild sorgt im Kampf für sehr viel Schutz, doch Schilde sind schwer,
     und

Weitere Kostenlose Bücher