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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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doch Beocca fand die richtigen Worte, um sie zu trösten, und sie
     saugte diese Worte auf, als wären sie Wasser und sie stünde kurz vor dem Verdursten. Die beiden ritten Stuten, und Beocca
     vergaß, während er mit Thyra sprach, wie unwohl er sich im Sattel fühlte. Hinter ihm führte ein Diener ein Packpferd, das
     mit vier enormen Altarkreuzen aus Kjartans |444| Hort beladen war. Beocca hatte verlangt, dass sie an die Kirche zurückgegeben wurden, und keiner von uns konnte ihm das verweigern,
     nachdem er sich als ebenso großer Held wie irgendeiner von uns erwiesen hatte. Nun beugte er sich zu Thyra hinüber, sprach
     drängend auf sie ein, und sie hörte aufmerksam zu.
    «In einer Woche ist sie Christin», sagte Gisela zu mir.
    «Wenn es so lange dauert.»
    «Was wird jetzt aus ihr?», fragte sie.
    Ich zuckte mit den Schultern. «Vermutlich steckt er sie in ein Nonnenkloster.»
    «Die arme Frau.»
    «Aber wenigstens lernt sie dort Gehorsam», sagte ich. «Sie wird dann bestimmt nie aus zwölf dreizehn machen.»
    Gisela versetzte mir einen Klaps auf den Arm, bei dem sie sich selbst wehtat, während ich kaum etwas spürte. «Ich hatte mir
     geschworen», sagte sie und rieb ihre Knöchel, wo sie über den Ärmel meines Kettenhemdes gerutscht waren, «dich nie mehr zu
     verlassen, wenn ich dich wiederbekäme. Keinen Moment.»
    «Aber dreizehn?», sagte ich. «Wie konntest du so etwas tun?»
    «Weil ich wusste, dass die Götter auf unserer Seite sind», antwortete sie einfach. «Ich werfe die Runenstäbe.»
    «Und was sagen die Runenstäbe über Ivarr?»
    «Dass er sterben wird, wie eine Schlange unter einer Hacke», sagte sie grimmig und zuckte zusammen, weil ihr Schlamm, der
     von Steapas Pferd hochgeschleudert worden war, ins Gesicht spritzte. Sie wischte ihn ab und sah mich stirnrunzelnd an. «Müssen
     wir wirklich nach Wessex?»
    «Ich habe es Alfred geschworen.»
    «Du hast es ihm geschworen?»
    «Ich habe ihm den Treueid geleistet.»
    |445| «Dann müssen wir nach Wessex», sagte sie ohne jede Begeisterung. «Magst du Wessex?»
    «Nein.»
    «Und Alfred?»
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Er ist zu fromm», sagte ich, «und zu ernst. Und er stinkt.»
    «Alle Sachsen stinken», sagte sie.
    «Aber er stinkt mehr als die meisten anderen. Es liegt an seiner Krankheit. Er muss die ganze Zeit scheißen.»
    Sie zog ein Gesicht. «Wäscht er sich denn nicht?»
    «Wenigstens ein Mal im Monat», sagte ich, «und wahrscheinlich noch öfter. Er ist sehr anspruchsvoll, wenn es ums Waschen geht,
     aber er stinkt trotzdem. Stinke ich auch?»
    «Wie ein Eber», sagte sie grinsend. «Werde ich Alfred mögen?»
    «Nein. Und er wird deine Anwesenheit auch nicht gutheißen, weil du keine Christin bist.»
    Darüber lachte sie nur. «Und was wird er mit dir machen?»
    «Er wird mir Land geben», sagte ich, «und erwarten, dass ich für ihn kämpfe.»
    «Was bedeutet, dass du gegen die Dänen kämpfst.»
    «Die Dänen sind Alfreds Feinde», sagte ich, «also stimmt es. Ich kämpfe gegen die Dänen.»
    «Aber das ist mein Volk», sagte sie.
    «Und ich habe Alfred meine Treue geschworen», sagte ich, «also muss ich tun, was er will.» Ich lehnte mich im Sattel zurück,
     als sich mein Hengst seinen Weg einen steilen Abhang hinuntersuchte. «Ich liebe die Dänen», sagte ich, «sogar viel mehr, als
     ich die Westsachsen liebe, aber |446| es ist mein Schicksal, für Wessex zu kämpfen. Wird bið ful āræd.»
    «Und das bedeutet?»
    «Dass das Schicksal das Schicksal ist. Dass es über uns herrscht.»
    Sie dachte eine Weile darüber nach. Sie trug wieder das Kettenhemd, doch um ihren Hals lag jetzt ein goldener Reif, der aus
     Kjartans Truhen stammte. Er bestand aus sieben Golddrähten, die umeinander geschlungen waren, und ich hatte ähnliche Reife
     gesehen, die aus den Gräbern der britischen Anführer aus der alten Zeit geholt worden waren. Der Ring verlieh ihr ein wildes
     Aussehen, das ihr gut stand. Sie hatte ihr schwarzes Haar unter eine wollene Mütze gesteckt, und auf ihrem schmalen Gesicht
     lag ein verträumter Ausdruck, und mir ging durch den Kopf, dass ich für alle Zeiten einfach nur dieses Gesicht anschauen könnte.
     «Und wie lange bist du als Alfreds Mann verpflichtet?»
    «Bis er mich von meinem Eid entbindet», sagte ich, «oder bis entweder er oder ich tot sind.»
    «Aber du hast doch gesagt, dass er krank ist. Wie lange wird er wohl noch leben?»
    «Vermutlich nicht mehr besonders lange.»
    «Und wer wird dann

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