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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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König?»
    «Ich weiß nicht», sagte ich und wünschte, ich hätte eine andere Antwort gehabt. Alfreds Sohn Edward war ein ewig greinendes
     Kind und viel zu jung für den Thron, und Alfreds Neffe Æthelwold, dem Alfred die Krone abgenommen hatte, war ein trunksüchtiger
     Narr. Der trunksüchtige Narr hatte größere Anrechte auf den Thron, doch mit einem Mal überraschte ich mich selbst dabei, Alfred
     ein langes Leben zu wünschen. Ich wunderte mich über mich selbst. Ich hatte Gisela die Wahrheit gesagt, ich |447| mochte Alfred nicht, aber ich erkannte dennoch an, dass er auf der britannischen Insel die wahre Macht verkörperte. Kein anderer
     hatte solche Ziele, kein anderer hatte diese Entschlusskraft, und Kjartans Tod war weniger auf uns als auf Alfred zurückzuführen.
     Er hatte uns in den Norden geschickt, und er hatte gewusst, dass wir tun würden, was er wollte, auch wenn er uns nicht ausdrücklich
     gesagt hatte, was das war, und auf einmal wurde mir klar, dass ein Dasein als Alfreds Schwurmann vielleicht doch nicht so
     trübselig war, wie ich befürchtet hatte. Aber wenn er bald starb, dann wäre sein Tod das Ende von Wessex. Die Thegn würden
     um die Krone kämpfen, und die Dänen würden die Schwäche des Landes ausnutzen und wie ein Rabenschwarm einfallen, um die besten
     Stücke aus dem Kadaver zu reißen.
    «Wenn du Alfreds eingeschworener Mann bist», fing Gisela zurückhaltend an, und mir wurde klar, dass ihr ähnliche Gedanken
     durch den Kopf gegangen sein mussten, «warum hat er dich dann hierherkommen lassen?»
    «Weil er will, dass dein Bruder in Northumbrien regiert.»
    Sie dachte über meine Antwort nach. «Weil Guthred so eine Art Christ ist?»
    «Das ist Alfred sehr wichtig», sagte ich.
    «Oder weil Guthred schwach ist?», fragte sie weiter.
    «Ist er denn schwach?»
    «Du weißt, dass er es ist», sagte sie spöttisch. «Er ist ein liebenswürdiger Mann, und die Leute haben ihn schon immer gemocht,
     aber er versteht es nicht, Härte zu zeigen. Er hätte Ivarr gleich töten sollen, als er ihm das erste Mal begegnet ist, und
     Hrothweard hätte er schon längst in die Verbannung schicken sollen, aber er hat es nicht gewagt. Er fürchtet Sankt Cuthbert
     viel zu sehr.»
    |448| «Und warum sollte Alfred einen schwachen König auf Northumbriens Thron haben wollen?», fragte ich sanft.
    «Damit Northumbrien schwach ist», sagte sie, «wenn eines Tages die Sachsen kommen und ihr Land zurückhaben wollen.»
    «Ist es das, was deine Runenstäbe voraussagen?»
    «Sie sagen», antwortete Gisela, «dass wir zwei Söhne und eine Tochter haben werden und dass dir der eine Sohn das Herz brechen
     und dich der andere stolz machen und dass deine Tochter die Mutter von Königen sein wird.»
    Ich lachte über diese Voraussage, aber nicht, weil ich spotten wollte, sondern weil Gisela das alles mit solcher Überzeugung
     vorbrachte. «Und bedeutet das», fragte ich, «dass du mit nach Wessex kommst, auch wenn ich gegen die Dänen kämpfe?»
    «Es bedeutet», sagte sie, «dass ich nicht von deiner Seite weichen werde. Das ist mein Schwur.»
    Ragnar hatte Späher vorausgeschickt, und während der Tag langsam verstrich, kamen einige von ihnen auf erschöpften Pferden
     zurück. Ivarr, so hatten sie erfahren, hatte Eoferwic besetzt. Es war ganz leicht für ihn gewesen, und Guthreds ausgedünnte
     Festungsmannschaft hatte die Stadt lieber kampflos übergeben, als sich in ihren Straßen abschlachten zu lassen. Ivarr hatte
     geplündert, was er konnte, eine neue Wachmannschaft auf den Festungswall gestellt und zog nun schon wieder Richtung Norden.
     Von dem Fall Dunholms konnte er bisher kaum gehört haben, also hatte er vermutlich vor, Guthred irgendwo zu stellen, der nach
     seiner Vermutung noch in Cetreht lag oder hoffnungslos in Richtung der Einöde von Cumbrien irrte. Ivarrs Streitmacht, so erzählten
     die Leute, sollte eine riesige Horde sein. Manche behaupteten, Ivarr gebiete über zweitausend Speere, doch diese Zahl taten
     Ragnar und ich ab. Dennoch |449| war ich sicher, dass Ivarrs Männer weit in der Überzahl waren und dass er vermutlich auf der gleichen Römerstraße nordwärts
     zog, auf der wir nach Süden unterwegs waren. «Können wir gegen ihn kämpfen?», fragte Guthred.
    «Wir können gegen ihn kämpfen», antwortete Ragnar an meiner statt, «aber wir können sein Heer nicht besiegen.»
    «Und warum ziehen wir dann nach Süden?»
    «Um Cuthbert zu retten», sagte ich, «und um Ivarr zu

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