Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
danach wurden wir immer noch von sechs Kriegern bewacht. «Es ist eine Schande», sagte Tekil, «dass wir deine
     Hure nicht erwischt haben. Kjartan wollte sie auch.» Ich versuchte, all meine Kräfte zusammenzunehmen, um hochzukommen, aber
     der Mann, der seine Klinge auf meinen Bauch richtete, drückte dagegen, und Tekil lachte mich bloß aus. Dann öffnete er |116| die Schnalle meines Schwertgürtels und zog ihn unter meinem Körper heraus. Er entdeckte den Beutel und grinste, als er die
     Münzen klimpern hörte.
    «Wir haben eine lange Reise vor uns, Uhtred Ragnarson, und wir wollen nicht, dass du uns entkommst. Sihtric!»
    Der Junge, der Einzige unter ihnen, der keine Armringe trug, kam näher heran. Er wirkte unruhig. «Herr?», sagte er zu Tekil.
    «Handfesseln», sagte Tekil, worauf Sihtric in einem Lederbeutel kramte und zwei Sklavenketten mit Schellen für die Handgelenke
     zutage förderte.
    «Ihn könnt ihr hierlassen», sagte ich und ruckte mit dem Kopf Richtung Guthred.
    «Kjartan will auch ihn sprechen», sagte Tekil, «aber nicht so dringend, wie er die Bekanntschaft mit dir erneuern will.» Dann
     lächelte er, als hätte er einen Scherz gemacht, den nur Eingeweihte verstanden, und zog ein Messer aus seinem Gürtel. Die
     Klinge war schmal und so scharf, dass ihre Ränder gewellt wirkten. «Er hat mir gesagt, ich soll dir die Kniesehnen durchschneiden,
     Uhtred Ragnarson, denn ein Mann, der seine Beine nicht gebrauchen kann, kann auch nicht fliehen, oder etwa doch? Wir schneiden
     dir also zuerst die Sehnen durch, und dann nehmen wir dir noch ein Auge. Sven hat gesagt, ich soll dir ein Auge lassen, damit
     er sich noch damit vergnügen kann, aber dass ich das zweite auch nehmen könnte, falls dich das gefügiger macht, und ich will
     schließlich, dass du gefügig bist. Also, welches Auge soll ich nehmen, Uhtred Ragnarson? Dein linkes Auge oder dein rechtes
     Auge?»
    Ich sagte wieder nichts und scheue mich nicht zuzugeben, dass ich Angst hatte. Erneut versuchte ich, mich von ihm wegzuschieben,
     doch er hatte sein Knie in meinen rechten Oberarm gebohrt, und ein anderer Mann hielt |117| meinen linken Arm nieder, und dann berührte die Klinge seines Messers die Haut dicht unter meinem linken Auge, und Tekil lächelte.
     «Verabschiede dich von deinem Auge, Uhtred Ragnarson», sagte er.
    Die Sonne schien und spiegelte sich in der Klinge, sodass mein linkes Auge von ihrem Widerschein erfüllt war, und ich kann
     diese schillernde Helligkeit noch heute, nach all diesen Jahren, vor mir sehen.
    Und auch den Schrei kann ich immer noch hören.

|118| DREI
    Es war Clapa, der schrie. Es klang wie das schrille Kreischen eines jungen Bären, der gerade kastriert wird, und mehr wie
     ein Angstschrei als nach dem Brüllen eines Herausforderers. Das war auch keine Überraschung, denn Clapa hatte noch nie zuvor
     gekämpft. Er wusste gar nicht, dass er schrie, während er die Böschung herunterlief. Die anderen Männer von Guthreds Haustruppe
     folgten ihm, aber es war Clapa, der sie mit unbeholfener Wildheit anführte. Er hatte vergessen, das Tuch abzuwickeln, das
     die Schneiden seines Schwertes schützte, aber er war so massig und so stark, dass sein umwickeltes Schwert die Wirkung einer
     Keule hatte. Tekil hatte nur fünf Leute bei sich, und als die dreißig jungen Männer die steile Uferböschung herabstürmten,
     fühlte ich Tekils Messer über meinen Wangenknochen kratzen, als er sich von mir wegrollte. Ich versuchte, seine Hand mit dem
     Messer zu packen, aber er war zu schnell, und dann traf ihn Clapa am Kopf, und er stolperte, und Rypere schwang sein Schwert
     gegen Tekils Kehle, und ich schrie, dass ich sie lebend haben wollte. «Lebend! Lasst sie leben!»
    Trotz meines Rufes starben zwei von Tekils Männern. Einer wurde von mindestens einem Dutzend Klingen getroffen und aufgeschlitzt,
     sodass er zuckend in dem Bachlauf zusammenbrach, dessen Wasser sich mit seinem Blut rot färbte. Clapa hatte sein Schwert weggeworfen
     und Tekil auf der Kiesbank niedergerungen, wo er ihn mit unbändiger Kraft auf den Boden gedrückt hielt. «Gut gemacht, Clapa»,
     sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter, und er grinste |119| mich an, während ich Tekil das Messer und das Schwert abnahm. Rypere machte dem Leben des Mannes ein Ende, der sich im Wasser
     wand. Einer meiner Leute hatte einen Schwerthieb in den Oberschenkel abbekommen, aber die anderen waren unverletzt und standen
     nun grinsend im Wasser und

Weitere Kostenlose Bücher