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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wenn sie gegen Steine oder Bäume schlagen, dröhnen sie wie eine Trommel. «Ich gehe als Erster», sagte ich, «und wir bewegen
     uns langsam. Sehr langsam. Wir haben die ganze Nacht Zeit.»
    |398| Wir banden uns mit den Lederzügeln unserer Pferde aneinander. Ich wusste, wie leicht man sich in der Dunkelheit aus den Augen
     verlieren konnte, und in dieser Nacht war die Dunkelheit vollkommen undurchdringlich. Wenn überhaupt ein Mond schien, so war
     er hinter dichten Wolken verborgen, aus denen unaufhörlich Regen fiel. Dennoch konnten wir uns von drei Dingen leiten lassen.
     Zunächst war da der Berghang selbst. Ich hatte ihn zur Rechten und wusste damit, dass wir uns östlich von Dunholm befanden.
     Als Zweites war da das Rauschen und Zischen des Flusses, der um Dunholm strömte, und schließlich noch die Feuer in Dunholm
     selbst. Kjartan fürchtete einen Angriff bei Nacht und ließ seine Männer deshalb brennende Holzscheite vom Festungswall bei
     dem großen Tor schleudern. Diese Holzscheite erhellten den Weg, doch um immer genügend von ihnen zu haben, musste Kjartan
     jenseits des Festungswalls ein großes Feuer unterhalten, das die Umrisse der Wallkrone von hinten beleuchtete und mit seinem
     roten Schein die niedrig ziehenden Wolken aufglühen ließ. Dieser Widerschein fiel zwar nicht auf den Berghang, doch er war
     da, jenseits all der schwarzen Schatten, und führte uns mit seinem Glimmen durch die feuchte Dunkelheit.
    Ich hatte mich mit Schlangenhauch und Wespenstachel gegürtet, und wie die anderen trug ich einen Speer, dessen Spitze in ein
     Stück Tuch gewickelt war, sodass uns kein metallisches Aufblitzen verraten konnte. Die Speere sollten uns als Stab auf dem
     schrägen Hang und dazu dienen, den Weg zu ertasten. Wir brachen erst auf, als es vollkommen dunkel geworden war, denn ich
     wollte nicht von einer adleräugigen Wache auf dem Weg in Richtung Fluss entdeckt werden. Doch auch als es Nacht geworden war,
     fiel uns das erste Stück leicht, denn unsere eigenen Feuer beleuchteten |399| hier noch den Hang. Wir ließen die Festung in unserem Rücken, sodass niemand auf dem Wall sehen konnte, wie wir unser Lager
     verließen, dann arbeiteten wir uns zum Fluss hinunter, wo wir uns nach Süden wandten. Unser Weg führte nun über den Fuß des
     Bergabhangs. Dort waren Bäume gefällt worden, und ich musste jeden Schritt zuvor ertasten. Dickicht wucherte überall, und
     darin lagen die Reste der gefällten Bäume. Kleinere Äste waren zum Verrotten liegen gelassen worden, und wir verursachten
     viel Lärm, als wir darauf traten, doch immer noch waren die Geräusche des Regens lauter, und zu unserer Linken zischte und
     donnerte der Fluss. Mein Umhang verfing sich immerfort in Zweigen und Baumstümpfen und ich riss seinen Saum auf, als ich ihn
     loszerrte. In Abständen fuhren riesige Blitze auf die Erde herab, und jedes Mal erstarrten wir, und ich sah in dem blendenden,
     blauweißen Licht die Umrisse der Festung hoch über mir. Ich erkannte sogar die Speere der Wächter, die sich wie Dornenfunken
     gegen den Himmel abhoben, und ich dachte daran, dass diese Wächter froren, durchnässt waren und vermutlich auf diese elende
     Nacht fluchten. Einen Herzschlag später hallte der Donner ganz nah über uns, als ob Thor seinen Kriegshammer gegen einen ungeheuren
     Eisenschild schlüge. Die Götter sahen uns zu. Das wusste ich. Das tun die Götter in ihrem Himmelspalas. Sie sehen uns zu und
     belohnen uns für unseren Wagemut oder bestrafen uns für unsere Anmaßung, und ich griff nach Thors Hammer, um ihn um Hilfe
     zu bitten, und Thor ließ unter seinem Donner den Himmel erzittern, und darin sah ich ein Zeichen seiner Billigung.
    Der Hang wurde steiler. Regenbäche liefen über das Erdreich, das an manchen Stellen nichts weiter war als glitschiger Schlamm.
     Wir alle rutschten mehr als einmal |400| aus, während wir uns langsam südwärts weiterbewegten. Die Baumstümpfe wurden spärlicher, doch nun ragten Felsblöcke aus dem
     Hang, und die nassen Steine waren glatt, so glatt, dass wir manchmal auf allen vieren weiterkriechen mussten. Es wurde nun
     auch dunkler, denn der Hang wölbte sich über uns und verdeckte den Widerschein des großen Feuers hinter dem Festungswall,
     sodass wir uns nun schlitternd, kletternd und fluchend in eine grauenerregende Schwärze hineinbewegen mussten. Der Fluss schien
     mit einem Mal viel näher, und in mir stieg die Angst auf, von einem Felsen abzurutschen und in die

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