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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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rutschten, halb fielen wir den Abhang zum Ufer des Flusses hinunter. Die Böschung war hier viel steiler, doch Ahorn und
     Hainbuchen wuchsen dicht und erleichterten uns den Weg. Wir hielten uns weiter Richtung Süden, der Wall lag zur Rechten hoch
     über uns. Auch hier lagen Felsblöcke. Zwar hatte keiner die ungeheuren Ausmaße des Riesen, der uns zuvor den Weg versperrt
     hatte, doch jeder war schwer genug zu bewältigen, und für jeden brauchten wir viel Zeit, unendlich viel Zeit, und dann, als |403| wir die Hangseite eines großen Felsens umgingen, ließ Clapa seinen Speer fallen. Die Waffe klapperte den Felsen hinunter und
     schlug dumpf gegen einen Baum.
    Es schien unmöglich, dass dieser Lärm auf dem Festungswall gehört worden war. Der Regen peitschte gegen die Bäume, und der
     Wind pfiff laut um die Palisade, dennoch hatte jemand in der Festung etwas gehört oder argwöhnte etwas, denn unvermittelt
     wurde ein brennender Holzscheit vom Wall heruntergeschleudert und brach durch nasse Zweige. Er fiel zwanzig Schritte nördlich
     von uns auf den Boden, und wir hatten in diesem Moment angehalten, weil ich einen Weg um den nächsten Felsen suchte, und die
     Flammen waren nicht sehr hell. Wir waren nichts weiter als schwarze Schatten zwischen den schwarzen Schatten der dunklen Bäume.
     Der flackernde Scheit wurde schnell vom Regen gelöscht, und ich zischte meinen Männern zu, sich hinzukauern. Ich erwartete,
     dass noch mehr Feuerscheite herabgeschleudert würden, und so war es auch. Dieses Mal flog ein großer, gepresster Ballen aus
     ölgetränktem Stroh vom Wall, der sehr viel heller brannte als das Holzscheit. Auch der Strohballen war in die falsche Richtung
     geschleudert worden, doch das Licht erreichte uns dennoch, und ich betete zu Surtur, dem Gott des Feuers, dass er die Flammen
     löschen sollte. Wir kauerten uns reglos wie der Tod knapp über dem reißenden Fluss eng zusammen. Und dann hörte ich, was ich
     am meisten zu hören gefürchtet hatte.
    Hunde.
    Kjartan oder wer auch immer diesen Abschnitt des Festungswalls bewachte, hatte die Kriegshunde durch das kleine Tor geschickt,
     das zu dem Brunnen führte. Ich hörte, wie die Jäger ihnen singende Befehle zuriefen, damit sie im Unterholz nach Feinden suchten,
     und ich hörte, |404| wie die Hunde bellten, und ich wusste, dass es von diesem steilen, schlüpfrigen Abhang keine Fluchtmöglichkeit gab. Wir würden
     es niemals schaffen, den Hügel wieder hinaufzukommen und über den großen Felsen zu klettern, bevor die Hunde sich auf uns
     stürzten. Ich zog das Tuch von der Speerspitze, weil ich wenigstens eine dieser Bestien töten wollte, wenn uns die Meute stellte,
     angriff und zerfetzte. Und in eben diesem Moment zerriss der nächste Blitz den Himmel, und der Donner rollte, als sei das
     Weltenende gekommen. Der gewaltige Lärm dröhnte in unseren Ohren und hallte wie Paukenschläge im Flusstal wider.
    Hunde hassen den Donner, und dieser Donner war Thors Geschenk an uns. Ein zweiter Schlag dröhnte über den Himmel, und die
     Hunde begannen zu winseln. Der Regen wurde erneut heftiger, trieb wie ein Pfeilhagel über den Abhang und schien die Laute
     der verängstigten Hunde ertrinken zu lassen. «Sie werden nicht kämpfen», brüllte mir Finan ins Ohr.
    «Nein?»
    «Nicht bei diesem Regen.»
    Die Jäger riefen den Hunden weitere, schärfere Befehle zu, und dann hörte ich zwischen zwei Windböen, dass die Hunde den Abhang
     herunterkamen. Sie rannten nicht, sie schlichen zögernd und langsam. Der Donner hatte sie verschüchtert, der Blitz hatte sie
     geblendet, und der heftige Regen verwirrt. Sie waren nicht auf Beute aus. Eines der Tiere kam uns sehr nahe, und ich glaubte,
     seine Augen funkeln zu sehen, aber wie das in dieser Dunkelheit möglich gewesen sein sollte, wo der Hund selbst nur ein Schatten
     in schwärzester Finsternis war, das weiß ich selbst nicht. Die Bestie aber wandte sich in dem ununterbrochenen Regen wieder
     in Richtung der Festung. Die Jäger riefen nun keine Befehle mehr. Keiner der Hunde hatte angeschlagen, daher |405| mussten die Jäger annehmen, dass sie nichts aufgestöbert hatten. Und wir kauerten immer noch unbeweglich in dem schrecklichen
     Regen, warteten und warteten, bis ich schließlich meinte, die Hunde müssten zurück in der Festung sein. Dann stolperten wir
     weiter.
    Wir mussten den Brunnen finden, und das stellte sich als sehr schwierig heraus. Zunächst knüpften wir die Zügel wieder zu
     einem Seil

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